MÖRBISCH/ Seefestspiele : DER KÖNIG UND ICH
am 14.7.2022 (Premiere)
Foto: Robert Quitta)
Ja, man muss Alfons Haider tatsächlich ein wenig Abbitte leisten. Es gab im Vorfeld bekanntlich sehr viel böses Blut anlässlich seiner Bestellung zum burgenländischen „Generalintendanten“, der vorzeitigen Beendigung des Vertrags von Peter Edelmann und seiner Entscheidung, die Seefestpiele komplett auf Musical statt Operette umzustellen. Wobei die Umstellung soo komplett auch wieder nicht war, denn es hatte ja auch schon Edelmann in seinem letzten Jahr die „West Side Story“ auf den Spielplan gesetzt.
Jedenfalls ist ihm mit diesem „Der König und ich“ ein grosser Erfolg, um nicht zu sagen: ein Triumph gelungen. Diese Produktion ist Weltklasse, und wahrscheinlich die beste Produktion, die dieses Rodgers & Hammerstein-Musical je erlebt hat. Wobei man Haider sogar mit seinem Eingangsstatement recht geben muss, dass der „König“ eigentlich viel mehr Operette als Musical ist – auf alle Fälle viiiiel mehr als das in diesem Zusammenhang (wegen des ähnlich gelagerten West-Ost-Konflikts) oft genannte Land des Lächelns, das ja eigentlich eine Oper ist (und keine gute).
Sie sehen schon, ich komme ins Schwärmen. Aber wie sollte man das auch nicht angesichts der überwältigenden siamesischen Kulisse, die der Grossmeister aller Seebühnenklassen, Walter Vogelweider, in Mörbisch aufgebaut hat. All jene, die am Vortag den Nabucco im Steinbruch durchlitten hatten und fast erblindet wären, fühlten sich schon bei diesem Anblick wie in einem ästhetischen Shangri-La (aber man sollte die beiden burgenländischen Großereignisse besser nicht mehr in einem Atemzug nennen) und wären allein mit diesem Anblick auch total glücklich gewesen, wenn sonst gar nichts mehr passiert wäre.
Aber dann kamen ja natürlich auch noch die exzellenten Darsteller/innen, die phantastischen Kostüme (Charles Quiggin) und die unglaublich einfühlsame, aufmerksame und detailverliebte Personenregie von Simon Eichenberger dazu.
Allein, wie Eichenberger jedem einzelnen der unzähligen Prinzen und Prinzessinnen (alle großartig !) einen eigenen Charakter, eine eigene Geschichte, einen eigenen Gang, eine eigene Geste zuordnet, ist absolut sehenswert und die Reise nach Mörbisch wert…
Die Protagonisten – Kok-Hwa Lie als König und Milica Jovanović als Anna Leonowens – sind top (wenn die Jovanović auch vielleicht ein ganz klein weniger die Mary Poppins/Maria von Trapp-artige dominante Gouvernante herauskehren sollte – Rollen, die sie beide schon gespielt hat). Aber auch der Rest des Ensembles – Leah Delos Santos als Lady Thiang, Marides Lazo als Tuptim Vincent Bueno als Kronprinz etc. – ist erstklassig.
Im Orchestergraben fetzt es unter der Leitungvon Michael Schnack auch…also wird selbst Mörbisch-und Musical-Muffeln heuer nichts anderes übrig bleiben, als an den Neusiedlersee zu pilgern…Grammelpotaschen und pannonische Weine gibt es übrigens auch…
PS: der einzige Einwand, den ich habe, betrifft das tragische Ende („Sie haben meinen König vernichtet ! „ beklagt sich zu recht der Premierminister), das ich als aufgesetzt, unnötig und unerträglich empfinde. Bitte bei den Rodgers & Hammerstein-Erben die Erlaubnis zu einem Happy-End bewirken, Herr Generalintendant ! Dann würde die Produktion ein n o c h grösserer, ungetrübter Erfolg…
Robert Quitta, Mörbisch