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MARTINA FRANCA/ Festival della valle d’Itria: NORMA.

23.07.2024 | Oper international

Festival della valle d’Itria: NORMA. 21.7.2024

norm
Copyright: Clarissa Lapolla

Beim  renommierten Festival im apulischen Martina Franca, das heuer seine ersten 50 Jahre feiert, kommt mit NORMA eine wahre Bravouroper von Vincenzo Bellini zum Zug, mit der auch das Jubiläum angemessen gewürdigt werden kann. Mit Fabio Luisi, dem Musikdirektor dieses Geheimtips italienischer Opernfestivals stand ein Garant für ein bestmoegliches Dirigat einer Belcanto-Oper dieses Kalibers zur Verfügung. Gespielt wurde,wie immer große Oper, im Palazzo ducale, der sich auch in akustischer Hinsicht grossartig bewährt hat.NORMA ist mit den maßgeblichen Solostimmen der Titelfigur, Adalgisa, Pollione, auch eine Choroper, da hier der Chor als Volk der Gallier, Gläubige der Irminsul und des Kriegsgotts Irmin und als dessen Krieger gegen das römische Imperium eine wichtige und zentrale Rolle spielt. 

Die Regie hatte Nicola Raab inne, die Ausstattung/Bühnenbild und Kostüme oblag Leila Fteita. Gleich von den ersten Takten der wuchtigen orchestralen Introduktion an konnte man feststellen, dass der auch gut sichtbare Fabio Luisi das musikalische Geschehen äußerst animierend im Griff hatte, immer antizipierend musikalische Gestalten mit brio zu lenken verstand und sie mit einmaliger Selbstverständlichkeit ineinanderfließen lassen konnte. Dabei gab auch das Orchester des Teatro Petruzzelli Bari einen sehr guten Part, indem es dem Maestro in seinen Wünschen wie selbstverständlich entgegenkam und dabei äußerst brillant reüssierte.

Nach der Szene mit den Kindern und Norma, und sobald diese auch gewillt ist,der Messaliance mit Pollione ein Ende zu bereiten, verklaert und verinnerlicht sich der aufgewühlte Orchesterklang zur den sich zart  entwickelnden „Casta diva“-Melismen, der Anrufung der Göttin durch die Priesterin Norma. Auch diese werden mit größtem Animo wiedergegeben,zuerst solistisch und in der 2.Strophe mit dem Chor,der die wehmütige Melodie der Priesterin übernimmt,um dem Sopran seine windungsreichen Ausschmückungen und Fiorituren zu ermöglichen. Es wird hier in größter Andacht und Hingabe musiziert. Mit Adalgisa kommt dann der zweite Sopran ins Spiel,der nochmal eine ganz andere Liebesgeschichte bietet,die sich dann im 2.Akt so tragisch mit der ersten verbindet.Auch diese stufenweise musikalische Steigerung,die letztlich in der Besteigung des Scheiterhaufens des ersten Paars gipfelt, wurde von Luisi,dem Orchester und auch dem Opernchor des Petruzzelli-Theaters in solch wuchtig sich aufbauender Weise intoniert und durchgezogen,dass man am Ende lange in einem als völlig kathartisch zu bezeichnendem Zustand verbleibt. 

Die Inszenierung ohne viel Bühnenbild vertraut auf die Ausleuchtung mit verschiedenen Farben, um Stimmungen zu creieren.Der Wechsel von rot auf schwarz könnte vielleicht auf den Romantitel Rot und Schwarz von Stendhal verweisen. Im Hintergrund zwei schwarze finale Öffnungen,die aber nicht benutzt werden, da die Auftritte von den Seiten erfolgen.Die Auseinandersetzung der Handelnden werden in vielfältig gestellten Situationen nachhaltig von der Regie herausgearbeitet.Nur der Chor wird eigentlich nicht inszeniert,sondern verbleibt meistens in zwei grossen Boxenwürfeln links und rechts, in denen die Choristinnen nur geahnt werden können.Nur an den Enden der grossen Chöre drängen sie mal noch auf die offene Bühne. Der Bühnenboden ist in konzentrischen Maserungen auch farbig ausgelegt. Kostüme scheinen vielfach von der damalig vorherrschenden Mode bei den Römern inspiriert.

Sieben ‚Figurantinnen‘ erscheinen bei den heiligen Handlungen auf der Bühne.Den Flavio gibt als Nebenrolle Zachary McCulloch tenoral. Die Clotilde singt Saori Sugiyama mit flinkem Sopran. Den Oroveso gestaltet Goran Juric mit voluminös tragendem wohlstimmigen Bass. 

Pollione ist Airam Hernandez mit kräftigem flexiblem blendend timbriertem Tenor. 

Die Adalgisa in Gestalt von Valentina Farcas wirkt fast noch mädchenhaft und ist mit ihrem packend durchgestylten ganz agilem Sopran ein aufregendes Pendant zur gereifteren Stimme der Norma.Sie agiert in einem braunen taillenbetonten Gewand und fast neckischem Dutt.

Jacqueline Wagner beherrscht die Szene mit ihrer Titelfigur und einem quasi jugendlich dramatischen spannend geführten Sopran. Sie dringt bis in die Poren von „Casta Diva“ ein, kann dazu in einem roten fantastisch designtem Kleid auch beste Figur machen.

Friedeon Rosen

 

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