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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper/ Operfestspiele: LA TRAVIATA als Ersatz für die „Teufel“

04.07.2022 | Oper international

München: Opernfestspiele der Bayerische Staatsoper: „LA TRAVIATA“, 03.07.2022

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Lisette Oropesa. Foto: Wilfried Hösl/ Bayerische Staatsoper

Eigentlich stand für den 03.07. die dritte Vorstellung der Premierenproduktion „Die Teufel von Loudun“ auf dem Spielplan der Bayerischen Staatsoper. Corona machte der Aufführung des Werks von Krzysztof Penderecki jedoch einen Strich durch die Rechnung: Ein Großteil der Besetzung hatte sich mit dem Virus infiziert, so dass das Stück nicht gegeben werden konnte. Glücklicherweise musste das Publikum an diesem Abend jedoch nicht ganz auf sein Opernerlebnis verzichten, da die Bayerischen Staatsoper statt der „Teufel von Loudun“ kurzfristig eine Zusatzvorstellung von „La Traviata“ (Inszenierung: Günther Krämer) anbot. „Stilistisch nicht ganz dasselbe“ wie Tillmann Wiegand, Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros bei seiner Ansage vor Beginn der Vorstellung mit einem Augenzwinkern anmerkte, aber auf jeden Fall immer ein Garant für einen genussvollen Opernabend.

Das Publikum im nicht ganz ausverkauften Nationaltheater wurde nicht enttäuscht. Insbesondere musikalisch war die Aufführung besonders gelungen: Lisette Oropesa sang die Violetta einerseits virtuos, andererseits auch mit tiefer Emotion. Ihre dunkel gefärbte, klangvolle, metallische, aber dennoch runde und weiche Stimme ist etwas Besonderes, und man hörte ihr den ganzen Abend gebannt zu. Auch schauspielerisch konnte sie überzeugen, am meisten im dritten Akt, in dem sie die Zuschauer mit ihrem innigen Rollenporträt tief berührte. Stephen Costello begeisterte in erster Linie gesanglich mit seinem kraftvollen, männlichen, raumfüllenden Tenor und seiner mühelosen, flüssigen Phrasierung. Darstellerisch ist ihm der Abend jedoch nicht wirklich gelungen. Einen Alfredo mit einer zwar elegant-selbstbewussten, gleichzeitig aber so durch und durch nüchternen und emotionslosen Ausstrahlung wie der von Costello hat man wirklich selten gesehen. Zum Glück konnte er dieses Defizit durch seine hervorragende und mitreißende musikalische Gestaltung nahezu ausgleichen. Lucas Meachem sang die Partie des Giorgio Germont nobel und mit wohlklingendem Bariton. Auch er hätte schauspielerisch noch etwas mehr aus seiner Rolle herausholen können.

Die Sänger der kleineren Partien wie etwa Daria Proszek als Flora Bervoix, Emily Sierra als Annina oder Galeano Salas als Gaston brachten durchwegs sehr gute Leistungen. Das Bayerische Staatsorchester unter der Leitung der jungen litauischen Dirigentin Giedrè Šlekyté holte alle Emotionen aus der glutvollen Musik Verdis heraus, hatte jedoch auch viel Sinn für die feinen, leisen Töne der Partitur und war den Sängern stets aufmerksamer Begleiter. Das Publikum spendete allen Mitwirkenden begeisterten Applaus, insbesondere der wunderbaren Lisette Oropesa.

Gisela Schmöger

 

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