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MANNHEIM/ Nationaltheater: WERTHER

24.09.2018 | Oper


Irakli Kakhidze (Werther), Jelena Kordic (Charlotte. Copyright: Hans-Jörg Michel

Mannheim: „WERTHER“ Wiederaufnahme – 23.09.2018

Zur Wiederaufnahme – was sage ich frisch wie eh und je, mit minimalen jedoch sehr vorteilhaften Änderungen präsentierte das Nationaltheater „Werther“ (Jules Massenet) mit einem jungen Sänger-Quartett unter 40 welches in vorzüglichem Qualitäts-Level so manche FOA-Besetzung in den Schatten drängte. Inmitten der schwarz-weiß Atmosphäre der Bühnenkonstruktionen (Heinz Hauser), den ebenso düsteren einfachen Kostümen (Urte Eicker) gelang es David Mouchtar-Samorai seine Protagonisten in ausdrucksstarker dezenter Personenführung unter Berücksichtigung der Werkstreue auf exemplarische Weise die Gefühlswelten dieser unglücklichen Menage-á-trois nach außen zu kehren.

Alle Sänger (bis auf Kordic) gaben heute Abend ihr Rollendebüt. Irakli Kakhidze, der junge georgische Tenor brillierte am Hause bereits als gefeierter Spinto-Tenor im italienischen Fach, setzte nun seinem bisherigen französischen Repertoire nach Nadir und José einen weiteren Glanzpunkt hinzu. Seine wunderbar timbrierte Stimme schwang sich lyrisch, weich, schmelzreich in strahlende Höhen voll Schönheit und Wohlklang. Gesangstechnische Prävalenz verband Kakhidze auf wunderbare Weise legatissimo mit Piano-Kultur und exzellenter musikalischer Phrasierung. Zu dezenter Darstellung offenbarte der famose Sänger sensibel die Facetten der verletzten Seele zwischen Melancholie und Resignation gipfelnd in der berührenden Sterbeszene.

Ihm zur Seite ein neues Ensemble-Mitglied als Charlotte. Jelena Kordic Schülerin u.a. von Deborah Polaski, die junge Mezzosopranistin aus Kroatien feierte mit großem Erfolg ihren Einstand am NTM. Ihr warmer, glutvoll leuchtender, dunkelgetönter Mezzosopran schien für Charlottes subtiles Portrait einer liebenden Frau im Widerstreit ihrer Gefühle vokal geradezu perfektioniert. Jelena Kordic fand stets dank ihres ansprechenden Timbres, gleichwohl die richtigen Töne während der zart verhaltenen Momente, sowie der expressiv-dramatischen Ausbrüche der Briefszene und dem Bekenntnis-Duett. Vortrefflich verlieh die Sängerin der Gefühlsscala der inneren Zerrissenheit der Figur immens glaubwürdige Darstellung.


Nikola Diskic (Albert), Irakli Kakhidze (Werter). Copyright: Hans-Jörg Michel)

 

Zu eleganter Noblesse, verletzt unversöhnlich, sodann resignierend portraitierte Nikola Diskic den Albert. In vokal facettenreicher Charakteristik verströmte der Bariton in betörendem Belkanto sein herrliches markantes Material in bester Klangbalance.

Gleich einem Sonnenstrahl erwärmte Amelia Scicolone mit reizendem Wesen und wunderbar leicht höhensicher flutendem Sopran als quirlige Sophie die tragisch düstere Szenerie.

Überzeugend besetzt ebenso die kleineren Partien: Rainer Zaun (Le Bailli), Thomas Berau (Johann), Raphael Wittmer (Schmidt) sowie der Kinderchor des NTM (Anke-Christine Kober). Die Schar der Statisten sowie die neckisch durch die Szene geisternde verstorbene Mutter (Barbara Troeger) trugen zum besten Gelingen bei.

Am Pult des NTM-Orchesters waltete Wolfgang Wengenroth, modellierte die Massenet-Partitur mit eleganten Pinselstrichen, ließ in melancholischem Unterton musizieren, animierte das prächtig-präzise aufspielende Orchester zu innerer Spannkraft und bedächtigen Tempi. Eine derart transparent-inspirierte vortreffliche Gesamtinstrumentation erlebte man hier am Hause selten.

Mit lautstarken Huldigungen feierte ein leider nicht vollzähliges Publikum (das Marketing-Management befindet sich wohl noch in der Sommerpause?) die großartigen Solisten und Beteiligten dieser denkwürdigen Aufführung.

Ich persönlich werde mit Sicherheit die wenigen Folge-Vorstellungen am 29.09./13.+21.10./04.+22.11. sowie 08.12.2018 besuchen.

Gerhard Hoffmann

 

 

 

 

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