Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

München/ Bayerische Staatsoper: SCHÖN IST DIE WELT von Franz Lehár als „Montagsstück“ im Stream

19.01.2021 | Operette/Musical

„Schön ist die Welt“ von Franz Lehar aus der Bayerischen Staatsoper München

MIT IRONIE UND SCHMISS

Franz Lehars Operette „Schön ist die Welt“ als Live-Stream am 18. Januar 2020 in der Bayerischen Staatsoper/MÜNCHEN

Max Hopp gibt dieser extravaganten Operette von Franz Lehar mit seinen Moderationstexten ungewöhnlichen ironischen Schmiss. Ein Königssohn und eine Prinzessin sollen hier verheiratet werden. Beide möchten jedoch ihre Unabhängigkeit nicht aufgeben und blicken dem gemeinsamen Eheleben mit Argwohn entgegen. Auf einer Reise zu ihrer jeweiligen Bestimmung begeben sich beide auf ein Bergplateau und erkennen plötzlich ihre Liebe zueinander. In der Inszenierung von Tobias Ribitzki werden die konzertanten Momente zwar hervorgeheben. Doch vor allem wirkt die Aufführung durch die witzigen und fast satirischen Sequenzen erfrischend. Die Hotelhalle wird mit herabgelassenen Kronleuchtern angedeutet, in der Bühnenmitte musiziert das Bayerische Staatsorchester unter der Leitung von Friedrich Haider höchst opulent. Prinz Georg soll nach dem Wunsch seines Vaters die Prinzessin von und zu Lichtenberg heiraten. Die beiden jungen Leute denken aber nicht im Traum daran, sich den Ehepartner vorschreiben zu lassen. Georg möchte Elisabeth zum Ärger des Königs zunächst nicht heiraten. Doch schließlich kommt alles anders. Im „Hotel des Alpes“ sollen sie zum ersten Mal zusammentreffen und zarte Bande anknüpfen. Im zweiten Akt konzentriert sich das Geschehen dann ganz auf die beiden Personen Elisabeth und Georg, die eine nicht ungefährliche Hochgebirgstour in den Alpen machen, was im Hintergrund durch ein gewaltiges Gebirgsmassiv dargestellt wird. Das Paar muss wegen eines Gewitters die Nacht in den Bergen verbringen und gesteht sich seine Liebe. Der dritte Akt spielt dann wieder in der Hotelhalle, wo die Prinzessin ihre Tante aufsucht und erklärt, die große Liebe ihres Lebens gefunden zu haben. Dann lüftet Georg Elisabeth sein Inkognito und es gibt tatsächlich ein „Happy End“. Als sich Georg und Elisabeth dann doch noch in die Arme sinken, ist dies auch für die Herzogin und den König ein Grund zur Freude, weil ihr Plan nun doch noch aufgegangen ist.

Musikalisch ist diese im Jahre 1931 in Wien uraufgeführte Operette sehr ergiebig. Harmonisch interessant ist vor allem das Orchestervorspiel im zweiten Akt, wo der Aufstieg in die Alpen fast schon dramatisch geschildert wird. Franz Lehar macht dies aber ganz anders als etwa Richard Strauss in seiner „Alpensinfonie“ – die beiden galten ja auch als scharfe Konkurrenten. Doch der Zauber und Reichtum der Lieder und Melodien kommt bei dieser gelungenen Aufführung mit dem Bayerischen Staatsorchester unter der Leitung von Friedrich Haider voll zum Vorschein. Haider gelingt es auch, die thematischen Verbindungslinien immer wieder präzis hervorzuheben. Und selbst wenn die Präsenz von Max Hopp als Conferencier, König und Direktor des Hotels des Alpes in Tirol manchmal etwas aufdringlich wirkt, kommt der Kern der Handlung dennoch deutlich zum Vorschein. Herausragend sind die strahlkräftige Sopranistin Julia Kleiter als Prinzessin Elisabeth und der kraftvolle Tenor Sebastian Kohlhepp als Kronprinz Georg, die beide nicht den fatalen Fehler machen, Lehars Werk mit falscher Sentimentalität zu würzen. Nichts wirkt hier rührselig, sondern durchaus zeitnah. Auch die anderen Sängerinnen und Sänger konzentrieren sich auf die vielen klanglichen Qualitäten dieses Werkes. Die farbigen Naturmalereien, plastischen Motive und liedhaften Episoden kommen so nie zu kurz. Georgs Lied „Liebste, glaub an mich“ besticht hier aufgrund einer harmonisch reinen Klangebene, die Sebastian Kohlhepp voluminös ausfüllt. Der Walzer „Schön ist die Welt, wenn das Glück dir ein Märchen erzählt“ als Auftrittslied Georgs, der Valse Boston „Ich bin verliebt“ von Elisabeth, das Marschduett „“Frei und jung dabei“ (Elisabeth und Georg) und das schwungvolle Walzerlied „Sag, armes Herzchen, sag“ (Elisabeth) werden zu einem abwechslungsreichen Klangkosmos vereint, der durch das gesprochene Wort aufgelockert wird. Ein weiterer Höhepunkt ist der von Juliana Zara als brasilianischer Primaballerina rasant interpretierte Tango „Rio de Janeiro“ sowie die temperamentvollen Tanzeinlagen zwischen Stilrichtungen wie Tango und Slow-Fox („In der kleinen Bar“). In weiteren Rollen gefallen noch Eliza Boom als mondäne Herzogin Maria Branckenhorst, Manuel Günther als Graf Sascha Karlowitsch (der als Adjutant mit der brasilianischen Diva anbandelt) und die Hotelgäste Eliza Boom, Yajie Zhang, Andrew Hamilton und James Ley. Das Rumba-Tanzduett „Schön sind lachende Frau’n“ mit Mercedes, Sascha und dem Damenchor besitzt ungarisches Feuer und lässt an den Geschmack von Paprika denken. Die Orchesterbehandlung kommt in ihrer stilistischen Vielfalt überzeugend zum Ausdruck. Das zeigt sich nicht nur bei der Walzerszene, sondern auch beim „English Waltz“ und den elektrisierenden Final-Szenen. Da dieses Werk von Lehar sehr selten zu hören ist, kann man hier durchaus von einer Entdeckung sprechen.

Alexander Walther

 

Diese Seite drucken