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MARTINA FRANCA: RINALDO (Händel, L.Leo u.a.)

31.07.2018 | Oper


Lorena Castellano, (c) festival valle d’itria

Martina Franca: RINALDO (Händel, L.Leo & andere) 29.7.2018

G.F.Händel schrieb die Oper Rinaldo für sein Londoner Haymarket Theater, wo sie nach den Erfolgen von ‚Almira‘ (1705) und Agrippina (1709) als erste Oper  auf italienisch 1711 uraufgeführt wurde. In Italien wurde sie dann 1718 als erste italienische Wiederaufnahme einer Händel-Oper in Neapel gespielt. Dort wurde die Partitur in der Version des Komponisten  Leonardo Leo gespielt, der sie mit Stücken  von Vivaldi, Giovanni Porta, Domenico Sarro und Antonio Bunincini anreicherte. Es handelt sich also in dieser vom Festival Valle d’Itria  nach 300 Jahren übernommenen und curierten Fassung um ein sog.Opern-Pasticcio.

Den Inhalt des Dramma per musica beinhaltet den langen Weg Rinaldos und seiner Ritter zur Eroberung Jerusalems, basierend auf „Gerusalemme liberata“ von Torquato Tasso. Das Hauptabenteuer ist die Bezwingung der mächtigen Zauberin Armida. Bei der Bearbeitung fällt auf, daß immer genau derselbe Arientypus auch in seiner zeitlichen Ausdehnung verwendet wurde, also mit meist getragenem A & B-Teil und schnellem rezitativischen Zwischenspiel. Die einzelnen Arien sind vom reinen Hören schwer den entsprechenden  Komponisten zuzuordnen, man hört nur, welche eher nicht von Händel stammen. Eine könnte aber auch wegen ihres schwermütigen Charakters von H. Purcell sein, dem unsterblichen Schöpfer der ‚Didone abbbandonata‘, der verlassenen Dido in Carthago, aber der kommt in der Auflistung der Komponisten gar nicht vor. Das Orchester La Scintilla wird im Palazzo ducale von Fabio Luisi geleitet, der engagierte Vorgaben macht und zu einem soften barocken Spiel mit z.T. Originalinstrumenten anhält. Die Rezitatve werden auch öfter nur mit Gitarre begleitet. Es ergibt sich ein sehr gepflegtes Musizieren, das den einzelnen Komponisten sicher gerecht wird.

Die Inszenierung von Giorgio Sangati ist modern. die Verlobte Rinaldos Almirena erscheint einmal in einen Käfig eingeschlossen um auszudrücken, daß sie nicht mehr ist, wofür sei sich hält, nämlich von Rinaldo verlassen, der sich in Armida verliebt hat.   Eustazio tritt mit seinem Bruder Goffredo als Persiflage des Popduos Cher und Freddy Mercury auf, sie versuchen sich als ‚Heerführer‘ erfolglos in die Handlung einzumischen. Dabei kommt Eustazio eher wie David Bowie als Vokuhila mit roten Haaren und diagonaler Gesichtsbemalung herüber. Als Nesso und Lesbina treten Simone Tangolo und Valentina Cardinali auch in witzig pointierten Prosanummern auf. Zu Beginn und am Ende wird die (Klage)mauer Jerusalems gezeigt, die sich teilt und eine Szene mit Vogelkäfigen mit nicht lebendigen Rotkehlchen zeigt. Bei den Szenen mit Armida werden rot geflammte Höllenkammern sichtbar (Bb.: Alberto Nonnato). Aus einem mausoleumsartigen Aufbau tritt ein christlicher Zauberer auf, der an die Ritter Neonlichtkreuze verteilt, mit denen diese die Monster der Armida bekämpfen. 

Die großen Prachtroben in weiß für Almirena und in schwarz für Armida sind von Gianluca  Sbicca, die Kostüme für die Ritter und das Poppärchen kommen sehr ironisch witzig herüber. 

In einem interessant ausgewogenen Ensemble tritt als Mago cristiano Ana Victoria Pitts mit Mezzosopran, als araldo di Argante Dielli Hoxha baritonal auf. Den Eustazio singt Dara Savinova mit sehr feinem gepflegtem Mezzo, wobei sie auch mit einer musikalisch interessanten Arie bedacht ist. Den Argante singt und mimt Francesca Ascioti mit ausdrucksvollem Alt. Die Almirena ist Loriana Castellano mit gut grundiertem höhenreichem Alt aber eben passiver Natur. Auch als eher abgehalfteter Entertainer kommt Francisco Fernandez-Rueda tenoral herüber. Teresa Iervolino versucht in die Titelfigur in gelber Hofgewandung heroische Haltung einzubringen, was ihr mit aufblühendem koloratursicherem Alt auch gelingt. Die Krone gebührt aber der Armida von Carmela Remigio, die mit nie ermüdendem Stimmreservoir ihres jungdramatischen Soprans sich Rinaldo erringt, am Ende aber ihre Zauberkunst verliert.                                                           

Friedeon Rosén

 

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