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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: RUSALKA – ein herausragender Repertoireabend

16.06.2017 | Oper

München: “Rusakla” – Bayerische Staatsoper 15.06.2017

Dieser Opernabend war etwas ganz Besonderes. Obwohl er sich als ganz normaler Repertoire-Abend gab, war es nichts weniger als das Debut des vielbeschäftigten Chefdirigenten des Boston Symphony Orchestra und zukünftigen Leipziger Gewandhauskapellmeisters Andris Nelsons an der Bayerischen Staatsoper mit einem fulminanten Dirigat von Antonín Dvořáks Rusalka.
Nelsons hebt die Nähe der Partitur zu Wagner hervor, die sinfonischen Elemente, ohne dabei die dynamische Nuancierung zu vernachlässigen. Einzelne Phrasen der Holzbläser werden herausgehoben, die lyrischen Stellen werden vom Orchester wunderbar ausgesungen, der Schlussakkord verhaucht im dreifachen Piano – leider können manche Besucher die Stille nicht aushalten und applaudieren sofort. Es wäre schöner gewesen, diesen Tönen noch etwas nachzuhorchen.

Diese Musik tut weh, und nicht nur, weil Nadja Krastevas Höhen immer schriller werden. Am Ende des 2. Aktes ist da nur noch das Leid der armen Rusalka, die nicht mehr Nixe ist aber auch nicht Frau sein darf. Alles im Orchester schreit dieses Leid heraus, während die Fremde Fürstin mit ihrer kalten Stimme mit jedem Wort Rusalka weiter in die Vernichtung stürzt.
Liegt es an den verstörenden Bildern von Bräuten mit blutigen Rehen, dass die Musik der Hochzeitsfeier eher hysterisch als fröhlich erscheint? Oder daran, dass die Hochzeitsgäste (Chor der Bayerischen Staatsoper) sich zwischen zwei Strophen ihres lustigen Liedes mit Leberkäsesemmeln vollstopfen wie Oktoberfestbesucher?

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Verstörend: Ballett der Bräute mit toten Rehen. Im Vordergrund Kristine Opolais als Rusalka © Wilfried Hösl

Martin Kušejs Inszenierung ist in ihrer Trostlosigkeit so verstörend wie bei der Premiere vor sieben Jahren. Die Missbrauchsgeschichte, die über den Undinen-Stoff gelegt hat, ist durchaus schlüssig dargestellt, sie ereignet gerade auch in der oft brutal wirkenden Musik, die den Wassermann charakterisiert. Günther Groissböck leiht ihm seinen gefährlich schillernden, schwarzen Bass und spielt ihn mit angsteinflößender Körperlichkeit. Aber auch die leiseren, kantablen Stellen gelingen ihm mit beeindruckender Intensität.

Kristine Opolais gibt der Nixe Rusalka eine beeindruckende Intensität, ihre Stimme erscheint gereifter und größer, nie hat sie Probleme, sich gegen die Orchestermassen durchzusetzen. Die lyrischen Stellen, wie das berühmte Lied an den Mond gelingen ihr genauso, wie die dramatischen verzweifelten Passagen. Ganz große Darstellungskunst zeigt sie gerade auch in den Szenen, in denen sie stumm bleiben muss.

Ihre Gegenspielerin um die Gunst des Prinzen ist Nadia Krasteva als fremde Fürstin. Die Partie scheint ihr rein bisschen zu hoch zu liegen, sie muss doch des Öfteren forcieren und hat kaum Gelegenheit ihre schöne, warme Mittellage auszusingen.

Dmytro Popov
als Prinz hat eine schöne, baritonal grundierte Mittellage und mühelose Höhen, denen es allerdings ein wenig an Glanz fehlt.

Wie immer hervorragend besetzt die kleineren Partien: allen voran Tara Erraught als Küchenmädchen, das aus seinem Hass auf Rusalka von Anfang an keinen Hehl macht. Evgeniya Sotnikova, Rachael Wilson und Alyona Abramowa geben mit ihren schön harmonierenden Stimmen ein wunderbar lyrisches Waldnymphentrio ab. Die recht jugendliche Hexe Helena Zubanovich singt eigentlich viel zu schön. Der Förster Ulrich Reß und der Jäger Sean Michael Plumb ergänzen das Ensemble.

Ein herausragender Repertoireabend!
Susanne Kittel-May

 

 

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