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MORITZBURG bei Dresden/ Schloss, Kirche und andere Spielstätten: STREIFLICHTER VOM 26. MORITZBURGFESTIVAL

27.08.2018 | Konzert/Liederabende

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Copyright: Moritzburg-Festival/ Oliver Killig

Moritzburg bei Dresden/ Schloss, Kirche und andere Spielstätten: STREIFLICHTER VOM 26. MORITZBURGFESTIVAL – 11. bis 26.8.2018

Jedes Jahr im August verwandelt sich der, idyllisch zwischen 22 Teichen, sogenannten „Himmelsseen“, die nur vom Regenwasser gespeist werden, gelegene, Kunst- und geschichtsträchtige Ort Moritzburg vor den Toren Dresdens in einen Ort des kulturellen und künstlerischen Lebens und Austauschs, an dem sehr unterschiedliche Kulturen zusammenkommen und sich bei der immer wieder neuen Erarbeitung und Aufführung von Kammermusikwerken in dynamischen Besetzungen austauschen und gegenseitig bereichern, ein Ort der Emotionen und der gemeinsamen kulturellen Erlebnisse für Künstler und Publikum.

In diesem Jahr fand das, 1993 in Anlehnung an das berühmte „Marlboro Festival“ (USA) gegründete, alljährlich stattfindende und sich größter Beliebtheit bei Teilnehmern und Besuchern erfreuende Moritzburg Festival bereits zum 26. Mal statt. 25 Stars der internationalen Klasse probten zusammen mit talentierten Nachwuchskünstlern aus aller Welt und präsentierten danach die Ergebnisse ihrer Arbeit in Schloss Moritzburg, Schloss Proschwitz bei Meißen, der Evangelischen Kirche Moritzburg (im Gegensatz zur Katholischen Schlosskapelle), der alten Dorfkirche in Steinbach (bei Moritzburg) sowie im König Albert Theater in Bad Elster, in Dresden in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen und auch an ungewöhnlichen Spielstätten wie einem Hangar der Elbe Flugzeugwerke.


Intendant Jan Vogler bei „seinem“ Moritzburg-Festival. Copyright: Moritzburg-Festival/ Oliver Killig

Das diesjährige Festival brach alle bisherigen Rekorde. Die zahlreich herbeiströmenden Besucher, über 6.300, konnten in 14 Konzerten, 3 Porträtkonzerten und 1 Tourkonzert (Bad Elster) die Ergebnisse intensiver Probenarbeit sowie in 3 Öffentlichen Proben hautnah auch die „Erarbeitung“ einer Kammerkomposition und in der Flugzeughalle nebenher sogar die Entstehung einer Passagiermaschine live miterleben sowie auch per TV (12.08.), Rundfunk-Live-Übertragung (21.8.) und Aufzeichnung (28.8. vom 19.8.) teilhaben. 23 namhafte internationale Solistinnen und Solisten, waren der Einladung des Intendanten Jan Vogler, der selbst auch aktiv als Cellist mitwirkte, gefolgt. Mit Dai Fujikura kam in diesem Sommer erstmals ein japanischer Composer-in-Residence nach Moritzburg, der in einem Komponistengespräch mit Jan Vogler auch über seine Arbeit sprach.

Erlesene Höhepunkte waren u. a. die „Argentinische Nacht“ auf Schloss Proschwitz (17.8.) und der „Skandinavische Sommer“ in der Moritzburger Kirche, aber eigentlich war fast jedes Konzert ein besonderer Höhepunkt. Hier kann jedoch nur über einige Veranstaltungen näher berichtet werden, die stellvertretend für die Fülle der angebotenen Events stehen sollen.

Den Auftakt bildete das ERÖFFNUNGSKONZERT (11.8.) in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen (11.9.), bei dem „Intermezzo und Nocturne“ aus „Ein Sommernachtstraum“ (op. 61) von Felix Mendelssohn-Bartholdy, die „Sinfonie Nr. 5 B‑Dur“ (D 485) von Franz Schubert und das „Konzert für Flöte, Harfe und Orchester C‑Dur“ (op. 61) von W. A. Mozart mit den Solistinnen Marina Piccinini, Flöte und Anneleen Lenaerts, Harfe, auf dem Programm standen. Die belgische Harfenistin Anneleen Lenaerts hatte schon 2016 mit einem Solo-Konzert in Schloss Wackerbarth nachdrücklich auf sich aufmerksam gemacht (s. online-Merker, 6.6 2016).

Das unter der Leitung von Josep Caballé Domenech musizierende Moritzburg Festival Orchester, bestehend aus 32 jungen Musikerinnen und Musikern (17-26 Jahre), die von einer internationalen Jury für die Moritzburg Festival Akademie, das ambitionierte Nachwuchsförderprojekt mit international hervorragendem Ruf als „kreative Werkstatt“ (Leiterin: Mira Wang), ausgewählt wurden – in diesem Jahr aus fast 600 Bewerbern aus 15 Nationen -, wurde vom Publikum begeistert gefeiert und „antwortete“ auf dessen “Zugabe“-Rufe mit der Ouvertüre zu „La Scala di Seta“ von Gioacchino Rossini.

Die jungen Musiker gestalteten außerdem neben der traditionellen „LANGEN NACHT DER KAMMERMUSIK“ in der Moritzburger Kirche (16.8.), bei der das Publikum jedes Jahr abstimmt, welche Formation am besten gefallen hat, auch das ungezwungene PROSCHWITZER MUSIK PICKNICK (12.8.), bei dem die Besucher (ohne Konzertbestuhlung) leger auf der weitläufigen, von Weinhängen umgebenen, Wiese im Park von Schloss Proschwitz „Platz nehmen“. In diesem Jahr war der Sommer wie geschaffen für Open-Air-Veranstaltungen (abgesehen von den Auswirkungen der Trockenheit auf die Natur (was hier kaum auffiel).

Die Palette der Komponisten war an diesem Sonntagvormittag breit gefächert und abwechslungsreich. Wie auch in den Konzerten mit den „Profis“ wurde jedes Musikstück traditionsgemäß in jeweils anderer Besetzung musiziert, hier oft nur ein Satz, seltener auch zwei, damit möglichst viele – hier 27 – der jungen Musiker “ zu Wort“ kommen bzw. „Gehör“ finden können. In einem Fall wurden auch alle vier Sätze gespielt – bei dem heiteren, von den jungen Musikern sehr schön untereinander abgestimmten „Bläserquintett“ von Franz Danzi. Die Mehrheit bildeten Sätze aus Streichquartetten von E. Grieg, L. Boccherini, J. Haydn, L. v. Beethoven und D. Schostakowitsch in klassischer Besetzung. Ebenfalls in klassischer Streichquartett-Besetzung, aber mit „schrägen“ Tönen bereicherte P. Hindemiths „Armeemarsch“ und „Ouvertüre zu ‘Wasserdichter und Vogelbauer‘ “ aus „Minimax“ (eine Parodie auf die einst sehr beliebte, jetzt aber fast vergessene Operette „Dichter und Bauer“ von F. v. Suppé) das Programm mit umwerfendem Humor.

Für eine „andere Farbe“ sorgten das eröffnende „Flötenquartett D-Dur“(KV 285) von W. A. Mozart und zwei ungewöhnliche Instrumentalformationen in seltener Besetzung, ein virtuos gespieltes (Streicher-)Duo für Violoncello und Kontrabass „a capella“ von G. Rossini, bei der sich die Melodiestimme des Cellos mit singendem Ton über eine mitunter gleichförmige Begleitung des Kontrabasses erhob, sowie ein (Bläser-)Duo für Klarinette und Fagott von L. v. Beethoven, in beiden Fällen ein besonders interessantes Klangerlebnis.

Die Qualität der Konzerte ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Während in den ersten Jahren die Auswahl noch relativ gering war, kommen jetzt Bewerber mit bereits sehr reifen Leistungen und trotz ihrer Jugend zum Teil schon professionellen Erfahrungen nach Moritzburg. Viele von ihnen waren zum ersten, andere zum wiederholten Mal dabei. Es reisen nur Einzelmusiker an, keine kompletten Kammermusikformationen. Sie treffen sich erst in Moritzburg, um innerhalb von drei Wochen trotz unterschiedlicher Schulen, Stilrichtungen, Auffassungen und Interpretationsstilen gemeinsam weiter am perfekten Zusammenspiel zu arbeiten, zu lernen, aufeinander zu hören und das mit Spannung erwartete Ergebnis ihrer Probenarbeit in den Konzerten zu präsentieren.

Etwas später traf die internationale Elite der Kammermusik ein. In drei öffentlichen Proben hatten die Besucher Gelegenheit (auch die, die keine Karten für die Konzerte mehr erhalten hatten), einen Teil der Konzertprogramme und die „Verständigung“ bei der Probenarbeit mitzuerleben, leider oft etwas „zu viel der „Absprachen“ (auf Show) wie bei folgender ÖFFENTLICHEN PROBE (14.8.). Da wurde ein Satz aus dem „Streichquartett g‑Moll“ (op. 27) von Edvard Grieg ca. 45 Minuten lang „besprochen“ bzw. zerredet, was bei diesen Musikern (Danbi Um, Paul Huang, Nicholas Cords, Narek Hakhazaryan) wohl kaum in diesem Ausmaß erforderlich gewesen wäre und wodurch dieser Satz kaum noch als solcher zu erkennen war und schon gar nicht in seiner klanglichen Schönheit. Man hatte erwartet, dass man ihn nach so viel „Verständigungsprobe“ wenigstens noch einmal in Gänze hören könnte, aber vergebens.

Nach diesem „Wermuthtropfen“ wirkten die „nahtlos“ musizierte “Sonate Nr. 6 D‑Dur La Tempesta“ von Gioachino Rossini (Mira Wang, Danbi Um, Floris Mijnders, Janne Saksala) mit nur einmal “Abklopfen“ am Anfang (was vermutlich auch nicht nötig war) und erst recht das „Klaviertrio B‑Dur“ (D 898) von Franz Schubert wie “Seelenbalsam“. Bei letzterem orientierte der Pianist Olli Mustonen dann jedoch leider mit übertriebener Gestik und hartem Anschlag mehr auf persönliche Virtuosität, als auf kongenialen Zusammenklang und gemeinsame Gestaltung der sensiblen Musik Schuberts, die der feinsinnige Geiger Paul Huang und Jan Vogler mit seinem „singendem“ Cello sehr klangvoll wiedergaben. Sie hatten Schuberts Musik verinnerlicht. Am nächsten Tag fand dann das Konzert (ohne Unterbrechung) statt.

Den Konzerten hatte Jan Vogler erstmals in diesem Jahr programmatische Titel nach einem speziellen Werk des Abends gegeben und dazu passende andere Werke ausgesucht. Stellvertretend für die vier Konzerte im Speisesaal des Schlosses Moritzburg mit den klangvollen, von berühmten Streichquartetten entlehnten Namen wie „INTIME BRIEFE“ (L. Janacek), „GEISTERTRIO“ (L. v. Beethoven) und „SONNENAUFGANG“ (J. Haydn) soll der Abend unter dem Motto „AUS MEINEM LEBEN“ – wie das Streichquartett von Bedrich Smetana (24.8.) stehen, ein Abend voller erlesener Kammermusik, erlesen wiedergegeben.

Der aus Moskau stammende Geiger Alexander Sitkovetsky, der seit seinem ersten Auftritt beim Moritzburg Festival inzwischen zu einem hervorragenden Geiger gereift ist, im vergangenen Jahr mit seinem Können faszinierte und jetzt u. a. auch für den erkrankten Kai Vogler eingesprungen war, die (süd-)koreanische Geigerin und begeisterte Kammermusikspielerin Danbi Um und der renommierte Bratschist Richard O’Neill eröffneten diesen Abend mit dem „Streichtrio D‑Dur (op. 21) von Sergej Tanejew in makelloser Interpretation und geistiger Übereinstimmung, ein nicht allzu schweres, für einen befreundeten Amateurgeiger geschriebenes, sehr ansprechendes Werk, in dem sich Tanejew, der ehemalige Direktors des Moskauer Konservatoriums und Freund und strenger, aber ehrlicher Kritiker der Werke P. I. Tschaikowskys, leicht rückwärtsgewandt, an Beethoven und sogar den Formen der Vorklassik orientierte und den Kontrapunkt zu perfektionierten suchte. Er bezeichnete es selbstironisch als “Kindertrio“.

Ganz anders brachten Danbi Um sowie Ran Jia am Klavier und Floris Mijnders, Violoncello das „Klaviertrio Nr. 1 c‑Moll“ (op. 8) von Dmitri Schostakowitsch zu Gehör, bei dem der 17jährige Komponist das romantische Erbe mit einem Augenzwinkern annimmt und sich schon der Moderne zuwendet, indem die romantische Idylle immer wieder durch abrupte wilde, energische und sehr virtuose Passagen unterbrochen wird.

Für die „Fünf Lieder“ (op. 10) von Fanny Hensel: „Nach Süden“ „Vorwurf“ „Abendbild“ „Im Herbste“ und „Bergeslust“ in einer Transkription für Sopran und Streichquartett (Otfrid Nies) und weitere Gesangsbeiträge in anderen Konzerten war ursprünglich die britisch-deutsche Sängerin Sara Wegener vorgesehen, die jedoch infolge eines Unfalls absagen musste. Für sie war sehr kurzfristig die koreanische Sopranistin und international gefragte Interpretin von Repertoire des 17. und 18. Jahrhunderts, aber auch zeitgenössischer Musik, Yeree Suh eingesprungen. Sie hatte bereits innerhalb von drei Tagen „Accompanyiung Franz“ für Gesang von Dai Fujikura einstudiert und im Konzert (21.8.) dargeboten. Mit ihrer sicheren Stimmführung, klarem Timbre und einer mit dem Klang der Instrumente von Danbi Um und Abigél Králik, Violinen, Nils Mönkemeyer, Viola und Floris Mijnders, Violoncello übereinstimmend kommunizierenden, wenn auch in der Höhe weniger geschmeidigen, Stimme sorgte sie für allgemeine Begeisterung.

Als fulminanter Höhepunkt beschloss das „Streichquartett Nr. 1 e‑Moll “Aus meinem Leben“ von Bedrich Smetana, das dem Abend den Namen gab, den Reigen sehr verschiedenartiger Kammermusikwerke, überwältigend ausgeführt von dem jungen amerikanischen Violinisten Benjamin Beilmann, der das Quartett mit opulentem Klang und stilistischerer Reife anführte, dem feinfühligen Geiger Paul Huang, Richard O‘Neill, Viola und Jan Vogler, Cello.

Von den beiden Konzerten in der Evangelischen Kirche Moritzburg mit vorangestelltem Porträtkonzert sei hier das Konzert unter dem Motto „AUF DEM STROM“ (25.8.) erwähnt, dem ein Vokalwerk: „Auf dem Strom“ für Gesang, Violoncello und Klavier von Franz Schubert (D 943) den Namen gab. Bereits die einleitende Stimme von Jan Voglers Cello war „Gesang“, zu dem sich die Sopranstimme von Yeree Suh gesellte. Das Cello „sang“ gemeinsam mit der Sängerin, fast wie „zwei menschliche Stimmen“ und „Gesangs“-Partner, dazu Ran Jia am Klavier. Yeree Suh ist eine charismatische Persönlichkeit mit großer Ausstrahlung. Ihre Stimme ist weniger geschmeidig, eher sachlich klar, aber sie versteht es, ergänzend mit kleinen Gesten, Bewegungen der Hände und Mimik einen überzeugenden Gesamteindruck zu erzeugen.

Wenn man so will, hat auch das „Klavierquartett Nr. 1 c‑Moll (op. 15)“ von Gabriel Fauré einen Bezug zum Wasser – mit Sommer, Sonne, Urlaubsfreuden, denn Fauré begann mit der Komposition während eines Sommeraufenthaltes in der Normandie. Perfekt aufeinander eingespielt und eingestimmt, musizierten William Youn einfühlsam am Klavier, nicht vordergründig, sondern gleichberechtigt mit Benjamin Beilmann, der sehr eindrucksvoll, intelligent und mit „einschmeichelnder“ Violine den guten Ton angab, Nils Mönkemeyer mit virtuosem Bratschenpart und dem Cellisten Henri Demarquette zwischen Vehemenz, Temperament und Sensibilität.

Der 1. Satz kam mit Eleganz und scheinbarer Schwerelosigkeit daher, feinsinnig, leicht tänzerisch und sensibel ausklingend. Schwungvoll und mit viel überschäumendem Temperament präsentierte sich der 2. Satz, melancholisch der 3. Satz, bei dem Faurés Niedergeschlagenheit aufgrund persönlicher Ereignisse immer wieder durchscheint und wieder temperamentvoll der 4. Satz. Die vier idealen Kammermusikspieler bildeten eine „organische“ Einheit. Der gute Klang ihrer Instrumente „mischte“ sich unmerklich und doch spürbar miteinander. Es war ein ausgewogenes Quartettspiel, bei dem tatsächlich immer “alles im Fluss“ und somit ein schöner Beitrag zum Thema war.

„Übers große Wasser“, den „großen Teich“ führte dann schließlich das „Streichquintett Es‑Dur (op. 97), das „Amerikanische Quintett“, das Antonín Dvořák ebenfalls in einem Sommerurlaub während seiner Zeit in Amerika in Iowa komponierte. Hier waren die Musiker nicht „Auf dem Strom“, sondern standen wie elektrisiert „unter Strom“. Es wurde sehr lebhaft, mit jugendlichem “Ungestüm“, Vehemenz und Frische musiziert, aber auch die langsamen Passagen kamen zu ihrem Recht und wurden mit Sensibilität „ausgekostet“. Der Geiger Paul Huang bestach auch hier mit seiner Feinfühligkeit und edlem Klang. Er hatte die Spezifik der Musik Dvořáks erfasst und schien mitunter innige „Zwiesprache“ zu halten, so ganz versunken war er darin und führte das Quintett als Primarius nicht nur technisch, sondern auch geistig und klanglich an, bis alles frisch und energiegeladen einem vehementen, fulminanten Schluss entgegenstrebte.

In einem 30minütigen, dem Konzert vorangestellten, PORTRÄTKONZERT (25.8.) stellten sich Paul Huang und Danbi Um, Violinen und Ran Jia, Klavier, dem Publikum mit drei Stücken vor und begannen in schöner Übereinstimmung mit der „Suite g‑Moll“ (op. 71) von Maurice Moszkowski. Es folgte die „Hebräischen Elegie“ der US-amerikanischen Komponistin und Geigerin Amy Barlowe (*1952), eine Komposition zwischen Virtuosität, Schönklang und sehr viel Temperament, die vor allem von technischen Schwierigkeiten geprägt ist, aber es gibt dazwischen auch einschmeichelnde, volkstümliche Klänge.

Vor dem mitreißenden „Navarra“ (op. 33) von Pablo de Sarasate gab es einen kollegialen Seitenwechsel der beiden Violinen, die dann in völliger Übereinstimmung in der temperamentvollen Musik schwelgten, in die das Klavier sehr hart und laut hereinbrach, was nicht automatisch Leidenschaft bedeutet und eher die heitere Stimmung störte.

Nach 14 Tagen musikalischer Höhepunkte in seltener Konzentration ging das Moritzburg Festival mit dem ABSCHLUSSKONZERT (26.8.) mit einem rein romantischen Programm in der Moritzburger Kirche zu Ende. Yeree Suh sang zu Beginn „Sechs Gesänge“ (op. 107) für Sopran und Streichquartett (Danbi Um, Abigél Králik, Richard O’Neill, Henri Demarquette) von Robert Schumann in ähnlicher Weise wie in den vorangegangenen Konzerten. In der tieferen Lage klang die Stimme warm und angenehm, geschmeidig und fließend, in der Höhe allerdings mitunter etwas hart, aber immer klar und zuweilen auch ans Dramatische grenzend.

Bei dem „Klaviertrio Nr. 2 b‑Moll“ (op. 5) des in Lommatzsch, mitten in Sachsen, geborenen und in Prag, Wien und Budapest lebenden Robert Volkmann (1815-1883) war Abigél Králik für den erkrankten Kai Vogler eingesprungen und harmonierte in schönster Weise mit dem sanglichen Cello von Floris Mijnders und dem hier nur leicht vordergründigen Klavierpart von Ran Jia.

Das „Streichoktett Es‑Dur“ (op. 20) von Felix-Mendelssohn-Bartholdy führte wieder der geniale Benjamin Beilmann mit Schwung und Intelligenz an. Das Oktett aus professionellen, aber auch jungen Musikern (Danbi Um, Abigél Králik, Paul Huang, Nils Mönkemeyer, Richard O’Neill, Jan Vogler, Henri Demarquette) fand trotz unterschiedlicher künstlerischer Mentalität zu gemeinsamem, harmonischem Spiel zusammen, indem alle auf einander hörten und in gleicher Weise der Musik Mendelssohns nachspürten. Es war ein sehr schöner Abschluss des Konzertes und des gesamten Festivals, dessen Besonderheit in einem „wunderbaren Dialog zwischen Musik, Natur und Architektur besteht“ (Jan Vogler).

Für viele ging die Zeit viel zu schnell vorbei, aber das 27. Moritzburg Festival wirft schon seine Schatten voraus. Es findet in der Zeit vom 10. – 25.8.2019 wieder in Moritzburg statt.

Ingrid Gerk

 

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