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MANNHEIM/ Rosengarten: KHATIA BUNIATISHVILI – ORCH. NATIONAL DE LYON – LEONARD SLATKIN

11.11.2018 | Konzert/Liederabende

MANNHEIM / Rosengarten: „KHATIA BUNIATISHVILI – ORCH. NATIONAL DE LYON – LEONARD SLATKIN“ – 10.11. 2018

Zur Begegnung mit internationalen Solisten und Orchestern hatte wiederum Pro Arte in den Mozartsaal des Rosengarten geladen, heute gastierten das Orchestre National de Lyon mit dem Dirigenten Leonard Slatkin sowie der georgischen Pianistin Khatia Buniatishvili.

Zum Auftakt des interessanten Konzertabends erklang „Le Tombeau de Couperin“ (Maurice Ravel). Großartig verstand es der Meister des Impressionismus jener Grabmusik und Reminiszenz an den Komponisten des französischen Barocks Perle für Perle zum musikalischen Collier zu knüpfen. Leonard Slatkin animierte das südfranzösische Orchester zu Prelude, Forlane, Menuet, Rigaudon zur galanten verschleierten, konstruktiven Form, den Ornamenten, den tänzerischen Arabesken dieses Musikstils vergangener Zeiten. Farbig, nuanciert in gemäßigten Tempi musizierte der reduzierte Klangkörper diese anmutige Orchester-Suite.

Im Mittelpunkt und natürlich dem hauptsächlichen Interesse stand der Auftritt der Tasten-Diva Khatia Buniatishvili, einer charismatischen und eigenwilligen Künstlerpersönlichkeit, mit dem „Zweiten Klavierkonzert“ von Sergej Rachmaninow. Verhalten in langsamen Steigerungen artikulierte die Pianistin die ersten Takte dieses Ohrwurms, steigerte sich zu kräftigen Impulsen in die Couleurs des Moderato. Unforciert, beherzt, in großzügig federnd kontinuierlicher Manier perlten die Läufe entwickelten ein leuchtendes Aquarell der Töne zum farbsatten Ölgemälde. Traumwandlerisch, in feinsten Details umwob Buniatishvili das wundervolle Adagio sostenuto.

Rachmaninows Noblesse und dunkle Leidenschaft verliehen der rundum perfekten Darbietung die Aura des Geheimnisvollen, welche ohnedies auch die extravagante Künstlerin umflorte. Technisch ausgefeilte Tasten-Akrobatik offerierte die Pianistin zum finalen Allegro scherzando höchst spektakulär, bar dieser perfekten Instrumental-Kaskaden, der prächtig ausgeleuchteten, vollgriffig ausmusizierten dunklen Seelenbezirke des Komponisten stockte einem schier der Atem.

Ohne vordergründige Präsenz begleitete das Orchestre National de Lyon unter Leonard Slatkins sensibler Stabführung, lieferte in feingegliederten Konturen den untermalenden melodischen Sound.

Wogen der Begeisterung schlugen den Künstlern entgegen. Die Pianistin bedankte sich mit dem traumhaft elegisch musizierten „Claire de lune“ (Debussy) sowie einem Brillantfeuerwerk gleich in virtuoser Perfektion das Finale der „Ungar. Rhapsodie Nr.4“ (Liszt).

Nach der Pause illustrierte das ONL orchestral „Bilder einer Ausstellung“ (Modest Mussorgsky/Ravel). Das populäre Werk schildert die Eindrücke des Komponisten bei der Betrachtung von Illustrationen des befreundeten Malers Viktor Hartmann, welche sich musikalisch in zehn Abschnitte gliedern, jeweils durch entsprechende Interludien – sogenannte „Promenaden“, in denen sich der von Bild zu Bild wandelnde Betrachter bzw. Hörer sich seinen Gedanken über das Faktum hingibt.

Auf vorzügliche Weise verstand es Leonard Slatkin mit dem hervorragend disponierten Orchester die reizvollen Affekte dieser Partitur auszubreiten. Ich beschränke mich wenige Gemälde zu rezensieren: In keiner Weise blieben die Musiker dem Witz des Gnom, den Disharmonien der Tuilerien nichts schuldig. Süffisant verband der Dirigent die Orchestergruppen des exzellenten Klangkörpers und kostete so auch jenes köstliche Scherzo Tanz der Küken in den Eierschalen in schwebender Leichtigkeit aus. Piepsig erklang die bissig-parodistische Karikatur Samuel Goldenberg und Schmuyle. Das sonst so erbarmungslos formulierte vulgäre Geschnatter der keifenden Marktweiber vom Marktplatz von Limoges orchestrierte Slatkin zu feinsinnig-instrumentierter Delikatesse. In konstruktiver Tonsprache gewisser Tonintervalle zauberten das ONL klangvolle Resultate während der schauerlichen Akkorde zu Katakomben, dem wilden Hexenritt zu Die Hütte der Baba Yaga. In gebündelter orchestraler Homogenität und überbordender Dynamik hielt die Prozession Einzug in Das große Tor von Kiew.

Das Publikum von so viel Klangmagie überwältigt reagierte begeistert und wurde mit Entr´acte III aus „Carmen-Suite Nr. 1“ (Bizet) sowie dem spritzigen „Cancan“ (Offenbach) bedankt.

Gerhard Hoffmann

 

 

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