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MORTDECAI – DER TEILZEITGAUNER

19.01.2015 | FILM/TV, KRITIKEN

FilmPlakat Mordechai~1

Ab 22. Jänner 2015 in den österreichischen Kinos
MORTDECAI – DER TEILZEITGAUNER
Mortdecai / USA / 2015
Regie: David Koepp
Mit: Johnny Depp, Ewan McGregor, Gwyneth Paltrow, Paul Bettany, Jeff Goldblum u.a.

Versprochen wird eine Gaunerkomödie um einen Kunsthändler mit nicht ganz sauberen Händen – das soll es geben. Im Leben ebenso wie auf der Leinwand. Zuletzt hatte man es als „Gambit – Der Masterplan“ mit Colin Firth. Da ging es um die Fälschung von einem von Monets Getreideschober-Gemälden. Angelpunkt sind dann gern die Nazis, die alles zusammen gestohlen haben und aus deren illegalen Beständen nicht alles wieder in die Kunstwelt zurückkehrte. Das Schicksal erlitt (in diesem Film) angeblich auch eine schöne Nackte von Goya, von Göring einkassiert und zusätzlich, zur Erhöhung ihrer Kostbarkeit, auf der Rückseite mit der Nummer seines geheimen Schweizer Bankkontos versehen…

Dass alle Welt hinter einem solchen Bild her ist, versteht sich, und man würde gern ein paar echte Blicke in die kriminelle Szene werfen. Es dürfte auch amüsant sein. Aber „Mortdecai – Der Teilzeitgauner“ ist ein Johnny Depp-Film und damit für nichts anderes geeignet, als wieder einmal eine Slapstick-Blödelkomödie für einen Schauspieler abzugeben, dessen ewig gleiche Masche längst ermüdet. Das hat auch das Kinopublikum kundgetan, das Depps letzte Großproduktion „Lone Ranger“ an den Kassen gnadenlos durchfallen ließ. „Mortdecai“ würde ein ähnliches Schicksal verdienen, allein für die vielen billigen Witze, die nicht die Lachmuskeln, sondern die Nerven des Publikums schädigen.

Depp spielt einen englischen Lord mit Superschloß und Supergattin: Gwyneth Paltrow, so superschlank, dass ihr die Knochen herausstehen, und voll Abscheu gegen die neueste Errungenschaft des Gatten. Tatsächlich will der Film einen Teil seiner Komik (!) daraus gewinnen, dass Lord Charles Mortdecai neuerdings einen gezwirbelten Schnurrbart à la Hercule Poirot trägt und Lady Johanna ihn daraufhin weder küssen noch in ihr Schlafzimmer lassen will.

Zweiter Running Gag des Films, für den sich immerhin ein Schauspieler wie Paul Bettany hergibt, der doch einst in vielen Charakterrollen zu sehen war: Er spielt den immer präsenten Bodyguard, Chauffeur, Kammerdiener, aufopfernden Mann für alles, der seinen Lord dauernd rettet, sich prügeln lässt und dafür mit nichts anderem als jeder Menge sexueller Abenteuer belohnt wird.

Sir Charles, der acht Millionen Pfund Schulden hat, versucht dieses Geld als Kunsthändler ohne Ehrenkodex herein zu bekommen, und da kommt ihm der verschollene Goya sehr recht. Zu diesem Zweck „reist“ der Film (allerdings mit Sicherheit nicht an den Originalschauplätzen gefilmt!) von London mal nach Hongkong, mal nach Moskau (wo ein böser Oligarch ihn foltern will), mal nach Los Angeles (wo Jeff Goldblum als skrupelloser Sammler wohnt). Wenn es am Ende um die Versteigerung des Bildes geht, verliert das Drehbuch vor lauter Geblödel jede Übersichtlichkeit und wird zum ultimativen Chaos. Selbst ein Schauspieler vom Format eines Ewan McGregor muss als MI 5-Kapazunder nur zur Albernheit beitragen.

Regisseur David Koepp hat sich nie bemüht, hier etwas mehr zu bieten als ein Vehikel für Johnny Depp. Dieser erscheint diesmal mit rotbraunem Haar, Bart, stetem Gezappel, enervierend in Slapstick „Ooochs!“ ausbrechend und keine Sekunde lang zeigend, dass er überhaupt weiß, was Niveau ist. Man muss schon ein bis zur Besinnungslosigkeit verblendeter Fan von ihm sein, um freiwillig einen Fuß in diesen Film zu setzen.

Heiner Wesemann

 

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