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MAX REGER: Streichtrios und Klavierquartett – TRIO LIRICO – AUDITE CD Bach und Mozart lassen grüßen, dennoch ganz dem gleißenden Jugendstil verpflichtet

18.11.2017 | cd

MAX REGER: Streichtrios und Klavierquartett – TRIO LIRICO – AUDITE CD

Bach und Mozart lassen grüßen,  dennoch ganz dem gleißenden Jugendstil verpflichtet

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Max Reger war zu Lebzeiten als Organist, nicht zuletzt aber auch mit kammermusikalischen Werken höchst erfolgreich. Wer kennt dieses Oeuvre aber heute noch bzw. wer fürchtet sich nicht vor der angeblich hochkomplexen kontrapunktisch so strengen und spröden musikalischen Sprache von Reger? Ein Klischee, das die vorliegende CD glänzend zu widerlegen vermag. Die auf dem Debütalbum des Trio Lirico (Franzisca Pietsch Violine, Sophia Reuter Viola, Johannes Krebs Cello) bei Audite präsentierten und selten aufgeführten Streichtrios Opp. 77b und 141b und das Klavierquartett Op. 133 entstanden in den Jahren 1904 bzw. 1914/15. 

 

Die Sreichtrios, besonders das frühe, wunderbar duftige  in A-Moll, verbinden klassizistische Anleihen (Mozarts Divertimento Es-Dur KV 563, Streichtrio Op. 9 von Beethoven) mit spätromantischen Harmonien. Das Larghetto, das Scherzo, aber auch das finale Allegro con moto versprühen gar Haydnsche Leichtigkeit und eleganten Salonhumor. Bei der Uraufführung am 29.11. 1904 durch Mitglieder des Münchner Streichquartetts musste das Scherzo wiederholt werden, was den Komponisten für die Zukunft der Komposition äußerst positiv stimmte.

 

Das zweite Streichtrio Op. 141b (womit die CD eigenartigerweise beginnt) ist dreisätzig und etwas komplexer gehalten, es finden sich auch kontrapunktische Passagen. Ob Reger mit seiner Einschätzung gegenüber seinem Verleger Henri Hinrichsen allerdings richtig lag, dieses Werk als „absolut klare einfache Musik“ zu beschreiben, darf ruhigen Gewissens verneint werden. Wie das Jürgen Schaarwächter vom Max-Reger-Institut Karlsruhe für alle Ohren nachvollziehbar beschreibt, haben wir es nicht auf einmal mit einer „unregerischen“ Kompositionsweise zu tun. Der regerische Stil, wie er sich auch hier findet, ist „durch dichte Modulationen, überraschende metrische Asymmetrien“ und eine besondere Stimmführung gekennzeichnet.

 

Den Höhepunkt der CD bildet das Klavierquartett Nr.2 in A-Moll. Durch den kräftig zulangenden, aber auch anschlagsensiblen Detlev Eisinger am Klavier verstärkt, bietet das Trio Lirico Kammermusik vom Allerfeinsten. Dem Werk, zu dem erste Pläne anlässlich eines Kuraufenthalts 1914 in Meran skizziert wurden, eignet eine mediterrane Helligkeit sowie von den Harmonien her den Geist der Mozart-Variationen. Wunderbar, wie die vier Musiker hier in einen stets aufeinander bedachten konzertierenden Austausch treten, wie sie im Largo con gran espressione mit seinen BACH-Zitaten den Zuhörer in mystisch ruhige Klangwelten einem  Märchenwald im Nebel nicht unähnlich entführen. Das neue Album ist eine einzige Entdeckungsreise weit weg von hergebrachten Klischees hin zu einer neuen Wahrnehmung eines vor allem bei Kennern hoch geschätzten Komponisten und Organisten, der durchaus eine breitere Beachtung verdient hätte. Die vorliegenden, auch klangtechnisch herausragenden Aufnahmen mögen dazu beitragen.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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