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MÜNCHEN/ Bayerisches Staatsballett/ BallettFestwoche: MAYERLING. Gastspiel des Stanislawski und Nemirowitsch-Danchenko-Musiktheaters Moskau

08.04.2017 | Ballett/Tanz

München: Bayerisches Staatsballett, BallettFestwoche 2017: „MAYERLING“, 07.04.2017

 Gastspiel des Stanislawski und Nemirowitsch-Danchenko-Musiktheaters Moskau

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Anastasie Pershenkova und Sergej Polunin. Copyright: Wilfried Hösl

Während der alljährlichen Münchner Ballettfestwoche präsentiert sich traditionell eine Gastcompany dem Münchner Publikum. 2017 ist es das Ensemble des Stanislawski und Nemirowitsch-Danchenko-Musiktheaters aus Moskau, dessen Leiter Igor Zelensky war, bevor er nach München wechselte. Gezeigt wurde nicht etwa einer der großen russischen Klassiker, sondern mit „Mayerling“ ein Hauptwerk von Kenneth MacMillan, einem der bedeutendsten Choreographen des 20. Jahrhunderts in Westeuropa (Musik: Franz Liszt, Bühne und Kostüme: Nicholas Georgiadis). Dieses Stück passt sehr gut zur bisherigen Saison des Bayerischen Staatsballetts, stellt es doch wie „Spartacus“, das im Winter in München Premiere gefeiert hatte, einen männlichen Tänzer ins Zentrum des Geschehens. Anders als der Held Spartacus ist Kronprinz Rudolf, der Protagonist aus „Mayerling“, jedoch ein vielschichtiger, zerrissener Charakter, einerseits hochintelligent, anziehend und charmant, andererseits depressiv, haltlos und letztlich am Leben scheiternd. Um diese Figur mit all ihren Facetten richtig darzustellen, braucht es –wie Wolfgang Oberender in seinem Beitrag für das Programmheft ausführt – „einen Helden, der diese vielleicht schwierigste Partie, die je für einen männlichen Tänzer geschaffen wurde, tänzerisch und schauspielerisch bewältigt.“ Ersteres kann man von Sergej Polunin, dem Rudolf dieser Aufführung, ohne Einschränkung sagen. Er meisterte alle technischen Schwierigkeiten der komplexen Choreographie mühelos und hochsouverän. Zudem konnten sich seine Partnerinnen in den komplizierten Hebefiguren hundertprozentig auf ihn verlassen. Alle Pas de deux sehen leicht und selbstverständlich aus. Nicht ohne Grund gilt Polunin als einer der besten Tänzer seiner Generation weltweit. Schauspielerisch ist er der Partie jedoch nicht voll gewachsen. In den ersten beiden Akten beschränkte sich seine Interpretation auf die Darstellung eines arroganten gelangweilten jungen Mannes, der weder an seiner Ehefrau, noch an seinen Geliebten, noch am Leben überhaupt ein gesteigertes Interesse zeigt. Von innerer Zerrissenheit, von unterschiedlichen Gefühlen gegenüber den verschiedenen Frauen in seinem Leben, von Verzweiflung, Leidenschaft, Depression und sexueller Obsession, von allem also, was diesen Charakter auszeichnet, sah man zu wenig. Erst im dritten Akt fand Polunin zu einer engagierteren emotionalen Gestaltung seiner Figur.

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Ensemble. Copyright: Wilfried Hösl

Die Ballerinen an seiner  Seite waren tänzerisch alle hervorragend, darstellerisch zeigten sie unterschiedliche Leistungen. Ksenia Shevtcova war als Mary Vetsera einerseits eine zarte und mädchenhafte, andererseits aber schon sehr erwachsene Frau, die genau weiß, wie sie Rudolf erotisch an sich bindet und die das Spiel mit dem Tod zusammen mit Rudolf voll auslebt, bis es tragischer Ernst wird. Anastasia Limenko zeigte eine gefühlvolle, berührende Interpretation der unglücklichen Prinzessin Stephanie, die verzweifelt und vergeblich versucht, ihren Mann Rudolf für sich zu interessieren. Anastasia Pershenkova war eine glamouröse, intrigante Gräfin Larisch. Als Kaiserin Elisabeth war Natalia Kaprivina zu sehen. Bei ihr fragte man sich, ob sie wusste, wer Kaiserin Elisabeth eigentlich war, so wenig passte ihre einerseits stiefmütterlich verbissene, anderseits lieblich verspielte Interpretation zu dem Charakter ihrer Partie. Aus den übrigen Solopartien ragte Saryal Afanasov als Bratfisch mit seiner virtuosen Technik und seiner sympathischen Ausstrahlung heraus. Das Bayerische Staatsorchester unter Timur Zangiev betonte die schwermütige Stimmung der romantischen Musik Lizsts (Musikalische Einrichtung: John Lanchbery), ohne jedoch schwülstig oder kitschig zu klingen.

Eine interessante Vorstellung, die jedoch letztlich nicht voll überzeugte, vor allem wegen der unvollkommenen Darstellung der Hauptpartie.

Gisela Schmöger

 

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