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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: GURRELIEDER

16.02.2016 | Konzert/Liederabende

München: Bayerische Staatsoper: „Gurrelieder“,15.02.2016

Ein Konzert der Superlative: 125 Musiker, 175 Chorsänger, fünf Gesangssolisten, davon mindestens drei vom Wagnersängerkaliber, ein veritabler Burgschauspieler als Sprecher. Größer ist wohl nur Mahlers Symphonie der Tausend besetzt. Schönbergs Gurrelieder standen auf dem Programm und die Konzertmuschel der Bayerischen Staatsoper war schier zum Bersten gefüllt. In dem spätromantischen dreiteiligen Oratorium nach Gedichten des dänischen Autors Jens Peter Jacobsen wird die Geschichte des Mädchens Tove erzählt, der Geliebten von König Waldemar, die auf Schloss Gurre lebt und von der eifersüchtigen Königin ermordet wird.

Souverän mit präzisen ruhigen Bewegungen führt Zubin Mehta den Riesenapparat und entfaltet im ersten Teil einen chromatisch glitzernden impressionistischen Klangteppich, der allerdings an manchen Stellen doch etwas zu behäbig und spannungslos ist. Im zweiten und dritten Teil wird die Musik expressiver und hier gelingt es ihm, die Spannung immer aufrecht zu halten und die Zusammenhänge transparent zu machen.

Stephen Gould als Waldemar zeigte sich nach seiner mehrmonatigen Auszeit in prächtiger Verfassung und sang den Waldemar mit baritonal-kräftiger Tiefe und tenoral leuchtender Höhe.

Anne Schwanewilms konnte da nicht so recht mithalten; ihre Tove konnte sich nicht so recht gegen die Klangwogen des Orchesters durchsetzen. Auch klang ihre Stimme dynamisch unausgewogen und unsicher. Aber wenn sie, von Sologeige und Solocello begleitet, von ihrer Liebe zu Waldemar singt, kann ihr Sopran lyrische Qualitäten entfalten.

Als Waldtaube konnte Ensemblemitglied Okka von der Damerau die ganze Stärke und Schönheit ihres Mezzosoprans zeigen. Mühelos übertönte sie die Klangmassen und ließ ihre Stimme in der Klage um die ermordete Tove in dunklen Farben leuchten.

Goran Jurić kommt ebenfalls aus dem Ensemble; er sang den Bauern, den die Angst vor der wilden Jagt von Waldemar und seinen Mannen umtreibt kräftig polternd, aber auch schön phrasierend.

Der fünfte im Bunde der Solisten war der Klaus-Narr, gesungen von Gerhard Siegel. Sein heller Charaktertenor hob sich deutlich von dem Goulds ab und er sang seinen Part mit extremer Textverständlichkeit. Ihn kennt man noch als Bayreuths Mime aus den 2000er-Jahren und seine Stimme hat seitdem nichts an Höhensicherheit verloren.

Klaus Maria Brandauer als Sprecher macht schon aus seinem Auftritt eine Schau: mit an die Brust gepressten Noten irrt er staunenden Auges durch das Orchester, bis er schließlich an seinem Pult ankommt. Im Blog der Bayerischen Staatsoper gibt es ein Foto von Mehta und Brandauer beim Soundcheck; der war anscheinend nicht erfolgreich: Die Stimmverstärkung für den Sprecher war viel zu laut eingestellt. Die ersten Worte knallte er unverständlich laut und schnell heraus und überhaupt war der ganze Vortrag eine manieriert-pathetische, zerdehnte Angelegenheit.

Zu guter Letzt Chor und Extrachor der Bayerischen Staatsoper: Als Mannen Waldemars in drei vierstimmige Männerchöre aufgeteilt sang er souverän und präzise. Die Positionierung ganz hinten in der akustisch nicht optimalen Konzertmuschel ließ den Pianissimo-Beginn etwas im Klangrausch untergehen, bei den Forte-Passagen war dieser Effekt dann nicht mehr hörbar. Zur Schlussapotheose des Sonnenaufgangs kamen dann noch die hellen Frauenstimmen dazu und sorgten für ein positives. Versöhnliches Ende.

Viel Jubel, trotz chaotischer Applausordnung, vor allem für Mehta, Gould und Damerau.

Susanne Kittel-May

 

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