München: Bayerische Staatsoper: „UN BALLO IN MASCHERA“, 19.03.2016
Piotr Beczala, Sofia Fomina. Copyright: Wilfried Hösl
Die Neuproduktion von Giuseppe Verdis„Unballo in maschera“ in der Inszenierung von Johannes Erath (Premiere am 06.03.) ist im März der Renner an der Bayerischen Staatsoper. Alle Vorstellungen waren Minuten nach Beginn des Vorverkaufs ausverkauft. Nach jeder Aufführung jubelt ein enthusiastisches Publikum den Sängern und dem Dirigenten zu, so auch am 19.03. Diese Begeisterung ist wohl vor allem in der musikalischen Gestaltung des Werks durch Dirigent Zubin Metha und die hochkarätige Sängerriege begründet. Piotr Beczala gestaltete den Riccardo hochsouverän, mit strahlendem, schon ein wenig heldisch anmutenden Tenor.Dabei kamen alle Nuancen der Partie zur Geltung, die kraftvollen ebenso wie die zarten und lyrischen, in denen Beczala seiner Stimme einen weichen, leuchtenden Klang verlieh. Die gefühlvoll und ausdrucksstark gesungene Arie „Ma se m‘èforzaperderti“ war einer der Höhepunkte des Abends. Auch Anja Harteros begeisterte das Publikum in ihrem Rollendebut als Amelia. Mit ihrem reinen, sowohl zu zarten Piani als auch zu dramatischer Emphase fähigen Sopran konnte sie alle Emotionen ihrer Figur mit großer Wahrhaftigkeit zum Ausdruck bringen. Ensemblemitglied Okka von der Damerau sang mit der Ulrica eine ihrer ersten Hauptpartien an der Bayerischen Staatsoper. Mit ihrer großen Bühnenpräsenz, ihrem feinen Stilgefühl und ihrer frei strömenden, glutvollen Stimme meisterte sie diese Aufgabe mit Bravour. Georges Petean war ursprünglich nicht als Renato vorgesehen. Einige Wochen vor der Premiere hatte er die Partie von Simon Keenlyside übernommen und fügte sich mit seinem großen, eher hell gefärbten, souverän geführten Bariton, bestens in das hochkarätige Solistenensemble ein. Sofia Fomina zeigte als Oskar, dass sie nicht nur virtuos Koloraturen singen kann, sondern insgesamt über eine sehr angenehm timbrierte, vor allem in der Mittellage weiche und runde Stimme verfügt. Zubin Metha entlockte dem hervorragend spielenden Bayerischen Staatsorchester wunderschön schwelgerische, glutvolle Klänge, hatte aber auch viel Sinn für die leichten, duftigen Passagen der Partitur. Musikalisch war die Aufführung also ein voller Genuss!
Die Inszenierung von Johannes Erath hat jedoch ihre Licht- und Schattenseiten. Optisch ist sie, vor allem durch die hocheleganten, von den 20er Jahren inspirieren Kostüme von Gesine Völlm eine Augenweide. Das Einheitsbühnenbild in schwarz weiß von Heike Scheele stellt ein großes, elegantes Schlafzimmer dar, mit Kingsize-Bett in der Mitte und großer, geschwungener Treppe, die bis zur Decke führt. In diesem Raum findet das gesamte Drama statt, mal im Schlafzimmer von Riccardo, mal im Ehebett von Amelia und Renato. Hauptgedanke der Inszenierung ist es, zu zeigen, dass sich die Protagonisten in ihrem ganzen Leben immer nur verstellen, also eine Maske tragen und ihre wahre Persönlichkeit und ihre Empfindungen verstecken. Dieser Gedanke erschließt sich dem Publikum jedoch nicht unmittelbar. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass die einzelnen Charaktere nicht deutlich genug gezeichnet sind, eben weil echte Empfindungen und tiefe Gefühle fehlen. Am einprägsamsten ist noch Riccardo als charismatischer, leicht dekadenter, seiner Position und Aufgabe überdrüssiger junger Mann gezeigt. Die Liebe zu Amelia ist für ihn letztlich auch nur ein Mittel zur Zerstreuung und Selbstbestätigung. Wie immer versteht es Piotr Beczala meisterhaft, den Charakter seiner Bühnenfigur darzustellen. Er bleibt jedoch, genau wie Anja Harteros und Okka von der Damerau schauspielerisch unterfordert. So lag der Schwerpunkt der Aufführung eindeutig auf der Musik und dem hervorragenden Gesang. Dafür gab es zu recht jubelnden Applaus eines begeisterten Publikums.
Gisela Schmöger