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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: JENUFA

25.11.2018 | Oper


Sally Matthews in der Titelrolle. Copyright: Wilfried Hösl

München: Bayerische Staatsoper: „JENUFA“, 24.11.2018:

Der November ist ein klassischer Erkältungsmonat, und so hat es in den letzten Wochen bereits einige ungeplante  Besetzungsänderungen an der Bayerischen Staatsoper gegeben. Auch Karita Mattila, die in der Vorstellung von Leoš Janáčeks „Jenufa“ am 24.11. die Partie der Küsterin hätte singen sollen, musste einen Tag vorher absagen. Glücklicherweise konnte Ensemblemitglied Helena Zubanovich, eigentlich gerade mit Proben zur Neuproduktion von „Die verkaufte Braut“ beschäftigt, kurzfristig einspringen. Bisher war sie hauptsächlich in kleineren Partien an der Bayerischen Staatsoper zu hören gewesen und konnte sich dem Publikum nun erstmals in einer Hauptrolle präsentieren und das mit sehr großem Erfolg. Ihre Küsterin war eine strenge, respekteinflößende Dame, deren großer Autorität sich die anderen handelnden Personen nicht entziehen konnten. Dabei wirkte sie aber nicht herzlos. Vielmehr konnte Helena Zubanovich dem Publikum in berührender Art und Weise nahebringen, dass die Küsterin ihrer geliebten Ziehtochter Jenufa ein erfüllteres Leben wünscht, als sie selbst es gehabt hat, und dass dieser Wunsch sie elementare Grenzen überschreiten lässt, deren grausame Tragweite sie erst zu spät erkennt. Auch gesanglich war der Abend für die Einspringerin ein voller Erfolg. Helena Zubanovich sang ihre Partie nach etwas trocken klingenden Anfangstönen mit klarer, raumgreifender und kultivierter Stimme. Zu Recht erhielt sie am Ende vom Publikum und ihren Kollegen auf der Bühne begeisterten Applaus.

Die Titelpartie wurde an diesem Abend von Sally Matthews verkörpert. Ihre Jenufa war eine selbstbewusste, energische junge Frau, die die Enge der dörflichen Gemeinschaft letztlich durch ihren starken Charakter, ihre Aufrichtigkeit und ihre Seelengröße hinter sich lassen kann und sogar der Mörderin ihres Kindes letztlich verzeihen kann. Mit ihrem schlanken, elegant geführten Sopran, der auch in den dramatischen Ausbrüchen nie an Klangschönheit verliert, interpretierte sie ihre Partie auch musikalisch in eindrucksvoller und berührender Weise. Hanna Schwarz komplettierte als strenge, dabei aber auch liebevolle Großmutter Buryja die starke Besetzung der weiblichen Hauptpartien.

Die Sänger der Männerrollen waren nicht ganz so ideal ausgewählt. Joseph Kaiser hatte als Števa Buryja nicht die zwingende Bühnenpräsenz und Attraktivität, die das Publikum die Liebe Jenufas zu diesem charakterschwachen Schürzenjäger hätte nachvollziehen lassen können. Mit seiner zwar schönen, aber für die Partie etwas zu weichen Stimme und seinem linkischen Auftreten zog er gegen seinen Rivalen Laca von Anfang an eindeutig den Kürzeren. Dies mag allerdings auch von der Regisseurin Barbara Frey so gewollt gewesen sein, da Števa vor allem im Zusammenspiel mit den Frauen viel schneller eingeschüchtert wirkte als sein Halbbruder Laca und mit geckenhaften Anzügen eher etwas lächerlich als attraktiv ausgestattet war, wohingegen der eigentliche Underdog Laca vor allem ab dem zweiten Akt in eleganter, weltmännischer Kleidung auftrat. Sollte die Charakterisierung der beiden Halbbrüder also so gewollt gewesen sein, so wäre dies eine aus meiner Sicht unnötige Verdrehung der zu erzählenden Geschichte, was die ansonsten stimmige und gut anzusehende Inszenierung doch stark abwerten würde. Pavel Černoch sang den Laca mit strahlender, souverän geführter, klangschöner Stimme und beeindruckte auch als Darsteller, indem er dem Publikum die tiefe Liebe Lacas zu Jenufa, seine rasende Eifersucht, seine Reue und das Einstehen für seine Braut nahebringen konnte.

Simone Young und das Bayerische Staatsorchester brachten alle Facetten der pulsierenden, dramatischen, aber auch einfühlsamen und manchmal resignierenden Musik zum Ausdruck. Ein ergriffenes Publikum spendete heftigen Applaus für alle Protagonisten. Schade, dass die Produktion mit Ende dieser Vorstellungsserie abgespielt sein wird und es somit etwas länger dauern wird, bis diese Oper wieder in München gespielt werden wird.                          

Gisela Schmöger

 

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