Martin Amanshauser:
DIE AMERIKAFALLE
oder: Wie ich lernte, die Weltmacht zu lieben
216 Seiten, Verlag Kremayr & Scheriau, 2018
Das Trump-Amerika hat im Rest der Welt nicht den besten Ruf. Als der Salzburger Autor und Reiseschriftsteller Martin Amanshauser (er kam mit Gattin und zwei kleinen Kindern angereist) im Jänner 2017 seinen „Dienst“ als „writer in residence“ an der Universität von Bowling Green, Ohio, antrat (nicht eben das erste Haus am Platz), hatte die Präsidentschaft Trump soeben begonnen. Vier Monate USA, wo neben einem dreistündigen Kurs pro Woche noch viel Zeit blieb, haben den Skeptiker Amanshauser einiges über „USA Today“ gelehrt. Er hat es mit dem Können des verbrieften Reiseschriftstellers aufgezeichnet.
Die Amerikaner sind programmatisch nett, man weiß es, und der Autor meint nicht, dass das nur leere Floskeln seien, sondern einfach einen allgemein akzeptierten Lebensstil darstellt. (Wenn ihn in Wien eine völlig Fremde anlächeln würde, wie es in den USA immer wieder geschieht – er würde sie wohl für verrückt halten, gesteht er ein.) Konflikte werden hier am liebsten unterdrückt. Er meinte auch zu entdecken, dass seine Kinder im Vergleich zu den amerikanischen immer als „schlimm“ auffielen (hat er noch keine US-Teenie-Filme gesehen?). Immerhin, Nachbarschaftskontakt und Small Talk gehören hier einfach dazu.
Im übrigen erzählt der Autor vom Alltag im Land – man isst nicht gut dort („panierter Fettmüll“), und als seine Kinder einmal Gemüse verlangten, fiel die Kellnerin fast in Ohnmacht: Das hatte sie noch nie erlebt. Mineralwasser mit Gas hält man dort für schädlich. Beim Einkaufen werden einem Plastiksäcke en gros geradezu aufgedrängt. Football ist eine Religion, die „Oscar“-Nacht im TV „muss“ man mitschauen. Der Verkehr ist eine Sache für sich, entspannter als hierzulande, fast niemand hupt. Das ist etwas, was man auf diesem Kontinent wirklich genießen kann. Dafür richtet man in Ohio noch Leute hin… und über den Tellerrand in den Rest der Welt sehen die Amerikaner nicht so gerne. Und wenn, so halten sie alles, was außerhalb ihres Landes vorgeht, gerne für schlecht.
Amerikanisch als Sprache ist eine lautmalerische Verballhornung des Englischen (er nennt das amerikanische „Kauen“ der Sprache „Schnarren“), mit Begriffen (wie „values“, „freedom“, „liberal“) muss man vorsichtig sein. Die Vornamen der Schulkinder sind gewöhnungsbedürftig („Honesty“, „Echo“, „Serenity“), das in der Schule servierte Mittagessen ist Trash.
Es gibt Zeit für Ausflüge, die Amanshausers fahren überall hin, wo man als Tourist hinkommt (da kennt sich der Leser, der von Ohio nichts weiß, dann wieder aus – denn dort war er auch schon einmal). New Orleans, da brummt das Nachtleben, San Francisco ist retro und von Touristenmassen verklebt, New York ist New York, das kann man nicht kleinreden und wegdiskutieren, und alle Casinos in Las Vegas sehen gleich aus (nein, wirft der Leser ein, „Caesars Palace“ ist anders, nicht nur, weil er sich ohne Apostroph schreibt). In Palm Springs kann man einen 75jährigen Affen namens „Cheeta“ besuchen, ob er wirklich in den Tarzan-Filmen mitgespielt hat, vermag man allerdings nicht zu sagen… Und in Chicago erlebt man einen St. Patrick’s Day. Schließlich gibt es auch Stippvisiten in den Norden (Kanada) und den Süden (Mexiko), Miami und Los Angeles werden auch noch mitgenommen.
Am Ende hat Amanshauser das Trump-Amerika erlebt – und mehr Trump gesehen, als ihm lieb war („Donald Trump, Chef einer bunten Piratenbande mit wechselndem Personal“). Da gibt es noch eine Menge böser Abrechnung darüber zu lesen, wie willkürlich dieser Präsident dieses Land „regiert“.
Trotzdem will Amanshauser in seinen vier Monaten (die Rückkehr nach Wien ist ernüchternd) allerlei Gutes an den USA gefunden haben. Er hat uns manches erzählt, was man hier nicht weiß. Aber dass es ihm gelungen wäre, seine neu entdeckte Liebe zu Amerika auf den Leser zu übertragen – das kann man nicht behaupten. Dass die Leute dort netter sind als bei uns, würde man sich zu teuer erkaufen.
Renate Wagner