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MANNHEIM/ Rosengarten: „KATIA et MARIELLE LABÈQUE – DEUTSCHE RADIO PHILHARMONIE – PIETARI INKINEN“

08.02.2020 | Konzert/Liederabende

Mannheim / Rosengarten: „KATIA et MARIELLE LABÈQUE – DEUTSCHE RADIO PHILHARMONIE – PIETARI INKINEN“  –  07.02.2020

Ich habe die Konzertreihe von SWR-Classics im Mannheimer Rosengarten privat abonniert, doch sollte mich dieser Umstand keineswegs davon abhalten über interessante Events zu berichten. Heute war die Deutsche Radio Philharmonie unter der Leitung von Pietari Inkinen zu Gast am Wasserturm.

Werke zweier tschechischer Komponisten eröffneten den spektakulären Konzertabend in dessen Mittelpunkt das „Konzert für 2 Klaviere“ von Bohuslav Martinú stand. Der Komponist galt in vieler Hinsicht oft als tragischer Repräsentant einer Übergangsepoche auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Stets im Zwiespalt mit Gruppen welche radikaler als er der „Reaktionär“, teils als konservativen Revolutionären ansahen. Er war keines von beiden, sah sich lediglich als wahrer Musiker den Traditionen Smetanas oder Dvorak behaftet, der die zusammenbrechende Ära bewahren wollte. Neben Opern schrieb Martinú jede Menge sinfonischer Werke und Konzerte und so entstand im Jahre 1943 das heute aufgeführte „Konzert für zwei Klaviere“.

Katia et Marielle Labéque zwei schon fast legendäre Pianistinnen begegneten dem expressionistischen Werk gekonnt auf Augenhöhe, meisterten die technischen Hürden des knapp halbstündigen Konzerts mit den drei Sätzen Allegro non troppo-Adagio-Allegro souverän auf geradezu packende Art. Im vitalen Ausdruck blieben Martinús drei Temperamente deutlich, also vom klassischen Formenprinzip distanziert. Vorzüglich verstanden es die exzellenten Künstlerinnen ihre Solostimmen derart zu transzendieren, dass der melodische Mittelsatz in einer Kombination von naturnahem Nachtstück, tiefgründiger Meditation erklang, an französische Impressionisten erinnernd. Markant setzte der einfühlsame Dirigent Pietari Inkinen mit der präzise aufspielenden Deutschen Radio Philharmonie orchestrale Akzente höchster Aquivalenz.

Die beiden Damen agierten sehr lebendig, verliehen der Komposition ein Höchstmaß interpretatorischer Emotion, aber auch faszinierende Momente pianistischer brillanter Rigorosität.

Das Publikum feierte die Darbietung mit spontaner Herzlichkeit und wurde des hohen Anspruchs und der enormen Länge des Werkes wegen mit keiner Zugabe belohnt.

Pünktlich zur Faschingszeit wurde der Abend mit der Konzert-Ouvertüre „Karneval“ von Antonin Dvorak eröffnet. Turbulent erklang der Furiant dessen virtuos strahlender Klang das kurze Werk prägte und vom Dirigenten mit dem herrlich aufspielenden Orchester so temperamentvoll schmissig, jedoch auch mit den überreichen Zwischentönen serviert wurde.

Nach der Pause hatten die Gäste einen musikalischen Titanen die „Erste Symphonie“ von Gustav Mahler im Gepäck. Der Komponist noch während seiner offiziellen Tätigkeit als Opernkapellmeister schien noch von tausend inneren Feuern glühend, nervös-empfindsam bis zum äußersten besessen, getrieben von einer notwendig erkannten Aufgabe schuf er autosuggestiv dieser Emotionen den „Titan“. Es ist im emphatischen Sinne eine erste Symphonie deren Charakterzüge jedoch bereits alle Elemente der eigentümlichen „Welt“ des Mahlerischen Gepräges widerspiegeln.

Wunderbar erklang das langsame Erwachen der reglosen Natur im ersten Satz von Pietari Inkinen mit viel Gespür wurde der kreatürliche Charakter dieser Musik nachgezeichnet, die spezifische Polyfonie der Klangschichten auf ganz besondere Weise strukturiert. Im sonnenglänzenden Firn tönten die weichen Holzbläser dialogisch mit den silbern intonierenden Flöten in durchflutender Transparenz. Gelockert teils vergnüglich derb kam die Tanzszene mit dem Ländler im zweiten Satz daher zum romantischen Klang der Hörner, im weiteren Verlauf brachten sich die präzisen Trompeten voll jugendlicher Strahlkraft ins Spiel.

Der feierliche dritte Satz erschien als illustre Wald-Episode und erklang in leicht ironisierender lebensnaher Instrumentation des bestens disponierten Klangkörpers. Wie aus einer kindlichen Welt klang das Kontrabass-Solo herüber. Wunderbar die Artikulationen wo Oboen in Terzen mit Trompeten in Sexten wetteiferten in schlicht anmutender Volksweise. Einleitung und Hauptthemen kehrten wieder zurück und leise verhallte das Ganze.

Zum stürmisch bewegten vierten Titanen-Satz zwischen Wildheit und dreifachem Piano realisierte Inkinen mit der fabelhaft aufspielenden DRP detailliertes, herzerfrischendes, dynamisches Musizieren. Man erlag dem Zauber des Augenblicks in dessen Vielfalt Naturlaute und Wunderhorn-Töne trefflich offeriert und prächtig auf exzellente Weise dargeboten wurden.

Das Publikum war begeistert und feierte die Gäste und den sympathischen vielversprechenden Dirigenten langanhaltend.

Gerhard Hoffmann

 

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