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MILANO /Teatro alla Scala: RIGOLETTO – zu ebener Erde und im ersten Stock

25.06.2022 | Oper international

MILANO/Teatro alla Scala: RIGOLETTO von Giuseppe Verdi am 23.6.2022

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„Zu ebener Erde und im ersten Stock“. Foto: Brescia /Amisano/Teatro alla Scala

Als das Regieteam bei der Premiere die Bühne betrat, brach ein intensiver und anhaltender Buh-Orkan los, wie ihn die Scala schon lange noch nicht erlebt hatte.

Was war geschehen ? Regisseur Mario Martone hatte gemeinsam mit Margherita Palli (Bühnenbild) und Ursula      Patzak (Kostüme) gewagt, die Handlung der nationalpopulistischen Oper schlechthin ein wenig zu modernisieren und in die Gegenwart zu verlegen. Sie spielt hier sozusagen „auf ebener Erde und im ersten Stock“, bzw. „auf der Vorder- und der Hinterbühne“: auf der Vorderbühne ist ein schickes (sehr milanesisches) Designer-Penthouse aufgebaut, in dem die Reichen und die Schönen Party feiern, koksen und mit Escorts herumhuren. Eine Drehbühnendrehung davon entfernt befindet sich die „Hinterbühne“, die „Schattenwelt“, ein grotesker Slum, eine Art riesiges Nachtasyl, in dem sich Obdachlose, Prostituierte und Mörder herumtreiben.

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Piero Pretti (Duca) genießt das Leben. Foto: Brescia /Amisano/Teatro alla Scala

Das ist alles gar nicht so dumm, und ist ja eigentlich durch den Text beglaubigt…und dennoch geht sich vieles dadurch nicht aus. Wieso hat auch Rigoletto hier sein Zuhause ? Wieso soll die Gräfin Ceprano aus diesem Drecksloch entführt werden? Und wenn Rigoletto schon hier wohnt, wieso können dann die ganzen hier versammelten Kriminellen und professionellen Gewalttäter die Entführung Gildas durch die Höflinge nicht verhindern?

Im Übrigen erscheint die ganze Aufregung ein wenig disproportioniert: denn eigentlich ist Mario Martone – abgesehen vom Ambiente – ein eher mittelmässiger und sehr konventioneller Regisseur. Ihm einen Buhorkan zu schenken, der in die Geschichtsbücher eingehen wird, ist genau genommen zuviel der Ehre. Den hat er sich nicht wirklich erarbeitet…

Schnitt.Szenenwechsel. Zweite Vorstellung. Vorhang. Weit und breit kein Regieteam mehr. Dafür herzicher, lautstarker, nicht endenwollender Applaus für alle Beteiligten(sogar vom gefürchteten Loggione). Und das vollkommen zu Recht.

Denn in musikalischer Hinsicht ließ dieser neue Rigoletto an der Scala (der erste seit 30 Jahren) wahrlich nichts zu wünschen übrig. Nadine Sierra ist ohne Zweifel derzeit die nicht nur gesanglich, sondern auch darstellerisch weltbeste Gilda, Piero Pretti ein attraktiver und verführerischer Duca,

Gianluca Buratto ein äußerst bedrohlicher Sparafucile, Marina Viotti eine sexy Maddalena, usw.usf.

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Nadine Serra (Gilda), Amartuvshin Enkhbat(Rigoletto). Foto: Brescia /Amisano/Teatro alla Scala

Der mongolische Bariton Amartuvshin Enkhbat ist stimmlich eine Naturgewalt (und hat uns in Rom als Vater Miller schon sehr gut gefallen). Hier ist er darstellerisch bedauernswerterweise sehr überfordert – da er Rigoletto auf Wunsch des Regisseurs ganz ohne Buckel darstellen muss…

Dirigent Michele Gamba hatte zwar bei der Premiere auch ein paar Buhrufe abgekriegt…die sich ihrem Rezensenten aber (der die zweite Vorstellung besucht hat) aber nicht ganz erschliessen.

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Die Müllabfuhr räumt Gilda weg. Foto: Brescia/Amisato

Der neue Rigoletto an der Scala: wenn man sich in Mailand befindet und noch eine Karte bekommt: unbedingt sehens-und hörenswert.

Robert Quitta/Milano

 

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