München: Bayerisches Staatsballett: „GISELLE“, 02.10. 2016 (19.30 Uhr):
Ensemble. Copyright: Wilfried Hösl
Für Freunde des klassischen Balletts ist das Bayerische Staatsballett so gut wie schon lange nicht mehr in die Saison gestartet: Sechs „Giselle“-Vorstellungen innerhalb von 10 Tagen, sechs verschiedene Hauptpaare, alle von herausragender Qualität sowohl technisch als auch stilistisch. Dabei gab jedes Paar dem Stück auch seine eigene persönliche Note durch eine individuelle Interpretation. So begeisterten beispielsweise Svetlana Zakharova und Vladimir Shklyarov mit einer von Innigkeit, Zartheit und Eleganz geprägten Aufführung, die den Gedanken reiner romantischer Liebe in aller Tiefe zum Ausdruck brachte. Natalia Osipova versetzte das Publikum in ihren Vorstellungen durch ihre phänomenale Technik, insbesondere ihre hohen schwebenden Sprünge, in Staunen. Ihre beiden Partner, Sergej Polunin und Osiel Gouneo standen ihr technisch in nichts nach und verkörperten die Partie des Herzog Albrecht auch äußerst glaubhaft. Zum Abschluss dieser „Giselle“-Serie präsentierten sich dann am 02.10. in der Abendvorstellung noch Ksenia Ryzhkova, seit Beginn der Saison Erste Solistin des Bayerischen Staatsballetts, als Giselle, und der beim Londoner Royal Ballet beheimatete Startänzer Vadim Muntagirov als Albrecht. Auch sie tanzten ihre anspruchsvollen Partien mit bewundernswerter Souveränität. Ihre Interpretation zeichnete sich durch eine klare, sprechende Pantomime und ein schnörkelloses, frisches Spiel aus. Bei ihnen sah man im Vergleich zu den anderen Besetzungen die schauspielerischen Details, die für die Produktion von Peter Wright spezifisch sind, am deutlichsten. Wie auch in den vorangegangenen Vorstellungen boten nicht nur die Tänzer der Hauptrollen, sondern auch die übrigen Solisten sehr gute Leistungen. So zeigte Prisca Zeisel in der fordernden Partie der Myrtha erneut ihr großes technisches Können. Vielleicht hat sie mit ihren 21 Jahren noch nicht ganz die bestimmende Bühnenpräsenz, die für eine perfekte Darstellung der Wilis-Königin notwendig wäre. Es wird sicher spannend werden, ihre weitere Entwicklung zu beobachten. Matej Urban konnte als Hilarion ebenso überzeugen, wie Tatiana Tiliguzova und Dimitrii Vyskubenko in den Solo-Partien des Pas de six im ersten Akt. Das Corps de Ballet der Wilis, angeführt von Ivy Amista als Moyna und Tatiana Tiliguzova als Zulme, tanzte sehr homogen, so dass man die Ensemble-Szenen als wunderschöne Demonstration klassischen Balletts voll genießen konnte. Aivo Välja und das Bayerische Staatsorchester waren den Tänzern in dieser Vorstellung verlässliche Begleiter. Am Ende –wie auch schon in den vorherigen Vorstellungen- enthusiastischer und lang anhaltender Applaus eines begeisterten Publikums.
Gisela Schmöger