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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: UN BALLO IN MASCHERA

11.06.2017 | Oper

München: “Un ballo in maschera” – Bayerische Staatsoper 11.06.2017.  Unverwüstliche Musik

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Riccardo enteilt zu Ulrica während Renato sich selbst richtet – das Ende von Un ballo in maschera in der Inszenierung von Johannes Erath             © Wilfried Hösl

Im Bett liebt man sich, im Bett stirbt man – letzteres passiert auch in dieser Inszenierung von Johannes Erath, ersteres überhaupt nicht. Dieses Bett, das neben einer geschwungenen Treppe – Arabella lässt grüßen – den Bühnenraum dominiert, könnte man als das Zentrum von Riccardos erotischen Gedanken und Wünschen interpretieren, wäre die ganze Inszenierung nicht so unerotisch, wie eine Küchenshow. Johannes Erath hat hier eine Kopfgeburt hingestellt, die mit ihren Doppelungen, Spiegelungen, der Durchdringung von Zeitebenen und ähnlichen aus Filmen bekannten Kunstgriffen zwar auf den ersten Blick interessant ist, auf die Dauer aber ermüdend wirkt. Dazu trägt auch das unverändert bleibende Bühnenbild von Heike Scheele bei. Das Auge sieht sich satt an dem vielen eleganten Schwarz-Weiß. Die zurückhaltende Personenführung trägt das ihre dazu bei und steht damit oftmals im Widerspruch zu Verdis Musik.

Das wird vor allem im zentralen Liebesduett im zweiten Akt deutlich. Es ist das einzige Duett in dieser an Ensembles und Arien so reichen Oper, und es vielleicht Verdis schönstes, auf jeden Fall aber das am stärksten erotisch aufgeladene. Wenn Amelia und Riccardo es nebeneinander auf dem Rand des Bettes sitzend, sich nicht anschauend, sich nur mal kurz mit den Händen berührend, singen müssen, dann ist es trotz der Musik schwer, diese Erotik auch zu vermitteln. Wenn beide Sänger, vor allem aber Stefano Secco als Riccardo, Probleme mit der Höhe haben, ist es fast unmöglich. Leider trifft Secco kaum einen der hohen Töne, entschädigt dafür aber mit einer schönen ausgewogenen Mittellage und einem emphatischen, fast veristischen Gesang. Piano kommt im dynamischen Spektrum der gestrigen Aufführung nicht vor, aber da steht er nicht alleine da.

Seine Partnerin Adrianne Pieczonka als Amelia legt die Partie weit dramatischer an, als beispielsweise Anja Harteros in der Premierenserie, auf flutende Pianohöhen wartet man hier vergebens, dafür bekommt man eindrucksvoll hochdramatische Szenen. In der Arie im dritten Akt, Morro, ma prima in grazia, in der sie darum fleht, ihren Sohn noch einmal sehen zu dürfen, und im Abschiedsduett mit Riccardo gelingen ihr dann auch leise, berührende Töne.

Auch Franco Vasallo fühlt sich im Dramatischen hörbar besser zu Hause als im Leisen, Differenzierenden. Erst mit O dolcezzi perdute, dem langsamen Teil seiner großen Arie im dritten Akt, zeigt er, dass er auch leise und innig kann und krönt die Arie dann mit einem mühelosen Spitzenton.

Die Ulrica erfährt in dieser Inszenierung eine erhebliche Aufwertung: sie ist am Anfang zu sehen, wie sie Riccardo einen Revolver reicht – damit der sich umbringt? – und am Ende enteilt er die Treppe hinauf, wo sie schon auf ihn wartet. Dementsprechend erscheint Okka von der Damerau als blonder Vamp und unterstreicht mit ihrer höhensicheren, schmeichelnden Altstimme diese Lesart.

 

Bildergebnis für bayerische staatsoper un ballo in maschera
Okka von der Damerau als
Ulrica.  © Wilfried Hösl

Der Page Oscar ist eine dankbare Rolle für eine lyrische Sopranistin: Elsa Benoit singt sich mit glockenhellen Koloraturen ihres beweglichen, höhenstrahlenden Soprans in die Herzen des Publikums und erntet zu Recht den größten Applaus. Auch ihrer Rolle hat die Regie eine gewisse Doppeldeutigkeit zugewiesen: sie erscheint als verkleidete Frau, die in Renato verliebt ist. Eine beeindruckende darstellerische Leistung der jungen Sängerin, die seit dieser Spielzeit Ensemblemitglied der Bayerischen Staatsoper ist.

Der Rest des Ensembles – Andrea Borghini als Silvano, Goran Jurić als Samuel, Simon Lim als Tom, Ulrich Reß als Oberster Richter und last but not least Joshua Owen Mills als Diener Amelias ist auf dem gewohnt hohen Niveau.

Die musikalische Leitung von Asher Fisch legt eher zügige Tempi an den Tag, ist aber, wie eigentlich immer, über weite Strecken der Oper zu laut und zwingt so auch die Sänger zu dem Eingangs erwähnten undifferenziert lauten Gesangsstil.

Ein Extralob verdient der Chor der Bayerischen Staatsoper, einstudiert von Sören Eckhoff. Vor allem das höhnisch-leise Ha-ha-ha im zweiten Akt war sehr schön. Und natürlich die eindrucksvolle Schlussszene.

Viel kritisiert habe ich hier, vielleicht zu viel: es war trotz allem und nicht nur dank Verdis Musik ein wunderbarer Opernabend.

Susanne Kittel-May

 

 

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