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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: „7 DEATHS OF MARIA CALLAS“ – Ein Opernprojekt von Marina Abramović

07.09.2020 | Oper international

Opern-Kritik: Bayerische Staatsoper München – 7 Deaths of Maria Callas
Foto: Wilfried Hösl

München: Bayerische Staatsoper: „7 DEATHS OF MARIA CALLAS“ – Ein Opernprojekt von Marina Abramović, 05.09.2020:

Was ist „7 Deaths of Maria Callas”? Eine von Maria Callas inspirierte Performance von Marina Abramović mit passender Musik als Untermalung oder doch eine Oper oder zumindest ein „Opernprojekt“, wie es auf dem Besetzungszettel heißt? Von letzterem darf man wohl ausgehen, wenn das Stück an einem der renommiertesten Opernhäuser der Welt zur Saison- und Nach-Corona-Eröffnung gegeben wird. Wenn man die Produktion also als Oper nimmt, setzt sich in ihr der in den letzten Jahren leider immer weiter voranschreitende Trend fort, durch riesige Video-Installationen von Musik und Sängern abzulenken und eine Inszenierung nicht mehr dazu zu nutzen, die Musik, die Handlung und den Gehalt des Stückes zu interpretieren, sondern zur reinen Selbstdarstellung der Regisseure. So sieht der Zuschauer im Nationaltheater riesige Videoeinspielungen, die Marina Abramović, zum Teil zusammen mit Hollywood-Schauspieler Willem Dafoe, zeigen, wie sie die verschiedenen Todesarten von sieben Opernheldinnen, mit denen man Maria Callas in Verbindung bringt, darstellt. Der Übergang von einer Szene zur anderen besteht aus Wolkenbildern, vom romantischen Sonnenuntergang über die klare Mondnacht zur bedrohlichen Wolkenformation und zum Wirbelsturm. Dazu werden die jeweilige Heldin charakterisierende, von Abramović gesprochene Texte eingespielt.


Foto: Wilfried Hösl

Als Untermalung dieser Selbstdarstellung der Performance-Künstlerin singen sieben junge Sängerinnen Arien aus „La Traviata“, „Tosca“, „Otello“, „Madama Butterfly“, „Carmen“, „Lucia di Lammermoor“ und „Norma“. Dabei sind sie in graue Krankenschwester-Kittel gekleidet, was nicht dazu beiträgt, dass man sie unter den riesigen Videoinstallationen besser sieht. Aus meiner Sicht ist das eine Zumutung für die Sängerinnen und führt die Kunstform Oper ad absurdum. Eine Chance bietet dieses Konzept allerdings Künstlerinnen und Publikum: Man merkt sofort, wer von den jungen Sängerinnen eine unmittelbar berührende Stimme und eine so herausragende Persönlichkeit besitzt, dass die Zuschauer trotz der widrigen äußeren Umstände sofort von ihr fasziniert und begeistert sind. Dies war an diesem Abend bei Adela Zaharia der Fall. Sie sang die Wahnsinnsszene der Lucia nicht nur mit virtuosen, reinen Koloraturen, sondern begeisterte zudem mit ihrer warmen, ausdrucksvollen Stimme und ihrer gefühlvollen Interpretation. Ihr am nächsten kamen Selene Zanetti mit einem leidenschaftlich gesungenen „Vissi d’arte“ aus „Tosca“ und Hera Hyesang Park mit „Addio del passato“ aus „La Traviata“. Die anderen Sängerinnen, Leah Hawkins, Kiandra Howarth, Nadezhda Karyazina und Lauren Fagan, konnten sich dagegen nicht wirklich profilieren. Vor allem Lauren Fagan als Norma hatte es schwer, erklingt doch am Ende des Stücks die Stimme von Maria Callas selbst mit einem Ausschnitt aus „Casta Diva“. Zwischen den einzelnen Opernarien kamen zu den Übergangsszenen elektronische, nach Weltraum-Filmmusik klingende Kompositionen von Marko Nikodijević vom Band. Als Vorspiel und zur letzten Szene, die im Schlafzimmer von Maria Callas‘ Pariser Wohnung stattfindet, spielte das Bayerische Staatsorchester unter Yoel Gamzon weitere Musikstücke des Komponisten, die zuweilen klang, als spiele jeder das, was ihm gerade einfällt. Insgesamt war der Abend als Opernprojekt eine Enttäuschung, als Performance-Projekt von Marina Abramović war er durchaus interessant, gehört aber meiner Meinung nach nicht unbedingt in ein Opernhaus.

Gisela Schmöger  

 

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