Mannheim / Rosengarten: „ALICE SARA OTT – KÖNIGLICHE PHILHARMONIE VON FLANDERN- EDO DE WAART“ am 16.5.2018
Zum Pro Arte-Konzert war die pianistische Newcomerin Alice Sara Ott in Begleitung der Königlichen Philharmonie Flandern unter der Leitung des holländischen Dirigenten Edo de Waart eingeladen. Statt dem ursprünglich geplanten Klavierkonzert Nr. 21 entschloss man sich für das „Klavierkonzert Nr. 13 KV 415“ (W.A. Mozart).
Dieses Werk gehört dem Typus der weniger populären Konzerte des vielseitigen Salzburger Meisters an und kann durchaus bedingt durch seine weniger gehaltvolle Struktur, optimal mit kleiner Instrumentalbesetzung aufgeführt werden. Barfüßig in duftiger Spitze flatterte Alice Sara Ott apart einem Schmetterling gleich zum Flügel und interpretierte in gestalterischer Feinarbeit vital dennoch weich und dezent die Dialoge. Harmonisch ausbalanciert zum seidigen Streicherklang der Königlichen Philharmonie von Flandern glänzte die junge Solistin mit einer Virtuosität, die selbst während der presto Tempi nie an Deutlichkeit und Artikulation vermissen ließ. In noblem vollem Ton mit sehr schönem Legato versah Ott ihr klares transparentes Spiel voll stimmiger Spontanität. Das Instrument schien förmlich zu singen im zarten Flügelklang beim Ausformen der kantablen Themen. Edo de Waart steuerte die gestalterische orchestrale Übereineinkunft bei, jedoch wären Akzelerationen dem Vortrag durchaus positiv bekommen.
Der herzliche Beifall wurde von der charmanten Pianistin mit „Für Elise“ (Beethoven) quittiert.
Nach der Pause folgte konträr ein musikalischer Gigant die „Fünfte Symphonie“ von Gustav Mahler. Nun darf ich mich glücklich schätzen dieses Werk mit Orchestern der Weltelite erlebt zu haben und wurde mit der heute gehörten Interpretation keineswegs glücklich.
Gewiss schenkte Edo de Waart seiner Version eine gewisse Spontanität welcher der Partitur eine fließende natürliche Dynamik verlieh, jedoch blieb der Altmeister der Stabführung zur ungewöhnlichen Performance einiges schuldig.
Verheißungsvoll eröffnete die Trompetenfanfare der dimensionalen Blechfraktionen den Trauermarsch und ließen die Komplexität des flandrischen Klangkörpers erahnen. Virtuos leiteten die dunklen Celli und weichen Violinen die Marschrhythmen ein, zu den weichen Empfindungen der Holzbläser hellte sich die düstere Stimmung zunehmend auf. Gestikulierend erhob sich das erste Trio mit grellen Trompetenmotiven zu schwirrenden Geigen, leitete in den schwermütigen Marsch über, fand sodann seinen disharmonisch-grotesken Höhepunkt im Folgetrio um sodann in wehmütiger Resignation zu verlöschen.
Im stürmisch bewegten zweiten Satz schien sich ein Mensch in hemmungsloser Klage gegen sein unbarmherziges Schicksal aufzubäumen. Ein weitgesponnenes zerklüftetes Motiv geisterte beängstigend durch die beiden Themen. Sehr schroff und kantig formulierte de Waart die Einleitung, ließ in emotionaler Intensität den herrlichen Streicherklang aufleuchten und schenkte den ausdrucksstarken Frequenzen die ruhige Motivation, jedoch entluden sich die jähen Ausbrüche in diffuser Akustik.
Der ambivalente zwischen forciertem Elan und gebrochener Reminiszenz (Ländler, Walzer, Horn-Episode) changierende dritte Satz beherbergt das dimensionierte Scherzo mit seinen beiden Trios sowie der angedeuteten Burleske. Das instrumentale Miteinander klang in meinen Wahrnehmungen weniger schmeichelhaft, ließ mich als ratlosen Zuhörer verzagt zurück.
Doch welche orchestrale Wandlung vernahm mein Ohr während des Adagietto sowie dem Finalsatz welcher sich pausenlos anschloss. Eine spürbare Flexibilität wurde beim Klangkörper sowie der Stabführung offenbar und entlud sich in erkennbarem Höchstmaß an Vertrautheit mit der Partitur (und vermutlich mehr Proben?). Ohne Larmoyanz pendelte sich die KPF unter Edo de Waarts umsichtiger Leitung zum schwelgerischen Aufblühen der vorzüglichen Streicher ein, wie es schien sah es der Dirigent wie der Komponist, das herrliche Musizieren als innige existentielle Liebesbeziehung zu seiner Frau Alma in traumhaft zelebrierten melodischen Weisen.
Keck trugen die Hörner die Einleitung des finalen Rondo vor, zur Celli-Verstärkung vereinten sich die energischen Themen der animierten Orchestergruppierungen, gleich einer befreienden Überwindung von Trauer und Resignation. Kraftvoll in erfrischend klar fugierender Entwicklung führte der Dirigent das in allen Gruppierungen exakt aufspielende Instrumentarium mit Elan in die gipfelnden Final-Steigerungen dieser grandiosen Symphonie. Wunder gibt es immer wieder!
Freundliche Zustimmung des Publikums.
Gerhard Hoffmann