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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: AIDA. Neuproduktion – 2. Vorstellung. Der Krieg kennt keine Sieger

19.05.2023 | Oper international

München: Bayerische Staatsoper: „AIDA“ – Neuproduktion, 18.05.2023

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Foto: Wilfried Hösl

Der Krieg kennt keine Sieger. So könnte man die Aussage von Damiano Michielettos Neuinszenierung von Giuseppe Verdis „Aida“ (Premiere am 15.05.) in einem Satz zusammenfassen. Selbst im ruhmreichen Ägypten lebt die kriegsmüde Bevölkerung schicksalsergeben in einer von Bombeneinschlägen gezeichneten Turnhalle (Bühne: Paolo Fantin, Kostüme: Carla Teti). Die Männer haben keine Lust mehr, in den Krieg zu ziehen und gehen nur sehr widerwillig. Zu Recht, denn aus dem zwar siegreichen Krieg kommt nur ein Häufchen Versehrter zurück inklusive ihres traumatisierten Anführers Radamès. Aida, die Vertreterin der anderen Kriegspartei, unterscheidet sich optisch (wie später auch Amonasro und die gefangenen Äthiopier) wie auch von ihrem Verhalten her in nichts von den Ägyptern. Sie leidet mit ihnen mit, versucht, so gut es geht, ein wenig Normalität aufrecht zu erhalten. Auch Amneris ist, mit Ausnahme ihrer etwas eleganteren Kleidung (Kostümchen statt Jogginghose) eine wie alle: frustriert und vom Leben enttäuscht. Diese eindrücklich vermittelte Grundaussage, dass der Krieg keinen unversehrt zurücklässt, ist stark und erschütternd. Leider versäumt es Michieletto aber, die Geschichte von Aida innerhalb dieses Rahmens zu erzählen. Vor lauter Gleichmacherei wird nicht oder erst sehr spät deutlich, wer die handelnden Personen eigentlich sind, wie sie zueinander stehen und warum die Liebesbeziehung zwischen Radamès und Aida etwas so Unerhörtes ist. Dies rächt sich vor allem im zweiten und dritten Akt, in dem der Regisseur seiner Hauptidee außer einem großen Ascheberg nichts mehr hinzuzufügen weiß, und die Sänger bei der Darstellung der gesamten restlichen Handlung völlig auf sich gestellt sind. Nicht alle sind so gute Schauspieler als dass sie unter diesen Voraussetzungen noch eine emotional packende Rollengestaltung zeigen können. So muss man die Arbeit Michielettos trotz des starken Grundgedankens letztlich als verunglückt bezeichnen.

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Brian Jagde, Elena Stikhina. Foto: Wilfried Hösl

Musikalisch war die Aufführung aber auf jeden Fall ihren Besuch wert. Daniele Rustioni und das Bayerische Staatsorchester hoben die kammermusikalischen, leisen Passagen besonders hervor und schufen so eine beseelte, lyrische Atmosphäre, die das trostlose Geschehen auf der Bühne zuweilen etwas aufhellte. In den pompösen Passagen ließ Rustioni das Orchester nicht auftrumpfen, sondern versammelte es zu einem machtvollen, beeindruckenden, eher düsteren Klang. Unter den Sängern begeisterte vor allem Elena Stikhina als Aida. Mit ihrem lyrischen, mühelos über dem Orchester schwebenden Sopran und ihrer gefühlvollen Interpretation konnte sie dem Publikum die Emotionen Aidas auf musikalischem Weg in berührender Art und Weise vermitteln und die unzureichende Personenregie vergessen machen. Brian Jagde überzeugte als Radamès mit seiner kräftigen, wohlklingenden Stimme, mit der er die fordernde Partie ohne Anstrengung und sehr souverän meisterte. George Petean sang den Amonasro kraftvoll und packend. Leider wusste die Regie mit seiner Figur am wenigsten anzufangen, so dass er trotz seiner sehr guten Gesangsleistung in dem ganzen Ensemble etwas unterging. Sehr präsent war dagegen sowohl stimmlich wie auch darstellerisch Alexander Köpeczi als Ramfis. Einzig Anitia Rachvelishvili als Amneris fiel in dem starken Sängerensemble etwas ab. Über die gesamte Vorstellung machten sich Höhen- und Intonationsprobleme bemerkbar. In mittlerer und tiefer Lage klang ihre Stimme dagegen nach wie vor glutvoll und raumfüllend.

Das Publikum zeigte sich von der Vorstellung mehrheitlich angetan und spendete den Mitwirkenden heftigen, wenn auch nicht allzu lange andauernden Applaus.

Gisela Schmöger

 

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