Festival della valle d:Itria: Ariodante von Händel, 22.7.2024
Copyright: Larissa Lapolla
Anscheinend wurde Händels Oper ARIODANTE, die er in fortgeschrittener Schaffensphase 1735 für London vollendete, hier in etwa zu einer Kammeroper ‚degradiert‘, indem sie im kleinen Teatro Verdi,einem ehemaligen Lichtspieltheater,gegeben wird. Denn eigentlich ist im „Dramma musicale“ im Gegensatz zu den anderen, es umrahmenden Opern ORLANDO und ALCINA, die Händel nach Ludovico Ariosto komponierte, kein Platz für magische Kräfte und Zauberei, hier ist pure ritterliche Intrige mit Liebe und Verrat am Werk.Vielleicht glaubten die Akteure,diese Intrigen auf der Kammerbuehne besser auszisellieren zu können, oder der Palazzo ducale stand für eine dritte Oper neben NORMA und ALADINO E LA LAMPADA MAGICA von Nino Rota nicht zur Verfügung.
Es geht also um Liebesintrigen mit harten Bandagen am schottischen Königshof ums 14.Jahrhundert.Prinzessin Ginevra wird vom adligen Troubadour Ariodante geliebt und erwidert seine Liebe. Der König stimmt der Heirat zu, aber der Erzrivale Polinesso vermag es mit Hilfe der ihm zugetanen Hofdame Dalinda, Ginevra des Hochverrats und der Schamlosigkeit anzuklagen. Verzweifelt unternimmt Ariodante einen Selbstmordversuch und verlässt den Hof, den kurz danach die Nachricht seines Todes erreicht. Die Prinzessin wird verurteilt, ihr Schicksal soll aber durch ein Gottesurteil entschieden werden. Für sie tritt Lurcanio ,der Bruder Adriodantes in den Ring und bringt Polinesso im Zweikampf um. Nun taucht aber ein zweiter mysteriöser Ritter auf, es ist Ariodante selbst,der von Dalinda die Wahrheit erfahren hat.und spricht die Geliebte von den ungerechten Anklagen frei,und die Hofdame von der Schuld der unbewussten Komplizenschaft. Das Paar ist wieder glücklich zusammengefügt,und auch Lurcanio und Dalinda werden ein Paar.
Händel befindet sich unzweifelhaft mit ARIODANTE in dieser Ariost-Trilogie auf dem Höhepunkt seines Opernschaffens. Jede Arie sitzt, da sie sich dramaturgisch sich auch immer an der richtigen Stelle befindet.Es ergibt sich ein hochbrisanter stundenlanger Spannungsverlauf. Es spielt das Orchestra Barocco Modo Antiquo im gemäßigten Originalstil,z.B.die Orchestergröße scheint nicht heruntergefahren.Die Leitung hat der unermüdliche Federico Maria Sardelli inne,der jegliches Abflachen bei dacapo Arien-Verlaeufen verhindert, aber seine Instrumentalisten jederzeit zu agilem Spiel mit untergruendigem Drive anstachelt.Das scheint absolute Barock Spitzenklasse.
Zum guten Eindruck trägt auch die Regie von Torsten Fischer bei. Während bei NORMA Buntheit Trumpf war,ist bei Ariodante alles in Schwarz-weiß gehalten. Während die ausserhoefischen Männer auch Anzüge.mit kurzen Hosen tragen,kommt bei den Damen nur das schickste eleganteste vom feinsten,und das auch ganz sexy zum Tragen, Kost.: Vasilis Triantafillopoulos. Es wird viel getanzt,manchmal auch an Schuhplattler gemahnend. Der relativ kleine aber hohe Einheitsraum öffnet sich nach hinten, wo sich eine bläuliche Weltkugel befindet/Herbert Schäfer,vor der alle Protagonistinnen mal posieren dürfen.
Die Dalinda singt Theodora Raftis mit einem dezent geperlten Sopran,sprüht dabei vor theatraler Energie. Den Lurcanio als Herausforderer nimmt Manuel Amati mit clas timbriertem koloratursicherem Schmelztenor. Biagio Pizzuti wirkt als schottischer King eher sonor im fast Offbereich,aber mit Charakterbass,den er in seine eine oder andere Arie niveauvoll einbringt. Die Ginevra singt Francesca Lombardi Mazzulli erstmal fürs Auge als bildhübsche Prinzessin mit langen Blondlocken in weissen der schwarzen Cocktailroben, hat aber auch als Coloratursopran nichts Schlechtes zu bieten.
Applaus. Foto: C. Lapolla
Händel besetzt die Hauptrollen der guten Titelfigur und des Bösewichts natürlich sic! mit Hosenrollen. Den ARIODANTE singt der Mezzosopran Cecilia Molinari nach allen Regeln der Kunst und ist dabei auch ganz quirlig und mit Eigentimbre unterwegs. Den Polinesso gibt mit einer Altstimme,die sich gewaschen hat, Teresa Iervolino.-
Ein zum Glück kaum endenwollender Abend im „Barocktheater“ G.Verdi.
Friedeon Rosen