Montagsstück XVI im Live-Stream: „Cecil Hotel“ am 1.3.2021 mit dem Bayerischen Staatsballett in der Bayerischen Staatsoper (Nationaltheater)/MÜNCHEN
Verknüpfungen verschiedener Kriminalgeschichten
„Cecil Hotel“ , Jonah Cook. Foto: Bayerische Staatsoper
Andrey Kaydanovskiy hat mit diesem Stück ein durchaus spannendes Kriminalballett geschaffen. Uraufgeführt wurde die Produktion im Juni 2019 im Rahmen der Reihe „A Jour – Zeitgenössische Choreografien“. Die Handlung lehnt sich an die mysteriösen Mordgeschichten um das berüchtigte Cecil Hotel in Los Angeles an. Es kam hier zu Tötungsdelikten, die nie restlos aufgeklärt werden konnten.
Bei der Produktion werden verschiedene Geschichten auf tänzerisch raffinierte Weise miteinander verknüpft, unterschiedliche Räume gezeigt und spannungsgeladene Episoden um Leben und Tod präsentiert. Dabei wendet die Choreografie von Kaydanovskiy auch raffinierte Überblendungen und Schnitttechniken an. Karoline Hogl (Dramaturgie: Richard Schmetterer) hat dabei eine mit vielen Raffinessen ausgestattete Bühne geschaffen. Die stimmungsvolle Soundcollage von Dmitry Cheglakov umfasst Titel wie „Que Sera, Sera“ mit dem Hollywood Orchestra, „Women’s Hour“ von Daphne Oram, Andrea Parker und Daz Quayle und „Death Waltz Fantasy“ von John Zorn. Immer wieder wird man an Filme wie „Psycho“ oder „Vertigo“ von Alfred Hitchcock erinnert. So gibt es neben einem Selbstmörder (Robin Strona), der aus dem Fenster springt, auch wilde Schreie der Prostituierten (Ksenia Ryzhkova) zu vernehmen, die sich vor Jack (Jonah Cook) fürchtet und ihm zum Opfer fällt. Die Szenen scheinen sich fast monomanisch zu wiederholen, wobei die Intensität des Soundtracks zunimmt. Gelegentlich wird es auf der Bühne auch ganz dunkel und man vernimmt nur das unheimliche Plätschern des Wassers, bevor dann letztendlich die „Putzfrau“ wieder ihren Dienst übernimmt. Interessant ist hierbei, dass sich die von Severine Ferrolier eindrucksvoll-schillernd präsentierte Rolle der Elisa in mehrere „Doubles“ aufspaltet (Maria Chiara Bono, Madeleine Dowdney, Marina Duarte, Elvina Ibraimova, Marta Navarrete Villalba). Dabei gewinnt man zunehmend den visuellen Eindruck eines riesigen Fächers, der sich immer weiter ausdehnt.
In weiteren Rollen sorgen Jinhao Zhang als Richard, Carollina Bastos als Betty sowie Dustin Klein als Lobby-boy für eine unglaublich differenzierte tänzerische Bewegung, die von atemloser Geschwindigkeit und stupender Körperbeherrschung erfüllt ist. Ballon, Pointe, Pirouette, Querspagat, Grand Jete oder Port de bras werden als subtile Techniken hier oftmals nur angedeutet und dann ganz anders ausgeführt, als man es eigentlich erwartet.
So steht die Welt auch tänzerisch auf dem Kopf, erzeugt aber ebenso an allen Ecken und Enden spontane Elektrizität und ein heimliches Gruseln.
Alexander Walther