Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MANNHEIM/ Rosengarten: KLAVIER-RECITAL GRIGORY SOKOLOV

25.03.2019 | Konzert/Liederabende

Mannheim / Rosengarten: „GRIGORY SOKOLOV“

Klavier-Recital 24.03.2019

Ohne Zweifel zählt Grigory Sokolov zu den begnadeten Vollblutmusikern seiner Generation, zur absoluten Koryphäe unserer Zeit, dessen Leidenschaft für Musik auch im 69. Lebensjahr nicht nachlässt. Nun stellte der charismatische Pianist sein Können beim Pro Arte – Konzert im Mannheimer Rosengarten erneut unter Beweis und beglückte seine Zuhörerschaft.

Der russische Ausnahme-Pianist absolviert noch immer pro Saison 70 Events, widmet sich dabei jeweils einem einzigen Programm in welchem Sokolov heute den beiden großen „B´s“ huldigte. Im ersten Teil erklangen Werke von Ludwig van Beethoven und zwar zunächst die „C-Dur Sonate Nr. 3“. Mit kräftigem Anschlag begann der Meister-Pianist mit leichten Trillern das Allegro con brio., schenkte seiner Beethoven-Deutung eine expressive Kraft, den vorwärtstreibenden Zugriff, eine schier unglaubliche Demonstration pianistischer Brillanz.

Bedeutungsvoll ganz im Kolorit des feinen Anschlags erklang das Adagio in sensibler Formation. Geprägt von kleinen Verzierungen kombiniert mit ausdrucksstarken dynamischen Tempi rauschte das Scherzo vorüber. Grandios vermittelte Sokolov in bedingungsloser Lesart beim finalen Allegro assai die Eindrücke des von Emotionen gedrängten Komponisten.

Die „Elf Bagatellen op. 119“ werden heute in der Opus-Zahl 119 gesehen, diese verschleiert natürlich gänzlich, dass die Bagatellen von Beethoven zwischen den Jahren 1820-1822 entstanden, weder als Zyklus geschrieben noch intendiert wurden. Wie auch sei Grigory Solokov servierte die älteren und neueren Kombinationen in disparater klangvoller Verbindung.

In verblüffendem Umgang mit dem Notentext agierte hier der Künstler, führte zugleich Klavierspiel der animiertesten Präzision vor. Offerierte versteckte Seitenstimmen, minutiöse dichte Akkordfolgen zwischen den hohen und tiefen Lagen mit intellektuellem Gespür der Superlative. Die einzelnen „geringfügigen“ Kleinigkeiten fügten sich im eleganten, höchst differenzierten Spiel der Anschläge wie kostbare Perlen eine nach der anderen zur einheitlichen Interpretationskette.

Brausender Applaus für diese wunderbare Darbietung.

Nach der Pause stellte der bescheidene persönlichkeitsstarke großartige Pianist „Sechs Stücke op. 118“ und dazu in einem Komplex gespielt „Vier Stücke op. 119“ von Johannes Brahms vor. Nun muss ich gestehen, für meinen Geschmack ging´s nun zur Sache (nichts gegen Beethoven!) und erwies sich zudem als triumphaler Erfolg des Pianisten.

Adäquat meisterte Grigory Sokolov die technischen Hürden mit links, als seien für ihn die Gesetze der instrumentalen Schwerkraft aufgehoben. Ob nun während der Intermezzi im glänzenden Kaleidoskop der Spiegelungen von Tönen, der Ballade voll musikalisch geprägter Ausdrucksschärfe oder der Romanze in flirrender Virtuosität. Die feinen Schattierungen, die zarten empfindsamen Übergänge des hochkultivierten Spiel gingen unter die Haut.

Berückend mit Umsicht variiert erklangen die drei Intermezzi (op. 119)  traumhaft phrasiert und dennoch voll emphatischem Schwungs. Sokolovs Spiel empfand ich als Synthese aus Klarheit, romantischem Schmelz gepaart mit Wärme und Poesie, überzeugend im Legato, zu  sparsamer Pedalerie. Im melodischen Fluss integriert, weniger zum Sentimentalen tendiert erklang  gleich einer Serenade die Rhapsodie.

Knapp zwei Stunden pianistisch-brillanter Hochgenuss wurde vom begeisterten Publikum vehement und lautstark honoriert. Fünf Zugaben gewährte der Gefeierte, ohne viel Nachdenken über Komponisten und Werke genoss ich die dynamisch, sensibel, klangfarblich expansiv vorgetragenen Preziosen.

Gerhard Hoffmann

 

 

Diese Seite drucken