München: Bayerische Staatsoper: „LE NOZZE DI FIGARO“ – Abschied von der Dieter Dorn Inszenierung, 20.11.16
Die Premiere von Dieter Dorns Inszenierung von „Le nozze di Figaro“ (Bühne und Kostüme: Jürgen Rose) war am 30. Juni 1997. Seitdem hat sie zahlreiche Zuschauer und sicher auch viele Sänger durch ihre geistreiche, pointierte Personenregie und die geschmackvolle Optik erfreut. Die Produktion bot den Darstellern immer eine perfekte Plattform zur Entwicklung einer eigenen Interpretation. Zum großen Bedauern des Münchner Opernpublikums gab die Bayerische Staatsoper bekannt, dass mit dem Ende der Aufführungsserie im November die Inszenierung aus dem Repertoire genommen wird. Entsprechend groß war der Besucherandrang – alle vier Vorstellungen waren ausverkauft. Dies lag allerdings wahrscheinlich auch an der hervorragenden Besetzung, die für diese letzten Aufführungen aufgeboten war. Mariusz Kwiecień beherrschte die Bühne als Conte d’Almaviva. Sein Graf war ein junger, temperamentvoller und selbstbewusster Herr, der bei den Mädchen im Schloss gerne seine Attraktivität austestet, seiner Gattin aber doch noble und edle Gefühle entgegenbringt. Sein „Contessa, perdono“ war so innig, echt und warmherzig gesungen, dass die Gräfin gar nicht anders konnte als ihm sofort zu verzeihen. Seine Arie gestaltete er mit frei strömender Stimme souverän und virtuos und war auch sonst musikalisch die beherrschende Figur des Abends. Diana Damrau stand ihm als Contessa d’Almavia sängerisch in nichts nach. Sie gestaltete ihre Partie bei ihrem Münchner Debut, das einige Tage nach ihrem Rollendebut in Mailand stattfand, differenziert und begeisterte sowohl durch gefühlvolle, mühelos gesungene Piani als auch durch ein aufblühendes, tragendes Forte. Darstellerisch war sie für meinen Geschmack ein wenig zu forsch und temperamentvoll, so dass der Unterschied der Charaktere von Susanna und der Contessa nicht richtig sichtbar wurde. Dafür sorgte sie mit ihrem engagierten Spiel für viel Esprit und Witz auf der Bühne. Tara Erraught zeigte als jugendlich, frische Susanna ebenfalls viel komödiantisches Talent, brachte aber auch die ruhigeren Seiten der Figur zum Ausdruck, vor allem durch eine wunderbar innig und zart gestaltete Rosenarie. Alex Espositos Figaro war kein Sonnyboy, sondern eher ein ernsterer, zum Zynismus neigender Mann, der über die Machenschaften des Conte ziemlich leicht in Rage geriet. Dazu passte die dunkle Stimmfärbung seines Bassbaritons sehr gut. Seine Arien sang er souverän, nuancenreich und mit feiner italienischer Diktion. Angela Brower sang den Cherubino mit ihrem wohlklingenden, eher schlanken Mezzosopran, konnte darstellerisch aber nicht ganz mit ihren Kollegen mithalten. Wie schon in vielen Vorstellungen der letzten Jahre war Heike Grötzinger eine wunderbar exaltierte, großspurige, aber doch elegante Marcellina. Ihr Partner als Bartolo war in dieser Serie Alexander Tsymbalyuk, der ebenfalls durch großen Spielwitz und eine sehr schön gesungene Arie überzeugte.
Dirigent Antonello Manacorda schlug mit dem Bayerischen Staatsorchester sehr rasche Tempi an und leistete sich einige Unstimmigkeiten zwischen Orchester und Sängern. Am Ende jubelnder Applaus für die Solisten und das Regieteam, das für den letzten Vorhang mit auf die Bühne gekommen war. Schwer vorzustellen, dass dieser Figaro-Produktion eine bessere nachfolgen wird.
Gisela Schmöger