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MARIGONA QERKEZI: „Ich liebe es einfach zu singen“

07.11.2024 | Sänger

MARIGONA QERKEZI: „Ich liebe es einfach zu singen“

Am 8. November 2024  gibt die Sopranistin Marigona Qerkezi  ein wichtiges Hausdebüt an der Oper am Rhein in Düsseldorf. Es handelt sich bei ihr um eine wirklich wunderbare junge aufstrebende dramatische Koloratursopranistin, Verdi- und Puccinisängerin. In Düsseldorf singt sie Abigaille, sie hat aber auch Aida im Repertoire, wird bald als Manon Lescaut und Tosca debütieren. Hier ein Video ihrer Lucrezia Contarini in „I due Foscari“.

: https://youtu.be/CfIpIz4ir-s?feature=shared

Die junge Sopranistin im Gespräch über Norma, Abigaille, ihren Repertoirewechsel und anstehende Vorstellungen an der Deutschen Oper am Rhein, der Oper Frankfurt und der Oper von Lüttich.

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Marigona Qerkezi. Copyright: Mario Amaral

Wie begann Ihr Weg, Opernsängerin zu werden? Wo haben Sie studiert und was können Sie uns über die Anfänge Ihrer Karriere erzählen?

Als Tochter einer Mezzosopranistin und eines Kostümbildners, die beide in der Oper tätig waren, war ich schon immer von Musik und Kunst umgeben, insbesondere von Oper. Ich habe das Glück, dass meine Mutter, Merita Juniku, immer noch meine Gesangslehrerin ist und mit mir all meine Rollen vorbereitet. Neben meinem Gesangsstudium habe ich auch Flöte studiert, bin häufig als Solistin aufgetreten und habe einen Abschluss in Betriebswirtschaft gemacht. All diese Erfahrungen haben meine Ausbildung sehr bereichert und meinen Horizont erweitert. Mein erstes Konzert gab ich bereits im Alter von sechs Jahren als Kindersopran!

Sie haben als lyrische Koloratursopranistin angefangen, oder?

Ich begann meine Karriere als junge, dramatische Koloratursopranistin und hatte mein Operndebüt als Königin der Nacht am Royal Opera House in Muscat. Bald darauf folgten Rollen wie Contessa d’Almaviva in Le Nozze di Figaro, Lucia di Lammermoor, Rosalinde in Die Fledermaus, Donna Anna in Don Giovanni, Gilda in Rigoletto, Adina im Liebestrank oder Mathilde in Guglielmo Tell.

Wie war Ihr Werdegang von Rollen wie Königin der Nacht, Lucia und Gilda zu Abigaille und Lady Macbeth? Wie kam es zu diesem Repertoirewechsel?

Ich hatte eigentlich schon immer eine sehr flexible Stimme. Im Laufe der Jahre hat mich meine natürliche stimmliche und künstlerische Entwicklung dazu gebracht, ein breiteres Rollenspektrum zu übernehmen. Ich singe alles mit meiner wirklichen Stimme, etwa ohne die Stimme künstlich abzudunkeln und respektiere dabei immer den Stil und die Absichten des Komponisten. Wenn ich zum ersten Mal in eine neue Partitur eintauche, muss es sein, als ob eine Art Funken entfacht wird. Ich muss aufgeregt sein und mich gleichzeitig geerdet fühlen. Das signalisiert mir dann, dass dies ein Charakter ist, der weiter erforscht und ausgebaut werden muss.

Sie haben mehrere wichtige Wettbewerbe in Italien gewonnen, darunter ASLICO, den Magda Olivero-Wettbewerb, den ersten Preis beim Leyla Gencer-Wettbewerb und einen Sonderpreis der Accademia der Mailänder Scala. Welche Bedeutung hatte Italien für Ihre Karriere?

Ich liebe es einfach zu singen und nehme Herausforderungen gerne an. Diese Kombination hat mich dazu gebracht, an all diesen Wettbewerben und Vorsingen teilzunehmen, was mir wiederum viele Türen geöffnet und unzählige Möglichkeiten geschaffen hat. Es ist ein wahrer Segen für mich, dass meine Reise als Opernsängerin in Italien begann – der Heimat der Oper. Mein erster internationaler Preis beim „Aslico“-Wettbewerb war ein entscheidender Moment, dem dann weitere Wettbewerbe und Meilensteine folgten. Ich habe eine besondere Verbindung zu Italien, einem Land, das sich für mich wie eine zweite Heimat anfühlt und mir enorme Freude und Erfüllung bereitet hat und bereitet.

Demnächst werden Sie Ihr Debüt an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf als Abigaille in Nabucco geben, die Sie bereits zweimal zuvor gesungen haben: Welche Herausforderungen bringt diese Rolle mit sich, die von vielen als „Killerrolle“ angesehen wird?

Meine erste Produktion von „Nabucco“ und mein Rollendebüt als Abigaille habe ich beim Savonlinna Opera Festival gesungen. Dem folgte eine weitere Produktion am Theatro Municipal de São Paulo und nun freue ich mich wirklich sehr, meine Abigaille an der Deutschen Oper am Rhein vorstellen zu dürfen und hier in Düsseldorf mein Hausdebüt zu geben. Ich habe die Abigaille also schon mehrmals gesungen und empfinde sie keineswegs als eine „Killerrolle“. Es kommt ganz darauf an, wie man diese Partie angeht. Wenn man drückt und ungesund singt, kann sie gefährlich sein. Ich singe die Rolle wie eine dramatische Belcantopartie. Verdi hat so viele „Piani“ und „Pianissimi“ für die Abigaille geschrieben, und es handelt sich bei der Rolle um eine Partie für einen dramatischen Koloratursopran. Abigaille ist eine sehr komplexe Rolle, sowohl stimmlich als auch psychologisch. Es ist eine Mischung aus dramatischem explosivem Feuerwerk und lyrisch-emotionalen Momenten. Und auch dies macht sie zu einer der anspruchsvollsten Rollen überhaupt für Sopran.

Sie haben mehrere andere Verdi-Rollen gesungen: welche genau?

Mit der Erweiterung meines Repertoires habe ich neben der Abigaille Leonora in Il Trovatore, Violetta in La Traviata, Giovanna d’Arco, Elvira in Ernani, Lucrezia Contarini in I due Foscari, Aida und die Sopranpartie in Messa da Requiem gesungen. Als nächstes kommen Lady Macbeth und Lina in Stiffelio!

Puccini ist in Ihrem Repertoire hingegen nicht sehr präsent. Laut Ihrer Biografie haben Sie Mimì in „La Bohème“ gesungen, und Manon Lescaut wird in naher Zukunft auf Sie zukommen. War das eine bewusste Entscheidung, auf allzu viele Puccini-Rollen zu verzichten?

Meine erste Begegnung mit einer Puccini-Rolle war mein Debüt als Mimì, und jetzt bin ich absolut dazu entschlossen, diese Reise fortzusetzen! Ich werde als Manon Lescaut am Teatro Petruzzelli in Bari und als Tosca an der Königlichen Dänischen Oper in Kopenhagen debütieren, und ich könnte nicht aufgeregter darüber sein!

Auch viele Belcanto-Heroinen haben Sie bereits gesungen, Rossini, Bellini und Donizetti. Im Laufe dieser Saison werden Sie an der Oper Frankfurt in einer Partie debütieren, die oft als der „Mount Everest der Sopranrollen“ bezeichnet wird, der Norma, die Sie bereits in Palm Beach gesungen haben. Was macht diese Rolle so besonders und, wenn man so will, fast „gefürchtet“? Wie gehen Sie die Norma an?

Die Norma vereint wirklich außergewöhnliche stimmliche, emotionale und technische Anforderungen an die Sängerin dieser wunderbaren Rolle. Man muss die tiefen inneren Konflikte der Figur und ihre starke, aber gleichzeitig zerbrechliche Natur möglichst glaubhaft vermitteln. Ich bin schon dabei, die Rolle vorzubereiten und konzentriere mich hierbei ganz auf ihr Inneres, versuche, die Motivation für ihr Handeln möglichst gut zu verstehen und nachzuvollziehen, ihre Verletzlichkeit, ihren inneren Konflikt zwischen Liebe und Pflichten als Oberpriesterin. Norma ist solch eine vielschichtiger Charakter, und die Musik Bellinis ist von ätherischer Schönheit. Ich freue mich sehr, die Rolle kommendes Jahr an der Oper Frankfurt zu singen!

Zeitgenössische Musik ist unter Ihren kommenden Engagements ebenfalls zu finden. Sie werden etwa bei der Uraufführung von Andrea Battistonis „Pucciniana“ in Lüttich dabei sein.

Ich freue mich sehr, dass mir die Weltpremiere von Andrea Battistonis „Pucciniana“ an der Opéra Royal de Wallonie-Liège anvertraut wurde. Das Ganze wird am 29. November 2024 unter der musikalischen Leitung von Maestro Giampaolo Bisanti anlässlich des 100. Todestages von Giacomo Puccini stattfinden. Es handelt sich um eine Kantate, die Elemente aus Puccinis Opern wie La Bohème und Madama Butterfly verbindet, sowie aus einer unvollendeten Oper über Marie-Antoinette. Es ist also keine „zeitgenössische Musik“ im klassischen Sinne. Im zweiten Teil dieser Puccini-Gala werde ich Szenen aus Madama Butterfly und Turandot singen, und es ist mir eine große Ehre, bei dieser Hommage dabei zu sein.

Das Interview führte Isolde Cupak im November 2024

 

 

 

 

 

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