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MANNHEIM/ Rosengarten: „FAZIL SAY – MUSIKAL. AKADEMIE DES NT ORCHESTERS – DAN ETTINGER“

06.07.2016 | Konzert/Liederabende

„FAZIL SAY – MUSIKAL. AKADEMIE  DES NT ORCHESTERS – DAN ETTINGER“

Konzert im Rosengarten 04.07.2016

Nach sieben Jahren Amtszeit verlässt nun auch GMD Dan Ettinger nach dem allgemeinen Intendanten-Wechsel und Kehraus das NT und somit auch seine Chefposition bei der Musikalischen Akademie des Nationaltheater-Orchesters MA.

Zum letzten Abo-Doppel-Konzert der Saison war der türkische Pianist und Komponist Fazil Say wiederholt Gast im Rosengarten-Mozartsaal brachte sein Werk „Water für Piano und Orchester“ zu Gehör. Die drei Sätze dieser interessanten Komposition beinhalten die Bezeichnungen Blue Water, Black Water. Green Water.

Blue Water  die unendliche Weite des Meeres charakterisierend verstärkt illusorisch-akustische Impressionen von Meereswogen, Ebbe und Flut, also musikalischen Bewegungen im piano und forte. Klangfarben dominieren in schier gläsener Transparenz erhebt Fazil Say seinen Klavierpart, erzeugt in rhythmischen Akkorden musikalische Dichte und Flexibilität gleich einem Regentropfen-Prelude. Einflüsse und Ähnlichkeiten nordamerikanischer Komponenten spiegeln sich orchestral wider,  Zimbal- und Holzschlaginstrumente erweitern atmosphärisch die orientalisch gefärbten Klangdimensionen.

Black Water bezeichnet Say den Mittelteil des Konzertstücks, ruhige nächtliche Szenen am See charakterisierend, spukhaft zum Tanz der Elfen geben bizarre Klänge von Daxophon und Waterphon zusammen mit dem Piano eine irreale Szenerie. Klangliche Raffinesse, nonchalantes Farbenspiel zeichnen die Interpretation Fazil Says aus, einem höchst eigenwilligen Pianisten charismatischer Emanation. In schillernden Instrumental-Couleurs begleitet das prächtig aufspielende Orchester unter Dan Ettinger.

Dem unendlichen Strömen eines Flusses in Green Water widmet der Komponist und Solist den Finalsatz seiner Wassermusik. Schwingende Töne vibrierender Instrumente suggerieren das unendliche Fließen des Stroms, orchestral vortrefflich illustriert u.a. Geräusche wie im Tropenwald.

In lautstarker Begeisterung honorierte das Publikum die exzellente Interpretation und wurde mit einem hinreißend elegisch musizierten Satz aus der „Sonate KV 333“ (Mozart) bedankt. Die Bravos wollten kein Ende nehmen und Fazil Say beschenkte die jubelnden Zuhörer  mit der brillant gespielten Variation „Summertime“ (Say/Gershwin).

Nach der Pause verabschiedete sich Dan Ettinger von seiner Konzert-Fan-Gemeinde mit der Tondichtung „Also sprach Zarathustra“ (Richard Strauss). Gewaltig mit Orgelklang eröffnet die Introduktion mit der Trompetenfanfare die Ansprache an die aufgehende Sonne zu Nietzsches esoterischem Epos. Raunend formieren sich die tiefen Celli und Instrumente zum Motiv Von den Hinterweltlern, welche hinter dem Diesseits ein besseres Jenseits suchen.

Prächtig steigert Ettinger die orchestrale Mollsphäre der gezupften Streicherbässe zum emporstrebenden Thema der Sehnsucht, führt die Hörner mit der Orgel zum Credo des sich steigernden Glaubensgesangs. In Ettingers altbekannter Detail-Verliebheit zu Laut- und Leisekonstellationen klang die Partitur zuweilen auch merkwürdig seziert – sorry ich kenne es anders.

Von der großen Sehnsucht konfrontiert, dem Natur-Signal in einer sich heftigen Steigerung der Bässe leiten schließlich in sehr ausdrucksvollem Gesang die Oboen und Violinen zum Gesang von den Freuden und Leidenschaften. In gedämpfter Atmosphäre erhebt sich das Grablied, an Liszts-Faust-Thema erinnernd, ausufernd in blühender Violinenseligkeit erklingen die Themen Von der Wissenschaft. Das reine C-Dur-Motiv bietet in Der Genesende der Natur Einhalt. Samtig rund strömt der Sound aus dem NT Orchester, Ettinger mischt die vielfältigen Klangfarben umsichtig, leise sehr leise Kontraste irritieren doch dann lässt es der scheidende GMD  zuweilen gehörig krachen. Herrlich korrespondieren  die Streichbässe mit den Posaunenakkorden zur tonalen schwerelosen Ebene im Tanzlied, zur ätherischen Höhe im Nachtwandlerlied und schließlich dem langsamen ambivalenten Ausklang in symbolischer Synthese.

Jubel erlebte man vor der Pause, jetzt klang der Applaus mehr oder weniger nach resignierender Abschiedsdemo.

Gerhard Hoffmann

 

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