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MÜNCHEN/ BallettFestwoche des Bayerischen Staatsballetts: ONEGIN

19.04.2018 | Ballett/Performance


Ivy Amista, Vladimir Shklyarov. Copyright: Sasha Gouliaev

München: BallettFestwoche des Bayerisches Staatsballetts: „ONEGIN“, 18.04.2018:

Nachdem das Bayerische Staatsballett die BallettFestwoche 2018 mit einer zeitgenössischen Premiere eröffnet hatte, waren die folgenden Tage von bekanntem und beim Publikum besonders beliebten Repertoire geprägt: den drei großen Cranko-Balletten „Der Widerspenstigen Zähmung“ mit den Gaststars Natalia Osipova und Sergej Polunin, „Romeo und Julia mit den Staatsballettsolisten Ksenia Ryzhkova und Jonah Cook sowie „Onegin“ mit Mariinsky-Principal Vladimir Shklyarov und Ivy Amista. Wie auch schon bei seinem Maßstäbe setzenden Debut im Februar machte Vladimir Shklyarov in der Titelpartie die Vorstellung am 18.04. zu einem Erlebnis, das dem Publikum lange im Gedächtnis bleiben wird. Sobald er die Bühne betritt, sieht man sich der Romanfigur Alexander Puschkins gegenüber. Ein eleganter, leicht herablassender, aber ungemein gewandter und faszinierender junger Mann bringt die Aura der Großstadt in das hausbackene Landleben der Familie Larin. Kein Wunder, dass sich die schwelgerische Tatjana sofort in ihn verliebt und von ihm träumt. In diesem Traum wendet sich Onegin Tatjana zwar zu, bleibt aber die unwirkliche und geheimnisvolle Gestalt, die eine Traumfigur eben ist. Den Gefühlen Tatjanas steht Vladimir Shklyarovs Onegin nicht völlig gleichgültig gegenüber. Vielmehr ist es die enge Welt des Landlebens, die in daran hindert, sich ihr zu öffnen. Ein fataler Fehler, wie sich nach vielen Jahren herausstellt, als Onegin, vom Leben enttäuscht, Tatjana wiederbegegnet, sich leidenschaftlich in sie verliebt und verzweifelt versucht, sie zurückzugewinnen. All dies brachte Vladimir Shklyarov in seinem Tanz zum Ausdruck, wobei er die Rolle derart verinnerlicht hat, dass er keine großen Gesten oder ausladende Bewegungen braucht, sondern mit seiner Körpersprache alle Facetten des Charakters zeigen kann. Er spielte Onegin nicht, er war es!

Eine sehr gute Partnerin war ihm Ivy Amista als Tatjana. Sie konnte sowohl das scheue, introvertierte, romantisch verliebte Mädchen der ersten beiden Akte als auch die elegante, selbstbewusste, leidenschaftliche Frau des dritten Akts überzeugend darstellen. In den Pas de deux mit Vladimir Shklyarov und Emilio Pavan (Fürst Gremin) zeigte sie ihre ganze tänzerische Klasse. Das zweite Solopaar, Olga und Lenski wurde an diesem Abend von Lauretta Summerscales und Jonah Cook getanzt. Beide beherrschten ihre Partien sowohl tänzerisch als auch schauspielerisch souverän. Jonah Cook, der gerade in der BallettFestwoche sehr viel beschäftigt ist, sah man ein wenig an, dass die Rolle des Lenski seinem Herzen wohl nicht am nächsten steht. Hie und da wirkte seine Interpretation ein wenig zu äußerlich, als dass sie wirklich tief berühren konnte. Séverine Ferrolier als Madame Larina und Elaine Underwood als Amme nahmen ihre kleinen Partien schauspielerisch sehr ernst und schufen zusammen mit dem ausgezeichneten Corps de ballet den Solisten eine inspirierende Atmosphäre. Myron Romanul leitete das Bayerische Staatsorchester, das sich, anders als die Tänzer, doch einige Nachlässigkeiten erlaubte. Ein ergriffenes und tief berührtes Publikum spendete begeisterten Applaus.

Gisela Schmöger

 

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