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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: „COSÌ FAN TUTTE“ – Premiere

27.10.2022 | Oper international

München: Bayerische Staatsoper: „COSÌ FAN TUTTE“ – Premiere, 26.10.2022

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Avery Amereau, Louise Alder, Sandrine Piau.Foto: Wilfried Hösl

Eine Neuproduktion von Mozarts „Così fan tutte“ hat es an der Bayerischen Staatsoper lange nicht mehr gegeben. Seit den frühen 90er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es die wunderschöne, zeitlose und beim Publikum sehr beliebte Produktion von Dieter Dorn. Aber irgendwann ist es eben Zeit für etwas Neues und so war man gespannt, welche Interpretation des Werkes man von dem australischen Regisseur Benedict Andrews zu sehen bekommen würde. Andrews schuf zusammen mit Bühnenbildnerin Magda Will und Kostümbildnerin Victoria Behr eine durchaus phantasievolle Produktion mit witzigen und romantischen Elementen, die es den Sängern im Großen und Ganzen ermöglichte, die eigentliche Handlung des Stückes darzustellen, was ja heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Nicht alle Ideen waren verständlich: Warum muss zum Beispiel ein Großteil des ersten Aktes in einer Garage mit SUV, auf dem munter herumgeturnt wird, spielen? Andere waren wieder überdeutlich: Herumfuchteln mit Sexspielzeug, ein rosa, aufblasbares Liebesschloss, das auch aus dem Erotikshop hätte stammen können. Im Vorfeld war zu lesen gewesen, dass es Benedict Andrews ein Anliegen war zu zeigen, dass „Così fan tutte“ auch das Publikum von heute noch berührt, weil Mozart hier die gesamte Gefühlswelt der Liebe, vom überbordenden Enthusiasmus frisch verliebter Paare über tiefgehende Zweifel und innere Kämpfe bis hin zur Abwendung von einem und Hinwendung zu neuen Partnern schildert, die die Menschen damals wie heute durchleben. Der Inszenierung gelingt es tatsächlich, solche tief bewegenden Momente zu schaffen und zwar immer dann, wenn sie sich zurückzieht und die Sänger einfach durch ihren Gesang, die Musik und die eigene schauspielerische Interpretation wirken lässt. In dieser Zeit wird das Publikum ganz vom zeitlosen Genie Mozarts in seinen Bann gezogen und kann sich in der Gefühlswelt der Liebenden auf der Bühne verlieren. Umso mehr, wenn ein so wunderbares Sänger-Ensemble auf der Bühne steht wie an diesem Abend.

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Sebastian Kohlhepp, Avery Amereau, Louise Alder, Konstantin Krimmel. Foto: Wilfried Hösl

Zuerst sei hier Louise Alder in ihrem Rollendebut als Fiordiligi genannt. Sie sang ihre Partie mühelos mit leichter, perlender und ausdrucksstarker Stimme und brachte den Zuschauern den inneren Kampf zwischen Treue und neuer Liebe in berührender Weise nahe. Ihr gegenüber stand Sebastian Kohlhepp als Ferrando. Er ließ sich zu Beginn der Vorstellung als „zwar wieder negativ aber nach einer Corona Infektion noch nicht wieder ganz zu Kräften gekommen“ ansagen. Von fehlender Kondition war aber nichts zu hören. Er gestaltete seine Rolle musikalisch wunderschön mit seinem klangschönen, weichen, flexiblen Tenor. Die Ensemblemitglieder Avery Amereau als Dorabella und Konstantin Krimmel als Guilelmo erreichten nicht ganz die Intensität und Ausdruckskraft von Alder und Kohlhepp, fügten sich aber sowohl musikalisch als auch darstellerisch gut in das Ensemble ein. Sandrine Piau legte die Rolle der Despina ironisch und witzig als etwas herbe, selbstbewusste Frau an, die sich den jungen Damen Fiordiligi und Dorabella an Lebenserfahrung und Klugheit weit überlegen fühlt. Der Strippenzieher des Verwechslungsspiels, Don Alfonso, ist in dieser Produktion ein vom Leben und der Liebe enttäuschter, zynischer Mann, der seinen Frust an glücklich liebenden Paaren abarbeitet. Christian Gerhaher zeichnete ein vorzügliches Portrait dieser Figur, adelte sie aber mit seinem reinen, absolut stilvollen und edlen Gesang. Vladimir Jurowski machte diese erste Premiere der Saison zur Chefsache. Die rasch und virtuos dargebotene Ouvertüre klang noch etwas unpointiert. Im Laufe des Stücks wurde das Spiel des Bayerischen Staatsorchesters dann nuancenreich und ausdrucksstark. Dank dem virtuosen Spiel der Musiker, dem profunden Dirigat Jurowskis und der großartigen Leistungen der Sänger konnte das Publikum ganz in die facettenreiche, von großer Leichtigkeit, aber auch tiefgehender Emotion geprägte Musik Mozarts eintauchen und einen wunderbaren musikalischen Abend genießen.

Am Ende gab es viel Applaus für alle Beteiligten, auch für den Regisseur. Ob die Inszenierung auch das Zeug zu einem Klassiker hat, wie die Vorgängerproduktion, bleibt abzuwarten. Dennoch scheint sie ein achtbarer Nachfolger zu sein.

Gisela Schmöger

 

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