Mörbisch/ Seebühne: VIKTORIA UND IHR HUSAR: DISNEYLAND IN MÖRBISCH ( Premiere am 7.7.2016)
Wer in Mörbisch das obligate Feuerwerk besonders schätzt, der kommt heuer voll auf seine Rechnung. Soviel Wasserfontänen, Revue-Treppen und Fahnen hat man selbst am Neusiedlersee noch selten erlebt. Wobei die 1930 in Budapest uraufgeführte Operette „Viktoria und ihr Husar“ von Paul Abraham besonders anfällig für solche Disneyland-Effekte sein dürfte.
Die Grundhandlung ist simpel: eine Frau (Viktoria) zwischen zwei Männern, wobei der erste – die große Liebe –angeblich tot ist und der zweite – der Tröster –noch nichts vom Überlebens von Liebe Nr. 1 weiß. Diese Dreiecksgeschichte mit Happy End wird aufwendig aufgerollt: die Story beginnt in Sibirien, setzt sich in Japan fort ( inklusive Lehar-Reminiszenzen), dann Übersiedlung in die US-Botschaft in Petersburg, zuletzt ein Dorf in Ungarn. Also wird getanzt, gewirbelt und marschiert auf „Teufel komm raus“. Mitunter auf Kosten der Musik. Der Abend ist zudem ganz auf die Intendantin Dagmar Schellenberg ausgerichtet, die die Hauptrolle verkörpert und sich selbst eine „Bombenrolle“ zugesichert hat und zugleich der doppelten Kritik aussetzt.
Wir leben eben in der Ära der „Selbstverwirklichung“. Immerhin kommt der Regisseur Andreas Gergen (früher Berlin, jetzt Landestheater Salzburg) und sein Ausstatter Christian Floeren mit den riesigen Dimensionen der Seebühne ausgezeichnet zurecht. Und auch der Dirigent des Mörbischer Festival Orchesters David Levi (US-Amerikaner mit Europa-Start in Karlsruhe) gehört zur „Haben-Seite“ einer Produktion, in der vor allem das Ballett der Seefestspiele Mörbisch (Choreographie Simon Eichenberger) gefordert ist. Stimm-Fetischisten werden sich schwer tun. Die omnipräsente Intendantin ist als Viktoria eine nette Variante, mehr nicht. Ihr Singen ist mittelmäßig, es fehlt die Primadonnen-Aura. Und das gilt auch für die beiden „Gegenspieler“. Der „Ersatzmann“ Andreas Steppan singt für einen Schauspieler und Kabarettisten vergleichsweise ordentlich. Mehr denn nicht. Und auch dem wiedergekehrten „Traum-Mann“, dem Husaren-Rittmeister, fehlt das nötige Charisma. Michael Heim hat eine wohlklingende Tenorstimme, was fehlt? Erotik, Draufgängertum, Ausstrahlung. Besser gestellt sind die beiden Buffo-Paare: Andreas Sauerzapf als Janczi und Katrin Fuchs als Riquette sind jung, dynamisch und sympathisch und das gleiche gilt für das 2.Buffo-Paar: Graf Ferry und O Lia San. Sie werden von Peter Lesiak und Verena Barth-Jurca perfekt dargestellt. Da gibt es sogar so etwas wie Belcanto-Qualität.
Aber was soll’s: der Großteil des Publikums war mit der Super-Show ohnedies voll zufrieden. Und Paul Abraham’s Melodienreichtum tat sein Übriges: „Ja so ein Mädel, ungarisches Mädel“ –das geht ins Blut. „Meine Mama war aus Yokohama“, „Mausi, süß warst Du heute Nacht“ oder „Nur ein Mädel gibt es auf der Welt“– alleine diese Titel rechtfertigen eine Aufführung und erst recht der Hauptschlager: „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände“. Also „Show-Freunde“: Auf nach Mörbisch zum „Disneyland am Neusiedlersee“, das Feuerwerk ist besonders attraktiv!
Peter Dusek