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Michaela Schlögl: 30 JAHRE FESTSPIELE REICHENAU

05.07.2018 | buch

Michaela Schlögl:
SO MACHEN WIR THEATER
30 JAHRE FESTSPIELE REICHENAU, 1988-2018
224 Seiten, Verlag Styria 2018

Das Ehepaar Loidolt hat sein Licht nie unter den Scheffel gestellt. Sie sind Reichenau, wo sie an einem kleinen Kurtheater begonnen und „Festspiele“ daraus gemacht haben. Das Buch zum Anlaß des 30jährigen Jubiläums heißt selbstbewusst „So machen wir Theater“ – und da es eine Erfolgsgeschichte ist, kann ihnen niemand den Triumph verweigern. Michaela Schlögl hat ihn zwischen Buchdeckeln gebannt.

Zuerst wird Schritt für Schritt, voll von Zitaten der Beteiligten, erzählt, wie das Imperium „Reichenau“ aufgebaut wurde, wobei Peter Loidolt, Maler und bildender Künstler, sich die Ausstattungen der Produktionen so gut wie vorbehalten hat. Um Kritik und Kritiker hat sich das Ehepaar bei ihrer Arbeit nicht gekümmert und tun es bis heute kaum: „Wir sind unsere eigenen Maßstäbe.“ Und sie entscheiden tatsächlich alles selbst und liegen für das Publikum, das sie sich so konsequent „erzogen“ haben wie sie Spielplan und Besetzungspolitik entwickelten, richtig.

In den 30 Jahren haben sie in mehr als zweieinhalbtausend Vorstellungen eine knappe Million Besucher begrüßt. Dabei waren sie nie billig – eine Eintrittskarte von 1992 zeigt, dass man schon damals für die erste Reihe 700 Schilling berappen musste. Heute zahlt man dafür in logischer Progression 84,50 Euro. Aber ihr Publikum kann es sich leisten.

Für den zweiten Teil des Buches, die Chronologie, musste man einen Weg finden, das kann man so machen, hätte man anders machen können – vielleicht wirklich mit allen Besetzungen (Theaterfreunde lesen leidenschaftlich gern Besetzungszettel, vor allem alte), aber die gibt es nur ganz ausnahmsweise. So wird von Jahr zu Jahr aus den im Durchschnitt vier, in den letzten Jahren fünf Produktionen (weil Renate Loidolt „kleinere“ Eigenproduktionen mit von ihr dramatisierter Prosa hinzufügt) eine herausgehoben.

Die bildet dann meist den Aufhänger dafür, sich mit einem der treuen „Spitzenstars“ zu unterhalten, die über Jahrzehnte hier brillieren (Joseph Lorenz und Peter Matic dürften dabei numerisch die Spitzenreiter mit den meisten Aufführungen sein). Die Interviews laufen natürlich vor allem auf Lob der Arbeit hier, der zu Recht berühmten Landschaft, der großen Erlebnisse hinaus. Wer sich von den Loidolts im Bösen getrennt hat, fällt entweder wie Robert Meyer (Spitzenstar der frühen Jahre) beinahe dem Vergessen anheim oder wird, wie Maria Happel, nur indirekt zitiert. Aber solche persönlichen Feinheiten sind Nebensache – wo ginge es je ohne Reibereien ab? Zu viel Harmonie wäre unmenschlich.

Immerhin bekommt man von allen „Haus-Stars“ Statements, das wären dann noch die Damen Fritsch, Morzé, Dvorak, Stemberger und die Herren – neben Lorenz und Matic – Schwab, Hübsch, Herz-Kestranek, de Nardo, Hagg. Und auch solche, die nur sporadisch dabei waren wie Schir oder Dangl.

„Wir sind zusammengeschweißt und einander vertraut durch viele Jahre der Zusammenarbeit“, sagt Julia Stemberger, „und ich freue mich immer wieder auf die Festspiele Reichenau.“ So lange es dem Publikum genau so geht und so lange es die Loidolts gibt, wird sich daran wohl nichts ändern.

Renate Wagner

 

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