München: Bayerische Staatsoper: „HÄNSEL UND GRETEL“, 17.12.2016, 11.00 Uhr:
Wenn man in diesem Jahr noch nicht in Weihnachtsstimmung gekommen war, musste man nur in die Familienvorstellung von „Hänsel und Gretel“ am Samstag Vormittag gehen: Die vielen fein gemachen Kinder mit vor Vorfreude strahlenden Augen, die überraschten Ausrufe, als zum Beginn der Vorstellung der große Kronleuchter hochgefahren wurde, die wunderschöne Musik und die unbändige Spielfreude der Mitwirkenden: Schon kam man selbst im Nu in die schönste Vorweihnachtsstimmung! Vor einigen Jahren hatte die aktuelle Inszenierung von Richard Jones Premiere. Sie ist eine maßvolle Modernisierung des Sujets, erhält aber den märchenhaften Charakter des Stückes. Dirigent Tomáš Hanus und das Bayerische Staatsorchester betonten die lyrischen, romantischen Seiten der Partitur, ohne jedoch in Kitsch abzudriften. Elsa Benoit sang in dieser Serie zum ersten Mal die Gretel. Sie war ein zierliches, anmutiges aber auch mutiges Mädchen, das auch der Hexe gegenüber durchaus selbstbewusst auftrat. Sie sang ihre Partie souverän mit ihrem eher dunkel gefärbten Sopran. Tara Erraught ist dem Münchner Publikum als Hänsel schon bestens bekannt. Es war wie immer eine große Freude, sie in dieser Rolle zu sehen, so überzeugend wie sie diesen kleinen Lausbuben darstellt. Auch sie sang ohne Fehl und Tadel. Einziger kleiner Kritikpunkt war, dass ihre Stimme und die von Elsa Benoit doch sehr ähnlich klangen, so dass man in den Duetten unterschiedliche Klangfarben ein wenig vermisste. John Dazak war eine lässige, fast schon elegante Knusperhexe. Er legte großen Wert auf die komödiantische Seite seiner Partie und legte es nicht so sehr darauf an, eine erschreckende Wirkung zu erzielen. Markus Eiche hatte sichtlich Freude an der Rolle des Vaters Peter. Vor allem seinen ersten Auftritt, als er Mutter Gertrud in leicht angetrunkenem Zustand seine Einkäufe präsentiert und ihr von der grausamen Hexe erzählt, kostete er voll aus. Er adelte die Partie mit seinem edlen, warm und voll klingenden Bariton. Helena Zubanovic war eine von der Arbeit gestresste und gereizte Mutter, die aber doch das Herz auf dem rechten Fleck hat. Zum Dank für eine Vorstellung voller Temperament, Spielfreude und Wärme spendeten die meist jungen Zuschauer begeisterten Applaus. So kann Weihnachten kommen!
Gisela Schmöger