Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: DIE WALKÜRE – Wagnerglück

20.01.2018 | Oper

München: “Die Walküre” – Bayerische Staatsoper – Wagnerglück. Vorstellung am 19.1.2018

.

.Bildergebnis für bayerische staatsoper die walküre
Immer wieder Stein des Anstoßes. Das Stampf-Ballett vor dem Walkürenritt.
© Wilfried Hösl

Einen hochkarätig besetzten Ring des Nibelungen gibt es zurzeit in München zu sehen. Die Besetzung wäre – abgesehen von einem Sänger, aber davon später mehr – auch festspielwürdig. Bei den Opernfestspielen im Juli 2018 wird es noch einmal eine Aufführung des gesamten Zyklus geben, dann mit Jonas Kaufmann als Siegmund. Vielleicht war deshalb der Ansturm beim diesjährigen Erstverkauf der Festspielkarten so groß, wie selten in den letzten Jahren. Wagners Ring und Jonas Kaufmann, das sind die Zugpferde beim Kartenverkauf!

Zunächst ist diese Walküre vom Umbesetzungspech verfolgt: Wolfgang Koch, der als Wotan geplant ist, muss krankheitsbedingt absagen. Aber gottseidank ist ja ein Alberich zur Hand, der auch den Wotan kann und auch schon 2016 in Bayreuth gesungen hat: John Lundgren. Und er war ein durchaus adäquater Wotan, auch wenn ich mir die große Erzählung im zweiten Aufzug mit noch mehr Legato in den langen Parlando-Passagen vorstellen könnte. Der Abschied von Brünnhilde gelang ihm sehr bewegend, mächtig über den Orchesterwogen das „Wer meines Speeres Spitze fürchtet…“.

Als Siegmund war Simon O’Neill zu hören. Er hat eine nasale, leicht quäkende Stimme, die aber nicht so sehr stören würde, wäre da nicht auch noch ein kaum vorhandenes Legato und eine seltsame Phrasierung. Vor allem am Anfang stört das doch sehr. Auch lässt er viele Silben aus, was zu unschönen Löchern in der Gesangslinie führt. Ab dem Schwertmonolog wird das dann besser, aber so richtiger Jubel in der Stimme stellt sich am Ende des ersten Aufzugs nicht ein. In der Todverkündigung gelingen ihm die schönen, langen Melodiebögen dann besser, das eher an einen Mime erinnernde Timbre trübt den Eindruck auch hier.

Dafür entschädigt Anja Kampe als Sieglinde mit leuchtenden, jugendlichen Soprantönen und makelloser, intelligenter Phasierung. Allein wie sie „dies Haus“, und etwas leiser „dies Weib“ und wieder kräftiger „sind Hundings Eigen“ sang. Da wurde das ganze Unglück dieser geschundenen Frau hörbar. Eine Phantastische Rollengestaltung! Sie wurde unter dem Jubel des Publikums am Ende der Vorstellung zur Bayerischen Kammersängerin ernannt.

Ain Anger gab mit leicht trockenem Bass eine gefährlich klingenden Hunding, die Höhen etwas eng,  ich meine, er hätte das in der Premierenserie besser gesungen.

Als Fricka darf Ekaterina Gubanova ihrem Wotan die Leviten lesen. Sie tut das mit schöner runder Stimme, sie muss nicht keifen, um die Tiefe ihrer Enttäuschung über die fortwährende Untreue Wotans deutlich werden zu lassen.

Einfach nur großartig ist Nina Stemme als Bünnhilde. Die Hojotoho-Rufe ein stimmgewaltiger Traum, von den extremen Höhen bis zum Oktavsprung nach unten ist sie die verspielte Lieblingstochter, die Todverkünderin und am Ende mit berückendem Piano die ergeben ihre Strafe erwartende Frevlerin. Sie ist einfach derzeit die beste Brünnhilde weltweit.

Zur Inszenierung: Im ersten Aufzug der Walküre passt Andreas Kriegenburgs Konzept vom „kollektiven Erzählen“ am wenigsten. Die Musik spricht von zunächst vorsichtiger, dann leidenschaftlicher Annäherung von Siegmund und Sieglinde. Wozu dann die Lichtfrauen, die zwischen den beiden und um sie herumwuseln? Besser dann der zweite Aufzug, wenn sich beim Streit mit Fricka die Rückwand der Bühne mit Wotans Schreibtisch immer weiter nach vorne schiebt und so das in die Ecke gedrängt sein des Göttervaters plastisch zum Ausdruck bringt. Allerdings schiebt Wotan die Wand dann wieder nach hinten: hat er mit dem Todesurteil für Siegmund seine Kräfte wiedergewonnen? Immer noch, auch vier Jahre nach der Premiere, erzeugt das Stampf-und Schnaub-Ballet der Walkürenpferde Buh-Rufe, aber auch Beifall. Beides nimmt dem Beginn des Walkürenritts seine Wirkung, schade.

Aber es gibt da ja auch noch Kirill Petrenko, den eigentlichen Star dieser Walküre. Wie gewohnt ist er flott, aber nicht gehetzt unterwegs. Er macht die Partitur durchhörbar, man entdeckt mit ihm immer wieder Neues in eigentlich vertrauten Stücken: hier ein kurzes Hornsolo, dort ein Aufleuchten des Schwertmotivs. Er wagt seht viel Piano, was Wagners Musik, die ja sonst als pathetisch und schwer verschrien ist, eine ungehörte Leichtigkeit Kostbarkeit und gibt. Bis zum wunderbar wogenden Ende entwickelt sich ein Sog der noch lange anhält. Wagnerglück.

Susanne Kittel-May

 

 

Diese Seite drucken