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MONTE CARLO: / Auditorium Rainier III : FESTIVAL PRINTEMPS DES ARTS 2017

06.04.2017 | Konzert/Liederabende

MONACO/ Auditorium Rainier III : FESTIVAL PRINTEMPS DES ARTS am 31.3, 1.4. und 2.4.2017

 Eklektisch wie immer war das heurige Festival „Printemps des Arts“ in Monaco. Im Mittelpunkt der sich über vier Frühlingswochenende erstreckenden, vom Pariser Komponisten Marc Monnet programmierten, alljährlichen Veranstaltung stand diesmal ein „Portrait“ des französischen Musikernationalheiligtums Hector Berlioz. Darüber hinaus waren aber ganz im Sinne des künstlerischen Leiters auch andere, ganz unterschiedliche Konzertreihen mit den schönen Titeln „ Musique de Renaissance „, “ Concept Piano “ oder “ Jeunes Talents “ zu hören.

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François -Xavier Roth und Marie Lenormand. Copyright: Festival

An dem von uns besuchten Wochenende konnten wir den zweiten Teil des Berlioz- „Portraits“ miterleben. Dabei interpretierte das Ensemble „Les Siècles“ unter der Leitung von François-Xavier Roth z.B. die Symphonie „Harold en Italie“, ein zwar selten gespieltes Oeuvre, aber unter den ohnehin selten gespielten Werken Berlioz‘ noch eines der populärsten. Eine wahre Entdeckung – vor allem auch für den ausländischen Besucher – stellten hingegen die Aufführungen der „Ouverture des Francs-Juges“ sowie des Liedzyklusses „Les Nuits d’été“(gesungen von der Mezzosopranistin Marie Lenormand) dar, zwei sehr interessanten Tonschöpfungen, von deren Existenz man bislang ganz offengestanden nicht die geringste Ahnung hatte.

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Armand Diangienda Wabasolele und die schwarzen Celli. Copyright: Festival

 

Auf eine ganz andere Weise horizonterweiternd war die Begegnung mit dem Orchestre Symphonique Kimbanguiste de Kinshasa im Rahmen des „Évènement Congo „. DIese Formation ist so etwas wie das afrikanische Äquivalent zum venezuelanischen „El Sistema“, nur dass es sich dabei nicht um ein staatliches Propaganda-Projekt, sondern um eine rein private, individuelle, gegen alle Widerstände durchgesetzte Initiative handelt. DIese kongolesischen Klassikfreaks mussten sich ganz am Anfang ihre Instrumente selber basteln, mithilfe von gebrauchten Autoreifen und Angelleinen. Ein Dokumentarfilm über diese Don Quijotes der klassischen Musik machte sie nahezu weltberühmt, bei ihrem letzten Besuch in Monaco schenkte ihnen die Prinzessin sogar eine Harfe. Und weitere Spenden sorgten dafür, dass sie sich mittlerweile eine Menge chinesischer Instrumente leisten konnten, darunter, wie man jetzt sah, auch sehr exzentrische wie schwarze Celli und Geigen aus Carbon.

Ihre Interpretation der Achten Beethoven riss einen ehrlich gestanden nicht wirklich von den Stühlen. Faszinierender waren da schon die beiden afrikanischen Kompositionen: sowohl die „Symphonie Nr.3″ des Orchestergründers und – chefs Armand Diangienda Wabasolele als auch „Luba“ von Hėritier Mayambi Mbuangi.

Ganz im Zeichen des Ungewöhnlichen stand auch das sich über fünf Stunden erstreckende „Monaco Musical Forum“ am abschließenden Sonntagnachmittag, einer Art Kompaktversion von „Wien Modern“. Zeitgenössische Musik, verteilt über verschiedene Spielorte des Auditorium Rainier III, von so unterschiedlichen Komponisten wie Luc Ferrari, Francesco Filidei, Régis Campo, Franck Bedrossian, Klaus Huber, Ramon Lazkano, Yoshihisa Taïra, Miroslav Srnka, Gilbert Amy oder George Antheil.

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Léa Montravers und das Feuer. Copyright: Festival

Besonderen Wert legte Mastermind Marc Monnet dabei aber ebenfalls auf eine entsprechende ausser-ordentliche optische Präsentation der Musikstücke, und hier besonders in Zusammenarbeit mit der Balleteuse, Kunstreiterin, Feuerschluckerin und Feuerspeirin Léa Montravers. Unter ihren diversen Performances ragte besonders die zu Sofia Goubaïdoulinas Akkordeon-Klassiker (am Akkordeon: Jean-Etienne Sotty) „De Profundis“ hervor. Dazu versuchte sich die junge Fetisch-Künstlerin mit hohen Plateau-Lacksohlen an einer Art postmodernem, eigentlich aus dem Strippermilieu bekannten Pole-Dance. Das mag beim Lesen extrem seltsam anmuten, aber auf geheimnisvolle Weise ging sich diese strange Kombination aus christlicher Mystik und Nightclub-Praktiken unter dem gemeinsamen Nenner des gewollten körperlichen Schmerzes dann doch aus.

Ganz ohne Hardcore-Bebilderung konnte man die Etuden für präpariertes Klavier von Henry Cowell, dem Ahnherrn und Mentor von John Cage und somit der gesamten amerikanischen Avantgarde-Musik genießen.

Und man darf gespannt sein, was dem Maverick Marc Monnet nächstes Jahr einfallen wird, um uns zu verblüffen…

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Festivaleigene Edition

Die neueste Errungenschaft des Printemps des Arts Festivals ist übrigens eine eigene CD-Edition.

Die jüngsten Erscheinungen: Marie Vermeulins Debussy-Recital, Vera Novakova und Maki Belkins  Stravinsky-Duos sowie Eigenkompositionen des Hausherrn Marc Monnet.

 Robert Quitta, Monte-Carlo

 

 

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