Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: ELINA GARANCA ALS CARMEN: ZWISCHEN EROS UND THANATOS

17.02.2018 | Oper

Bildergebnis für münchen bayerische staatsoper carmen

Bayerische Staatsoper: ELINA GARANCA ALS CARMEN: ZWISCHEN EROS UND THANATOS (16.2.2018)

Spannungsgeladene Wiederaufnahme von „Carmen“ von Georges Bizet an der Bayerischen Staatsoper mit Elina Garanca – am Pult agiert Karel Mark Chichon, der Ehemann; gespielt wird in einer optisch sehr ansprechenden Inszenierung der Filme-Macherin Lina Wertmüller (Bühne und Kostüme Enrico Job). Als Don José beweist der US-Tenor und „rising star“ Bryan Hymel dass er sich tatsächlich auf der Überholspur befindet. Dennoch: das Hauptinteresse galt der lettischen Mezzo-Sopranistin, die sich von vielen ihrer Erfolgspartien verabschiedet hat und nun bereits Eboli und Santuzza mit größtem Erfolg übernommen hat. Demnächst – im Mai – wird sie in Wien ihre erste Dalila geben und in zwei Jahren steht die erste Amneris beim Ehemann als Chefdirigent der Oper in Gran Canaria auf ihrem Terminkalender. Also keine Cenerentola, Octavian, Dorabella oder Sesto mehr, dafür kommt die Dido! Mitgenommen aus ihrem bisherigen Repertoire hat Elina Garanca hingegen die Carmen: eine Rolle, in der zwischen dem Chanson-haften Beginn und dem dramatischen Finale jeder Sängerin alles abverlangt wird. Nun ich erinnere mich noch sehr genau an die erste Carmen in Riga: ein Hippie-Mädel mit Glitzer „Hot Pans“ (die Handlung wurde ins Kuba von heute verlegt und der Torero war ein Box-Champion), später wechselte sie zwischen „blond“ und „schwarz, zwischen Zigeuner-Klischee und Postkarten-Erotik. Jetzt verwandelt sie sich zur Schwester von Lady Macbeth und Kundry, die beide in den nächsten Jahren zu erwarten sind. Diese Carmencita ist eine Freiheitskämpferin, eine Frau, die sich so verhält wie der „bunte Vogel“, der in der Habanera beschrieben wird. Aber neu ist die Todessehnsucht, mit der sie ihre erotische Spontanität kombiniert. Immer mehr – schon ab dem 2.Akt – verwandelt sich diese Carmen in einen „Todesengel“: eine stolze selbstbewusste Frau lässt ihren „Eros“ zurück und wird zum „Thanatos“. Siegmund Freud schrieb 1920 seine „Psychoanalyse“-Vision – 45 Jahre früher wurde Carmen uraufgeführt. Die starke Wirkung erklärt sich u.a. daraus, dass Elina Garanca mit ihrer vokalen Entwicklung nun viel besser mit dem 3.Akt „Karten-Arie:“toujours la mort!“ und dem großen Finale zurecht kommt. Die Stimme der Garanca hat ihre Leichtigkeit für Habanera und Seguidilla bewahrt, dafür erinnert sie im Finale an Heroinen, die als Ortrud oder Leonore(im Fidelio) reüssieren. Man darf sich über den aktuellen Fachwechsel jedenfalls sehr freuen.

10
Elina Garanca, Bryan Hymel. Copyright: Wilfried Hösl/ Bayerische Staatsoper

Am Ende Jubel, das für München typische „Trampeln“ und viele Vorhänge. Immerhin standen der lettischen Diva hochkarätige Kollegen zur Seite: Bryan Hymel erinnert in den ersten beiden Akten an Piotr Beczala, dann spielt er seine höhensichere Dramatik aus und zerbricht an dieser starken „Urmutter“; ausgezeichnet auch Escamillo – der Russe Alexander Vinogradov als glaubhafter Matador – und die aus Südadrika stammende Micaela von Golda Schultz. Eine liebreizende „Gegenspielerin“ von Carmen mit Lyrik und Strahlkraft. Ein kollektives Lob auch für den Rest der Besetzung (Callum Thorpe als Luxus-Zuniga, Sean Michael Plumb als Belcanto-Morales, nett das Gauner-Duo Johannes Kammler als Dancairo und Manuel Günther als Remendados; positiv fällt auch Mercedes:Alyona Abramowa auf, Gabrielle Philiponet verfügt hingegen über zu  wenig Material.

Exzellent das Orchester und der Chor der Bayerischen Staatsoper unter Karel Mark Chichon; der Pass-Brite ist ein seinem Temperament denn doch ein echter Spanier. Man wird auch von ihm noch viel hören!

Peter Dusek

 

 

Diese Seite drucken