Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MANNHEIM/ Rosengarten: LA FORZA DEL DESTINO – konzertant als szenisches Arrangement . Premiere

13.03.2023 | Oper international

Besuchte Vorstellung der Premiere am 12. März 2023 im Mannheimer Rosengarten

Giuseppe Verdi: La forza del destino

mannh1
Zsuzsanna Ádám (Leonora), Irakli Kakhidze (Don Alvaro). Foto: Christian Kleiner

Musikalische Leitung: Jānis Liepiņš
Chordirektor: Dani Juris
Szenisches Arrangement: Claudia Plaßwich
Leonora: Zsuzsanna Ádám
Don Alvaro: Irakli Kakhidze
Don Carlo: Evez Abdulla
Preziosilla/Cura: Jelena Kordić
Padre Guardiano: Sung Ha
Frau Melitone: Joachim Goltz
Alkalde: Serhii Moskalchuk
Trabuco: Haesu Kim
Marchese: KS Thomas Jesatko

Verdi ohne Maestro!

Die Sanierungsarbeiten am Nationaltheater Mannheim sind eine schwere Zeit für alle Beteiligten. Ausdauer und Improvisationsgabe sind gefragt. Nicht alles lässt sich verwirklichen. So war beispielsweise die aktuelle Neuproduktion von Giuseppe Verdis „La forza del destino“ als Inszenierung in einer Ausweichstätte geplant. Diese stand nicht zur Verfügung. Somit wurde diese Produktion konzertant als szenisches Arrangement im Mannheimer Rosengarten präsentiert. Aus der Not wurde eine Tugend geboren. Die Musik stand ungehindert im Mittelpunkt. Wie schön, gerade dieses Werk einmal ohne szenischen Schwachsinn zugemutet zu bekommen, wozu die kriegerische Handlung von jeher eine Steilvorlage für „Neudeutungen“ bietet, gerade in der heutigen Zeit des Irrsinns.

Somit konnte das Mannheimer Publikum sich an der Qualität seines Ensembles erfreuen. Lediglich die Partie der Leonora wurde mit einem Gast besetzt.

Claudia Plaßwich sorgte für ein sinngebendes szenisches Arrangement, sodass das Ensemble, auswendig singend, mit unterschiedlichen Positionen und kleineren Aktionen den konzertanten Rahmen auflockerte.

Als Leonora gastierte die ungarische Sopranistin Zsuzsanna Ádám. Sie studierte u.a. bei Eva Marton und in Meisterklassen bei Mirella Freni. Zu hören war ein Lirico-Spinto Sopran, der noch mit der dramatischen Partie der Leonora sängerische Grenzen berührt. Das Potenzial für eine dramatische Stimmentwicklung ist da. Ein schönes Timbre, warme Mittellage und eine leicht ansprechende, obertonreiche Höhe gaben Zsuzsanna Ádám viel Gestaltungsfähigkeit. Sie agierte stimmlich überaus klug und forcierte zu keinem Moment. In dramatischen Passagen in den Klosterszenen wurde sie zuweilen vom Orchester überdeckt und blieb sich dennoch dabei stimmlich treu, auch wenn dabei vokale Grenzen erreicht wurden. Besonders in den hohen Lyrismen konnte sie ihre Stärken zeigen. Hoffentlich nimmt sich Ádám Zeit zur behutsamen Entwicklung ihres Repertoires. Ihre Stimme ist von besonderer Qualität, wie sie heutzutage selten anzutreffen ist!

Stimmlicher Aktivposten der Aufführung war Mannheims fabelhafter Haustenor Irakli Kakhidze als Alvaro. Mit entwaffnender Leichtigkeit feuerte er seine strahlenden Tenorsalven äußerst vital in den Saal. Phrasierung und Legato waren vorbildlich. Die technische Souveränität und Tonschönheit genügt höchsten Ansprüchen. In diesem Fach gehört der georgische Tenor zu den Besten seines Faches!

Als sein Widerpart Don Carlo hatte Bariton Evez Abdulla einen schweren Stand. Er hat viel Erfahrung mit den Partien des großen Opern-Meisters aus Bussetto. Und doch war es bedauerlich zu erleben, dass an diesem Premierenabend Abdullas Stimme reichlich eng wirkte und die Höhen nur stark forciert erreicht wurden.

Padre Guardiano war in der stimmlichen Gestalt von Sung Ha eine beeindruckende Darbietung. Sehr sonor und tonsicher im weiten Umfang seiner Partie war er die ruhende Säule in der so aufgeregten Handlung.

for2
Jelena Kordic (Preziosilla). Foto: Christian Kleiner

Mit viel Präsenz und stimmlicher Furchtlosigkeit durchmaß Jelena Kordić als kriegsgeile Preziosilla ihre Partie. Die Höhen saßen und als Bühnenfigur gab sie ihrer Rolle eine klare Charakterisierung.

Der vielseitige Joachim Goltz war ein stimmstarker Frau Melitone und Thomas Jesatko ein präsenter Marchese. Beide Herren würden noch überzeugender wirken, wenn ihre italienische Aussprache nicht derart deutsch klingen würde.

Gar nicht gut stand es hingegen um die musikalische Leitung des Abends bestellt. Kapellmeister Jānis Liepiņš wusste mit der herrlichen Partitur Verdis so gar nichts anzufangen. Behäbig und völlig leidenschaftslos lähmte sein Dirigat den musikalischen Vortrag empfindlich. Da fehlte es an rhythmischem Drive, klarer Führung und mitreißendem Temperament. Zu oft wirkte das musikalische Geschehen in Teilen unfertig einstudiert. Nur so lassen sich die doch zahlreichen Unsicherheiten erklären. Das sonst so gute Orchester des Nationaltheaters wirkte angestrengt und nicht wirklich inspiriert. Die Unisono-Stellen in den Streichern klapperten und auch die Intonation in den Bläsern war nicht immer optimal.

Selbst der sonst so souveräne Chor des Nationaltheaters in der Einstudierung von Dani Juris offenbarte ungewohnte Schwächen. Oft defensiv im Klang, irritierten manche Inhomogenitäten, wie etwa beim Auftritt der Pilger in der zweiten Szene. Hier zerbröselte der Chorklang zu deutlich in Einzelstimmen.

Auch hier wirkte Jānis Liepiņš lediglich wie ein musikalischer Organisator, der dem Werkverlauf zu offensichtlich hinterher dirigierte und eine packende Interpretation komplett schuldig geblieben ist.

Das recht häufig hustende Publikum war von der Vorstellung angetan und feierte die Beteiligten ausdauernd.

Dirk Schauß, 12. März 2023

 

Diese Seite drucken