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MÜNCHEN/ Bayerisches Staatsballett: ANNA KARENINA

14.10.2018 | Ballett/Performance
Lauretta Summerscales als Anna und Jonah Cook als Wronski. (c) Serghei Gherci

München: Bayerisches Staatsballett: „ANNA KARENINA“, 13.10.2018

Das Bayerische Staatsballett beginnt seine Saison 2018/2019 mit drei Aufführungen von „Anna Karenina“ (Choreographie: Christian Spuck; Münchner Erstaufführung: 19.11.2017).

In der Vorstellung am 13.10. gab es zwei interessante Rollendebuts zu sehen: Lauretta Summerscales tanzte erstmals die Anna. Obwohl eigentlich lyrische Ballerina, hatte sie sich die dramatische Partie so zu eigen gemacht, dass sie dem Publikum das Drama dieser komplexen, leidenschaftlichen und innerlich zerrissenen Frau nahe bringen konnte. Das tat sie einerseits mit kraftvollem, ausdrucksstarkem Tanz und andererseits auch mit feinen, zarten Gesten, die das Publikum unmittelbar berührten. Insgesamt war es ein sehr gelungenes Rollenportrait dieser schwer zu fassenden literarischen Figur. Die zweite Debütantin des Abends war Kristina Lind als Kitty Schtscherbatzkaja. Mit ihrer feinen, lyrischen Ausstrahlung und ihrer vornehmen, aber doch mädchenhaften Eleganz verkörperte sie die romantisch liebende junge Frau ideal und war somit ein in sich ruhender Gegenpol zur leidenschaftlichen, dramatischen Figur der Anna.

Eine positive Überraschung bot Jinhao Zhang als Kostja. Hatte er in seinen vorangegangenen Vorstellungen in dieser Partie noch etwas blass und verloren gewirkt, beeindruckte er diesmal durch große Bühnenpräsenz und eine bezwingende Ausstrahlung. Es war ein Genuss, seinen weich fließenden Bewegungen mit wunderschönen Körperlinien auch in den kompliziertesten Posen zuzusehen. Emilio Pavan zeigte als Annas Ehemann Alexej Karenin ebenfalls viel Persönlichkeit und strahlte große Autorität aus. Auch verstand er es, beim Publikum einige Sympathie für seine an sich ungeliebte Bühnenfigur zu wecken, indem er sie zwar streng und letztlich unerbittlich, aber doch nicht gänzlich herzlos darstellte. Jonah Cook tanzte Annas Liebhaber Wronski mit viel Leidenschaft und war Lauretta Summerscales in den Pas de deux ein sicherer Partner. Auch Elvina Ibraimowa als Dolly, Javier Amo als Stiwa, Prisca Zeisel als Betsy Twerskaja sowie das gesamte Corps de ballet zeigten tänzerisch wie darstellerisch sehr gute Leistungen.

Das hohe Niveau der künstlerischen Darbietung wäre zusammen mit den wunderschönen Kostümen von Emma Ryott und der passend ausgewählten Musik von Sergej Rachmaninow und Witold Lutoslawski, wunderbar dargeboten vom Bayerischen Staatsorchester unter Robertas Šervenikas, dem Pianisten Adrian Oetiker und der Mezzosopranistin Natalia Kutateladze eigentlich prädestiniert, das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinzureißen.

Dass bei diesem Stück der Funke doch nicht so recht überspringen will, liegt wohl an der zwar ästhetisch ansprechenden, aber emotional eher kühl wirkenden Choreographie von Christian Spuck. Seine Bewegungssprache übermittelt Gefühle nicht so unmittelbar wie die seines offensichtlichen Vorbilds John Neumeier oder John Cranko, dessen Ballette das Münchner Publikum so gut kennt und schätzt. Dennoch war es dank der hervorragenden Tänzer eine schöne Aufführung.

Gisela Schmöger

 

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