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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper/ „Montagsstück“: IL SEGRETO DI SUSANNA von Ermanno Wolf-Ferrari

27.04.2021 | Oper international

MÜNCHEN: Ermanno Wolf-Ferraris „Il segreto di Susanna“ in der Bayerischen Staatsoper am 26.4.2021

Die Nikotinsucht verbergen

MONTAGSSTÜCK XIX: IL SEGRETO DI SUSANNA | Bayerische Staatsoper
Selene Zanetti. Foto: Bayerische Staatsoper/ Hösl

  In diesem „Intermezzo in einem Bild“ bahnt sich ein Eifersuchtsdrama zwischen dem Conte Gil und seiner Gattin Susanne an. Er hat nämlich ganz richtig erkannt, dass seine Frau etwas hinter ihm verbirgt. Sofort vermutet er einen Nebenbuhler und Ehebruch. Der Regisseur Axel Ranisch bietet dabei eine köstliche Charakterstudie in opulenten Bildern, die zeigen, dass Susanne tatsächlich den Verführungskünsten des Dieners Sante verfallen ist, der ihr mit Nikotin die Sinne betört und vernebelt. Zu loben ist auch die geschmackvolle Ausstattung von Katarina Ravlic und Christian Blank.

Satirische Zuspitzungen sind gewollt. So beobachten Diener und Graf das verführerische Klavierspiel Susannens als Es-Dur-Kanzone durch das Schlüsselloch. Dem Diener gelingt es schließlich sogar, auch den Grafen zum sinnlichen Nikotinsüchtigen werden zu lassen. Doch Susanne wollte eigentlich nur ihre gigantische Nikotinsucht vor dem Gatten verbergen, denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt es für Frauen als unschicklich, zu rauchen. So qualmt bei dieser gewitzten Inszenierung allmählich die gesamte Villa – aus dem Schrank und dem Blumenstock quellen Nikotinschwaden. Zuletzt entdeckt der Gatte seine Frau mit dem Diener in seinem Ehebett. Trotz emotionalen Aufruhrs können die Probleme aber rasch beseitigt werden, denn der Diener Sante kann glaubhaft machen, dass er seiner Herrin nur beim exzessiven Rauchen behilflich war.

Unter der inspirierenden Leitung  von Yoel Gamzou singen Michael Nagy (Bariton) den Grafen Gil und Selene Zanetti (Sopran) die Gräfin Susanne, wobei Heiko Pinkowski als Diener eine stumme Rolle spielt. Neben der italienischen Buffo-Oper blitzt hier vor allem der Geist der alten italienischen Intermezzi auf. Pergolesis „La serva padrona“ lässt grüßen. Leichtes Parlando beherrscht dabei den ausdrucksvollen Gesang, dessen Kantilenen sich gerade bei den ehelichen Auseinandersetzungen dynamisch gewaltig steigern. Bei der E-Dur-Kantilene als Hymne auf das Rauchen wird die Singstimme von zarten Orchesterfarben begleitet. Schon die kontrapunktisch ausgesprochen reizvolle Miniaturouvertüre gelingt dem Orchester der Bayerischen Staatsoper vorzüglich. So verschmelzen gerade die komödiantischen Nummern zu einem furiosen Tumultuoso, das bei der rasanten Kissenschlacht zwischen den Ehepartnern kulminiert. Die unglaublich vielen fliegenden Federn werden in der Musik gleichsam karikiert und aufs Korn genommen. Michael Nagy und Selene Zanetti gelingt es, die sinnfälligen und graziösen Themen dieser Opernrarität gesanglich in effektiver Weise zum Leuchten zu bringen. Und auch der leichte, italienisch-belcantistische Stil kommt nicht zu kurz.

„Susannens Geheimnis“ ist hier ein äusserst kurzweiliges, 50minütiges Vergnügen, das Film-Sequenzen in der prunkvollen Villa mit fast tristen Auftritten auf der Bühne im Nationaltheater verbindet, in dem dieses Werk übrigens im Jahre 1909 auch uraufgeführt worden ist. Das beschwingte Parlieren im Orchester lässt die Arabesken und Kaskaden nur so aufblühen – und das turbulente Durcheinander der Motive wirbelt durch die Luft. Ein gewisses venezianisches Kolorit lässt sich hier nicht verleugnen, das zeigt sich zudem beim nuancenreichen Duett in g-Moll. Kein Wunder, ist Ermanno Wolf-Ferrari doch in Venedig geboren. 

Alexander Walther 

 

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