Milano/Teatro alla Scala: „LA FILLE DU RÉGIMENT“

Juan Diego Florez, Julie Fuchs, Pietro Spagnoli. Foto: Brescia & Amisano/Teatro alla Scala
Laurent Pellys Erfolgsproduktion macht Halt an der Mailänder Scala und hat im Laufe der nunmehr schon fast 20 Jahre, in der sie auf den bedeutendsten Opernbühnen der Welt zu sehen ist, (fast) nichts von ihrem ursprünglichen Charme verloren. So will es der Zufall, dass zeitgleich an der MET die US-Amerikaner Erin Morley und Lawrence Brownlee als martialisches Liebespaar in den Tiroler Bergen zu erleben sind. Die Scala bietet die Französin Julie Fuchs und den Peruaner Juan Diego Flórez auf. Der Wahlösterreicher sorgte in dieser Rolle bereits 2007 für Furore, als er das erste Encore seit 1933(!) an der Via Filodrammatici 2 hören ließ.
Die musikalische Leitung der Aufführung war mit Evelino Pidò in routinierten, wenn auch nicht allseits goutierten Händen. Zweifelsohne hat der im Belcanto erfahrene und auch in Wien häufig zu Gast gewesene Italiener die Partitur im Griff, flotte Tempi und auch feine Klänge oder subtile Töne sind seine Sache nicht. So leidet der Abend, der Donizettis Opéra comique gewidmet ist, teilweise an Spannungsarmut, insbesondere dann, wenn gerade nicht die ganz großen Sängerpersönlichkeiten ihren Auftritt haben.
Julie Fuchs, eine ausgezeichnete Mozartinterpretin, wartet mit großer Spielfreude und angenehmer Stimmfärbung auf, deren Organ allerdings in der hohen, wenn auch nicht der ganz hohen Lage forciert klingt. Die Koloraturen gelingen ausgezeichnet, und „Salut a la France“ ist mit einer der Höhepunkte des Abends. An ihre ganz großen Rollenvorgängerinnen – unvergessen ihre Landsfrau Natalie Dessay – reicht sie nicht heran.
Juan Diego Flórez ist als Tonio, seiner Paraderolle, nach wie vor ein Ereignis. Immer noch eine Freude ihm zuzuhören und -zusehen. Stimmschönheit, Ausdruckskraft, Farben, Dynamik – alles nach wie vor untadelig und in gewisser Weise konkurrenzlos. Auch „Ah! mes amis“ gelingt wie in alten Zeiten. Darstellerisch versprüht er seinen gewohnten bubenhaften Charme, vielleicht etwas melancholischer als zuvor.
Köstlich Géraldine Chauvet als Maries Tante/Mutter Marquise de Berkenfield, rollendeckend, aber etwas blass Pietro Spagnoli als Sulpice. Barbara Frittoli, immer noch eine erfreuliche Erscheinung, ist trotz ihres vergleichsweise jugendlichen Alters bei der Duchesse de Krakenthorp angekommen, Chor und Orchester meistern ihre Aufgaben ausgezeichnet.
Fazit: Mailand liebt den Startenor immer noch, und aller Regimentsväter müssen ihrer Tochter verzeihen, dass sie der Liebe folgt.
Sabine Längle

