Mannheim /Rosengarten: „8. AKADEMIE-KONZERT“ – 13.06.2022 „Auferstehungs-Symphonie“ von Gustav Mahler
Zum Saison-Abschluss bot die Musikalische Akademie des Nationaltheater Orchesters
ein wahres Schmankerl nämlich die „Auferstehungs-Symphonie“ von Gustav Mahler. Nun gewiss dieses Werk ist salopp formuliert ein Schmankerl für die Ohren, zählt diese Symphonie zu meinen absoluten Favoriten und zudem zu den genialsten Schöpfungen aus der Feder des großartigen Komponisten. Von Euphorie beflügelt setzte ich also hohe Erwartungen in das zuvor live dutzendfach erlebte Werk, erhielt meine Vorfreude bereits während des einleitenden Allegro Maestoso einen kräftigen Dämpfer. Gewiss GMD Alexander Soddy hatte „sein“ Orchester fest im Griff, doch schien mir, wurde Maestro zum Opfer der Tücke des Objekts, denn man erlebte wie öfters zuvor, eine Orgie der Fortissimo-Eruptionen. Zwar beinhaltet jener erste Satz eine musikalisch-architektonische Kraft welche ohne Übermaße nicht auskommt, einer Art Kampf mit dem Schicksal und sollte nicht mit Lautstärke missverstanden werden. Im Beginn erlebten wir mit dem prächtig aufspielenden Nationaltheater Orchester und typisch für Mahler kennzeichnend das wilde Abheben und wieder Nachlassen der Elemente, die neuen Anläufe, das Verharren auf sinkenden Quart-Schritten, bohrende Triolen und immer wieder das Festhaken an Kurzmotiven. Ein ewiges Hin und Her der Verzweiflung, Jedem anschwellenden Aufwärts (Holzbläseranstieg) folgte unerbittlich ein Abwärts im herrlichen Gesang der hellen Streicher. Ständig rollten die Triolen übermächtig in schier unübersichtlichem Waben und heillosem Durcheinander, so nahm es lediglich mein Ohr wahr und mir kam der Gedanke zu wenig geprobt? Mahler nannte diesen düsteren, tragischen, äußerst dramatischen Satz „Trauerfeier“, doch fehlten mir im Überschwang des Forte das deklarierte Feine.
Wunderbar hingegen erklangen die leisen Stimmungen des Andante Comodo in traumhaft intonierten Streicherklängen sowie das ausgleichende Ländler-Idyll, als Grundlage für ein fugiertes Thema erhob sich das Trio der Sechzehntel-Triolen in variiertem Spiel.
In bissiger Ironie folgte sodann ein Scherzo voller Phantastik mit den parodierten Fischpredigt des Antonius-Anklängen. Fein abgestimmt ertönten die „Hölzer“ zur dominant vordergründigen Effekthascherei der (nicht immer akkuraten) Blechfraktionen verpufften so die Finessen der Partitur in dröhnendem Pathos.
Vorzüglich im lyrischen, transparent-instrumentalem Fluss leitete Soddy das Urlicht ein und begleitete traumhaft intonierend die schwebende Samtstimme von Anna Lapkovskaja mit ihrem subtil vollmundigen Mezzosopran. Wie ein tröstender Schein fiel der herrlich differenzierte Gesang unterbrochen von einem Trompetenchor, in das wirre Dunkel des Finales.
Einem Lichtstrahl der Verheißung gleich erhob sich die herrlich timbrierte, höhensichere Sopranstimme von Anne Schwanewilms im gewaltigen Choral der bestens formierten NTM-Chor-Extrachor (Dani Juris) zusätzlich von Mitgliedern div. Mannheimer Chöre assistiert. In wunderbarem Einklang verschmolzen die beiden schönen Stimmen im Scherzo. Machtvoll formierte sich der Glaubensmarsch, endlich von pianissimo geblasenen Trompeten des Fernorchesters eingeleitet, erfolgte die ungeheure Progression in anwachsend-schmetternder Klangstärke. Dann langsam misterioso ertönte der Chor mit der Klopstock-Ode „Auferstehn, ja auferstehn wirst du, mein Staub, nach kurzer Ruh“. Gewaltig in Choralversen, Intermezzi, Wechselgesängen von Mezzo und Sopran wurde alle Klangmittel übermächtig mobilisiert zum mächtigen Erlösungsmotiv des finalen Ausklangs.
Das Publikum war begeistert, feierte alle Mitwirkenden mit lautstarken Bravos und zehn Minuten prasselndem Applaus.
GMD Alexander Soddy verlässt das NTM nach Fallen des Vorhangs zur „Götterdämmerung“ am 30. Juli, zieht von dannen in Richtung Wien, wir wünschen dem sympathischen Dirigenten auf seinem ferneren Lebensweg alles erdenklich Gute. Dennoch bleibt Soddy während der nächsten Konzertsaison der Musikalischen Akademie an vier Abenden weiterhin verbunden.
Gerhard Hoffmann