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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper/Montagsstücke als Stream: „Eight Songs for a Mad King“ von Peter Maxwell Davies

12.01.2021 | Oper international

„Eight Songs For A Mad King“ in der Bayerischen Staatsoper München

Eine Welt in Brüchen

Musiktheaterstück „Eight Songs for a Mad King“ von Peter Maxwell Davies als Live-Stream in der Bayerischen Staatsoper am 11.1.2020/MÜNCHEN 

Eight Songs for a Mad King

In einer szenischen Einrichtung von Andreas Weirich waren als Montagsstück die hochexpressiven „Eight Songs for a Mad King“ des britischen Komponisten Peter Maxwell Davies zu hören und zu sehen. Dieses hochkomplexe Musiktheaterstück hat das Publikum bei seiner Erstaufführung im Jahre 1969 schockiert. Das Werk beschreibt eine beklemmende Situation. Es geht um das unmögliche Unterfangen, den eigenen Vögeln das Singen beibringen zu wollen. Und es ist der verrückte englische König George III., der mit seinen Tieren spricht. Es ist eine Welt in Brüchen, die hier beschworen wird –  Wahrheiten, die die Menschen tief treffen.

Peter Maxwell Davies hat acht Gedichte vertont, die der australische Autor Randolph Stow nach originalen Texten des Königs verfasste. Es wird allmählich klar, dass der Wahnsinn des Königs sehr hellsichtig ist. Der höchst virtuos agierende Sänger Holger Falk erscheint mit verbundenem Kopf und wird von einer Krankenschwester an den Thron gefesselt. Ärzte erscheinen mit Corona-Masken. Um ihn herum hat das „Fußvolk“ Platz genommen, das aus männlichen Puppen besteht. Zuvor hat der König „Let us talk“ an die Tafel geschrieben. Zuletzt kommt es im Lichtkegel zur Zerstörung einer Geige auf der Bühne. Im Ostinato-Rhythmus des Schlagzeugs schreitet König George III. zunächst heran. Er setzt seine Stimme bei facettenreichen Glissando-Passagen und Intervall-Spannungen höchst kunstvoll ein. Es kommt auch immer wieder zu komolizierten Falsett-Sequenzen. Dies zeigt sich bei einzelnen Liedern wie „Die Schildwache“ (Menuett des Preußenkönigs), „Spaziergang auf dem Lande“ (Die Promenade), „Die Hofdame“ (Phantasie über Miss Musgrave) oder „Auf dem Wasser zu singen“ (Der Wassermann). Thematische Verwicklungen und serielle Technik spitzen sich hier immer weiter zu. Aber es kommt auch zu behutsamen Annäherungen an die höfische Barockmusik. „Die Königin seiner Träume“ (Er minnet mich immer), „Die Täuschung“, „Tanz auf dem Lande“ (Das Schottenmützchen) und „Der Rückblick“ (Ein spanischer Marsch) eröffnen einen aufregenden Klangkosmos unterschiedlichster Leidenschaften. Dabei erweist sich Davies als ein Meister wirkungsvoller Collagetechnik. Verschiedene Stilrichtungen werden übereinandergelegt und kunstvoll miteinander verbunden. Man begreift, dass die Verrücktheit dieses Königs zwar nicht gespielt ist, dieser aber immer noch einen scharfen Verstand zu haben scheint. Das Instrumentalensemble mit Markus Kern (Violine), Benedikt Don Strohmeier (Violoncello), Katharina Kutnewsky (Flöte), Andreas Schablas (Klarinette), Claudio Andres Estay Gonzalez (Schlagzeug) und Jean-Pierre Collot (Klavier) reagiert auf jede Bewegung dieses Sängers höchst sensibel und minuziös. Zuletzt verkündet dieser fast schon lakonisch: „The king is dead…“ Unter Schlagzeug-Geräuschen kehrt er dann auf seinen Thron zurück und wird wieder von der Krankenschwester unter Schluchzen und Seufzen gefesselt. Der packende Stil dieser Komposition kommt bei der Produktion überzeugend zum Vorschein. Man begreift auch, dass Davies trotz seines Gespürs für klassische Formen einen gewissen Hang zu chaotischen und gewalttätigen Strukturen besaß. Peter Maxwell Davies, der im Jahr 2016 starb, hat als Dirigent und Komponist übrigens für das Royal Philharmonic Orchestra gearbeitet. Interessant ist auch, dass Davies in geheimnisvoller Weise ein kanonisches Stück wie Händels „Messias“ in dieses Werk integriert hat.  Die musikalische Leitung des Abends hatte Olivier Tardy.  

Alexander Walther

 

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