Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MÜNCHEN/ Bayerisches Staatsballett: ANNA KARENINA

Abschiedsvorstellung von Tigran Mikayelyan,

01.07.2018 | Ballett/Performance


„Anna Karenina“: Ivy Amista, Tigran Mikayelan. Foto: Wilfried Hösl

München: Bayerisches Staatsballett:„ANNA KARENINA“–Abschiedsvorstellung von Tigran Mikayelyan, 30.06.2018

Die Vorstellung von „Anna Karenina“ am 30.06. erfüllte sicher viele Münchner Ballettfans mit Wehmut, da das Bayerische Staatsballett im Vorfeld angekündigt hatte, dass Tigran Mikayelyan, seit 13 Jahren einer der prägenden Künstler der Company, an diesem Abend in der Rolle des Stiwa Oblonski seine Abschiedsvorstellung geben würde. Tigran Mikayelyan hat das Publikum von Beginn seiner Zeit in München an mit technisch hochvirtuosen, emotionalen Rollengestaltungen begeistert. Besonders seine Maßstäbe setzende, ergreifende Interpretation des Königs in „Illusionen wie Schwanensee“ wird im Gedächtnis bleiben, genauso wie sein Romeo und Mercutio, aber auch die stets liebenswert, witzig und charmant gestalteten heiteren Rollen wie Konrad in „Le Corsaire“, Lucien in „Paquita“ und natürlich Drosselmeier in John Neumeiers „Nussknacker“. Auch an diesem Abend zeigte er noch einmal ein überzeugendes Rollenportrait des egoistischen Schürzenjägers Stiwa Oblonslkii. Am Ende spendeten ihm die Company und das gerührte Publikum begeisterten Applaus und brachten so ihren Respekt und ihre Dankbarkeit für die vielen wunderbaren Vorstellungen, die Tigran Mikayelyan in München gegeben hat, zum Ausdruck. Seine Fans werden ihn auf der Bühne vermissen und wünschen ihm für seinen neuen Lebensabschnitt alles Gute und viel Erfolg.

Das Ereignis der Abschiedsvorstellung überlagerte die Bedeutung der Vorstellung an sich ein wenig, obwohl es wieder eine ausgezeichnete, hochdramatische und berührende Interpretation der Titelpartie durch Ksenia Ryzhkova zu sehen gab. Sie brachte dem Publikum mit ihrer feinen Gestaltungskunst den nicht leicht zu verstehenden Charakter der Anna Karenina nahe. Emillo Pavan zeigte ein starkes Rollenportrait des prinzipientreuen, konservativen Alexej Karenin, der seiner Ehefrau Anna im Rahmen seiner Möglichkeiten Verständnis entgegenbringt, der aber die Liebe zu einem anderen jedoch in keiner Weise tolerieren kann. Jonah Cook als Wronski ist nach der Premierenbesetzung Matthew Golding schon der zweite Tänzer, der in dieser Partie nicht voll überzeugen kann. Er tanzte seine Partie zwar tadellos und man sah im auch seinen Gestaltungswillen an, dennoch konnte er einem die Emotionen dieses verzweifelt liebenden jungen Mannes nicht recht vermitteln. Eventuell ist aber auch Christian Spucks durchaus schön anzusehende Choreographie einfach nicht ausdrucksstark genug, um große Emotionen zu vermitteln. Jinhao Zhang überzeugte als Kostja Lewin hauptsächlich durch seinen weichen, fließenden Tanzstil, seine schöne Linie und seine plastischen Bewegungen. Darstellerisch blieb auch er eher blass. Lauretta Summerscales als Kitty, Elvina Ibraimova als Dolly und Prisca Zeisel als Fürstin Betsy tanzten alle technisch perfekt und waren darstellerisch engagiert. Robertas Šervenikas und das Bayerische Staatsorchester brachten die Leidenschaft und die großen Emotionen der Musik Sergej Rachmaninows genauso zum Klingen wie den schroffen, düsteren Charakter der verwendeten Stücke von Witold Lutoslawski. Helena Zubanovich sang drei Lieder von Rachmaninow mit klangvollem Mezzopran, Adrian Oetiker beeindruckte mit seinem virtuosen Klavierspiel. Insgesamt war es ein bewegender Abend, einerseits wegen des herausragenden Rollenportraits von Ksenia Ryzhkova, andererseits wegen des Abschieds von Tigran Mikayelyan. Vielen Dank für viele wundervolle Vorstellungen!

Gisela Schmöger


„Paquita“: Daria Sukhorukova, Tigran Mikayelian , Cyril Pierre. Copyright: Wilfried Hösl

 

Diese Seite drucken