Mannheim: Ombra e Luce/Gesänge von Liebe und Finsternis von Claudio Monteverdi 2.10.21/Premiere
Foto: Amelia Scicolone, Chor und Statisterie, (c) Jörg Michel
Dieser Abend, die 1.Saisonpremiere am Nationaltheater/Opernhaus reiht unter dem Motto ‚Ombra e Luce‘ Gesänge aus den 8 Madrigalbüchern (1590- 1638) und den ‚Scherzi musicali‘ von 1632 von C.Monteverdi auf Texte von Gian Battista Guarini, Torquato Tasso, Ottavio Rinuccini und anderen in einer szenischen Aufbereitung aneinander. Es ist nach den Opern ‚Die Heimkehr des Odysseus‘, ‚Die Krönung der Poppea‘ und der ebenfalls szenischen ‚Marienvesper‘ der 4.Teil des Monteverdi-Zyklus am Nationaltheater. Ursprünglich sollte an seiner Stelle ‚L’Orfeo‘ kommen, wurde aber auf später wegen Corona verschoben.
Folgende Madrigali und Scherzi wurden ausgewählt:
1) Sinfonia und „Soll ein anderer von Amor singen“ aus dem 8. Madrigalbuch(MB): Madrigale von Krieg und Liebe, volles Ensemble mit Chor
2) „Ach, wie ein einziges, zaubermächtiges Kreisen“ 5.MB (1605), Ensemble
3) „Noch hat sich die neue Morgenröte nicht gezeigt“ 2.MB (1590), Chor
4) „Zefyr kehrt zurück“ aus den ‚Scherzi musicali‘ Tenor-Duett
5) Lamento d’Arianna, 6.MB 5-stimmige Fassung (1614) verschränkt mit solistischer Fassung (1623), ursprünglich Teil der Oper L’Arianna‘ (1608, verschollen) volles Ensemble
6) „Da murmeln schon die Wellen“ 2.MB, Chor
7) „Zerschlagene Hoffnungen“ 7.MB ‚Concerto‘ 1619, Mezzosopran und Altus
8) „Ein einziger Blick der schönen Augen“ 4. MB 1603, Ensemble
9) Combattimento di Tancredi e Clorinda 8.MB Text: T.Tasso: Gerusalemme liberata, Canto XII, Tancredi, Arianna, Testo (Zeuge)
10) „Ah, schmerzvoller Abschied!“ 4.MB 1603 Chor
11) „Goldene Locken“ 7.MB 1619 2 Soprane
12) „Ich liebe dich, mein Leben“ 5.MB 1605 volles Ensemble
13) Lamento della Ninfa 8.MB Ensemble
14) „Andere mögen von Mars singen“ 8.MB volles Ensemble, Chor
Auf der Bühne gibt es zu diesen Stücken ein Bühnenbild (Robert Schweer), aber keinen durchgehenden inszenierten Plot, sondern jeweilige Tableaus in der Regie von Markus Bothe. Die Bühne hat einen ovalen Horizont, auf der Spielfläche sind Tische und Podeste, auch ein Bett, im Kreis aneinander gereiht, die sich häufig drehen/Drehbühne, und von den SängerInnen bespielt werden. Hinten auch mit bunten Glühbirnen versehene Umkleidekabinen für die Damen, wo sie Barockroben, Blumenkleider etc. wechseln. Die Männer treten dagegen eher auch in heutiger bunter Mode auf (Kost.: Justina Klimczyk). Die ovale Hinterwand soll etwa eine große damalige Uhr mit schwarzen und gelben Streifen als ihre Stunden symbolisieren, die das Vergehen der Zeit im Barock anzeigt, während sich die Drehbühne wie der Lauf der Welt im Kreis dreht. Von Statisten werden schwarze Pestärzte mit Schnabelmasken gespielt, angeführt von einem schwarzen Todesengel mit Riesenflügeln. Sehr eindrücklich erscheint die Szene des langen Zweikampfes Clorinda- Tancredi, die sich auf langer Holzbahn in voller Rüstung gegenüber stehen aber nicht kämpfen, sondern sich nur immer näher kommen. Ihre Holz-‚Kampf‘-Bahn wird von Statisten gedreht, während der Testo singend auch weiß, was in ihnen vorgeht.
Aus dem Graben leitet Jörg Halubek sein Orchester Il Gusto barocco, das mit Zink, Blockflöte, Laute, Viole da Gamba, Lirone, Cembalo und Orgel sehr original besetzt ist und einen tollen spannenden Monteverdi- Sound creiert. Der Chor tritt auch kostümiert auf der Bühne und auf den vorderen Seitenbalkonen auf und ist, auch gesanglich, bestens ins Geschehen integriert.
Sopran1 und Ninfa/Nymphe ist Amelia Scicolone, neu im Ensemble, mit schöner zarter Stimme sehr für die Madrigale prädestiniert. Als Nymphe liegt sie wie schaumgeboren auch in einer Badewanne mit Füßchen, oder in einem Blüten-Traum-kleid. Sopran 2 und Clorinda gibt Seunghee Kho mit apartem Kontrast Sopran. Den Mezzosopran stellt Marie-Belle Sandis und gibt auch eine furiose Arianna, die an der Rampe ihr Hochzeitskleid immer wieder aufbügelt, weil Teseo sie verlassen hat, aber vergeblich. Sie muß noch bis zur Erlösung durch Halbgott Bacchus und damit auf Strauss/Hofmannsthal warten.
Den Altus singt Matthias Lucht mit angenehm timbriertem Counter. Tenor 1 und Tancredi ist der zuverlässige Raphael Wittmer, Tenor 2 Thomas Volle, z.T. in lustiger Verkleidung/Bademantel und mit Kühlschrank. Bariton und Testo wird gewohnt sonor und mit fülliger Stimme von Thomas Berau gestaltet. Den Baß steuert, zwar als Einzelner, aber umso mehr festes Fundament gebend, Andrei Nicoara bei.
Friedeon Rosén