Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MONTPELLIER/ : LA SOUPE POP von Marie-Ève Signeyrole mit den Tiger Lillies

18.12.2016 | Operette/Musical

MONTPELLIER/   : LA SOUPE POP von Marie-Ève Signeyrole mit den Tiger Lillies am 15.12.2016

!cid_A9A944EC-8BE6-4605-AD1D-A8155018445C
Copyright: Opera Montpellier

Seit Valérie Chevalier Generaldirektorin der Opéra de Montpellier geworden ist, weht daselbst ein frischer Wind durchs Haus. Heuer hat sie statt der ansonsten so üblichen Weihnachtsmärchen, Weihnachtsballette und Kinderopern vor den Feiertagen ein äußerst ungewöhnliches Ereignis programmiert: La Soupe Pop.

IMG_9973
Die Suppenverteiler und die Gäste. Copyright: Marc Ginot

La Soupe Pop ist die Abkürzung für Soupe populaire (Volkssuppe), wie in Frankreich jene Volksküchen genannt werden, die – besonders zur Winterzeit – warme Suppen an Obdachlose, Arme und Bedürftige austeilen.
Eine dieser karitativen Einrichtungen hat Marie-Ève Signeyrole drei Monate lang jeden Abend besucht und dabei die Geschichten der dortigen „Gäste“ gesammelt, die die Grundlage für ihren „Théâtre musical“ genannten Abend bilden.

IMG_9973
Die Suppengäste und die Zuschauer. Copyright: Marc Ginot

Die ganze prächtige, aus dem Jahr 1888 stammende Oper (Zuschauerraum u n d  Bühne) voller Gold und rotem Plüsch ist dazu in eine solche Soupe populaire verwandelt worden. Wir müssen uns brav um einen Teller Gemüsesuppe anstellen und dürfen dann an einem der langen Gemeinschaftstische Platz nehmen, die Schauspieler, Sänger, Choristen und Musiker immer mitten unter uns und um uns herum. Dabei werden wir Zeugeh vieler dramatischer Lebenserzählungen, manche banal, manche tragisch, manche komisch, manche zutiefst berührend.

IMG_9975
Martyn Jaques und die Tiger Lillies. Copyright: Marc Ginot

Der absolute Clou der Aufführung ist jedoch die Mitwirkung der unvergleichlichen Tiger Lillies. DIese britische Post-Punk-Band ist ja in Wien dank der „Weberischen“, „Woyzeck“ und „Shockheaded Peter“ bestens bekannt, und auch hier enttäuscht diese einzigartige Formation nicht. Wie Leadsänger Martyn Jacques mit seiner Falsettstimme sowohl Eigenkompositionen als auch Coverversionen von „Her Heart Belongs to Daddy“ oder „Send In the Clowns“ interpretiert – das macht ihm so leicht keiner nach…
NIcht alles an diesem Konzept, nicht alles an diesem Projekt geht sich letztlich aus: die Suppenküche ist eher approximativ zusammengeschustert, der Kontrast zum repräsentativen Rahmen der FIn-de-Siècle-Oper wird nicht wirklich thematisiert und auch das Mitten-unter-den-Zuschauern-Spielen ist ein wenig schleissig und nicht konsequent inszeniert. Im Ûbrigen ist ebensowenig einsichtig, warum die Sprechtexte auf Französisch und die Gesangstexte auf Englisch sind.

Diese Diskrepanz schlägt sich ja total mit dem „Gruft“-Realismus, auf den hier sonst soviel Wert gelegt wird. Denn das muss ja eine besonders luxuriöse und internationale Armenküche sein, bei der man sich eine solche Zweisprachigkeit, ein solches britisches Avantgarde-Trio leisten kann…

Schöne Idee, leider mangelhafte Ausführung…aber tolle Musik und insgesamt auf alle Fälle eine interessantere Vorweihnachtserfahrung als Hänsel und Gretel oder der x-te Nussknacker …

Robert Quitta, Montpellier

 

 

 

 

 

Diese Seite drucken