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MILANO/ Teatro alla Scala: I CAPULETI E I MONTECCHI von Vincenzo Bellini

04.02.2022 | Oper international

MILANO/Teatro alla Scala: I CAPULETI E I MONTECCHI von Vincenzo Bellini
am 2.2.2022

cap1
Schwiegersohn gegen Schwiegervater. Foto: Teatro alla Scala/ Brescia e Amisano

„I Capuleti e i Montecchi“ (eine sehr sehr freie Version der Romeo und Julia – Geschichte) von Vincenzo Bellini ist ja nicht gerade die populärste aller seiner Opern, aber sie ist, wie alles was der (viel viel viel viel zu früh verstorbene) catanesische Komponist angefasst hat, ein absolut sublimes Meisterwerk.

Die Mailänder Scala hat sich dieses Juwels nach einer laaangen Pause (nach Abbado und Muti) jetzt endlich wieder angenommen…und die Produktion wurde allerverdientesterweise zu einem absoluten Triumph.

cap2
Die Braut (Lisette Oropesa). Foto: Teatro alla Scala/ Brescia e Amisano

Einer der Hauptgründe: natürlich das titelgebende Liebespaar. Lisette Oropesa (Giulietta) ist derzeit der strahlendste Stern am Belcanto-Himmel, und was sie an diesem Abend leistet, wird zu Recht in die Annalen der Scala eingehen. Der kritische Geist versagt hier, es fehlen einem die beschreibenden Worten, und man kommt ins Stammeln. Denn ihr Gesang entrückt einen dieser Welt, führt einen in olympische Höhen. Die wunderbare Marianne Crebassa (Romeo) steht ihr diesbezüglich kaum nach, hat’s aber ein bissl schwerer, weil sie gleichzeitig,mit Hosenträgern behaftet, auch noch den aggressiven Jungmacho mimen muss.

cap3
Das Gift. Foto: Teatro alla Scala/ Brescia e Amisano

Auf Händen getragen wurden beide von Speranza Scapucci, der die zweifelhafte Ehre widerfuhr, als erste Frau seit der Gründung der Scala hier eine Premiere dirigiert zu haben. Sie hielt diesem Druck auf bewunderungswürdige Weise stand und wurde für ihre großartige Leistung so wie alle anderen vom (wie man weiss, sehr strengen) Mailänder Publikum (in der bis zum letzten Platz ausverkauften Scala) enthusiastisch bejubelt.

Regie führte Adrian Noble (wir kennen ihn von seiner Alcina an der Wiener Staatsoper), in den Bühnenbildern von Tobias Hoheisel und mit den (sehr schönen) Kostümen von Petra Reinhardt.

Tja, was soll man dazu sagen. Die Inszenierung (die aus unerfindlichen Gründen pro forma im faschistischen Italien der 30er Jahre spielte) war sehr ästhetisch, sehr elegant, sehr (man verzeihe mir das Wortspiel, aber nomen est omen): n o b e l.

Wogegen – gerade bei diesem intimen musikalischen 5-Personen-Kammerspiel – eigentlich nichts einzuwenden ist, weil es die Konzentration auf das Geschehen fördert.

cap4
Der Dolch. Foto: Teatro alla Scala/ Brescia e Amisano

Eine Sternstunde des Belcanto mit poetischen Bildern, die im Gedächtnis bleiben werden: wie die auf einer Chaiselongue aufgebahrte scheintote Giulietta in ihrem überbordenden weißen Brautkleid.

Dominique Meyer scheint Mailand gut zu tun. Wir freuen uns auf weitere gelungene Produktionen wie diese…

Robert Quitta, Mailand

 

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