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MANNHEIM/ Nationaltheater: MEINE GENIALE FREUNDIN von Karin Krieger nach Elena Ferrante 

09.01.2022 | Theater

Nationaltheater Mannheim: „Meine Geniale Freundin“ von Karin Krieger nach Elena Ferrante   9.1.2022

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Paula Hans und Maria Munkert,  (c) Maximilian Borchardt

Am Nationaltheater fand jetzt als deutsche Erstaufführung  von Elena Ferrantes Roman-Tetralogie L’amica Geniale/Meine geniale Freundin in der Schauspielfassung von Karin Krieger statt. E.Ferrante hat mit ihrem neapolitanischen Epos, vier Romanen, die 2011 bis 2014 erschienen, einen Welterfolg erlangt. Es ist die Geschichte zweier Freundinnen über 60 Jahre hinweg erzählt, die als Kinder in einem heruntergekommenen Stadtteil Neapels aufwachsen, aber  unterschiedliche Richtungen in Ausbildung und sozialem Aufstieg nehmen, Ehen durchleben und und beruflich sehr unterschiedliche Wege gehen. Elena wird anerkannte Schriftstellerin, und Lila, die geniale Freundin, verbleibt lebenslang an ihrem Heimatort. Da setzt der 2.Teil der Theaterfassung ein, die erfolgreiche Elena ist jetzt in eine Ehe mit Kindern involviert, die ihre geistigen Kräfte abzustumpfen droht. Die Familie wird von ehemaligen Freunden, Linkskommunisten, in Florenz besucht, wobei sich ein ein Konflikt mit dem Ehemann, Professor Airota, zuspitzt. Lila ist in einem Vorort Neapels Arbeiterin in einer Wurstfabrik, was bei grauenhaften Arbeitsbedingungen fast ihre Gesundheit ruiniert, und sie läßt sich mit  linken Revolutionären ein, kann sich aber letztendlich selbst aus der dieser unmenschlichen Lage herausarbeiten, indem sie mit ihrem Mann in den 90er Jahren eine kleine aufstrebende IT-Firma gründet.  Damit begibt sie sich aber in die finanzielle Abhängigkeit der mafiösen Brüder Solara, die den Rione/Stadtteil beherrschen und ihre geistigen Fähigkeiten ausbeuten und sie auch sexuell gefügig machen wollen. Ein jeweiliger Jugendfreund Nino von Lila und Elena, der inzwischen Karriere gemacht hat, tritt wieder in ihr Leben und überredet Elena, mit ihm gemeinsam eine Wohnung in Neapel zu beziehen. Doch auch diese Amour fou scheitert.

Das wird in der Regie Felicitas Bruckers alles sehr locker, dabei konzis geschildert, und die beiden Protagonistinnen können dabei prima in Szene  gesetzt werden. Eine ganz aus schwarzen Quadern gestaltete Bühne, die nach hinten spitz zuläuft, ergibt wechselnde Auftrittsmöglichkeiten aus den Seitenschrägen  (Bb.: Viva Schudt). Diese sind auch mit weißer Kreide ganz zugemalt, und manchmal erscheinen darauf Fotografien von neapolitanischen Stadtlandschaften, die aber im ungenauen verbleiben. Die Bedrohung durch die mafiösen Strukturen spitzen sich immer weiter zu. Das Kind von Lila verschwindet spurlos, Mutmaßungen gehen dahin, daß es selbst oder seine Organe verkauft wurden. Zum Schluß löscht sich die „geniale Freundin“ selber aus, sie ist für Elena nicht mehr ‚greifbar‘, da diese ihr Gebot übertreten hat, nicht über sie persönlich zu schreiben. Am Ende lamentiert das die inzwischen 60jährige. 

Die interessant mit elektronischen Elementen und auch bekannten Rock- und Pop Hits arrangierte Musik stammt von Mark Badur. Die Kostüme, Lila in orangem Hosenanzug, Elena wechselt als Ehefrau von einem blauen Pendant in einen gelben Midi-Faltenrock, stammen von Katrin Wolfermann.

Marcello Solara ist der ‚gewichtige‘ Matthias Breitenbach, der sich und seine Macht preist, mit der er alle im Stadtteil  von sich abhängig macht, sein Bruder Michele ist in Gestalt von Arash Nayebbandi nur die vielleicht etwas liebenswürdigere Ausführung. Den Enzo, eigentlich ungeliebter Zweit-Ehemann von Lila, spielt sehr distinguiert Laszlo Branko Breiding. Sophie Arbeiter gibt leicht aufreizend die Nadia, die als Professorentochter in die linkskommunistische Szene abdriftet, sowie Mariarosa, die Schwester von Pietro, Elenas Ehemann. Dieser wird von Christoph Bornmüller sehr cholerisch und in einem schwarzgelben quasi Harlekinsanzug gespielt. Nino Sarratore, sehr groß und etwas bräsig mit Pferdeschwanz, wird von Eddie Irle als Mann gestaltet, auf den die Frauen fliegen sollen. Die „capostirpe“ (Stammmutter) Solara, Manuela, und die Alte Elena spielt Ragna Pitoll. Sie hat auch einen grotesken Auftritt als sterbende Mutter Elenas sowie als Mutter Adele Airota. 

Elena ist Maria Munkert und hat eigentlich alle Fäden in der Hand. Sie beherrscht leichtsprachig einen voluminösen Textapparat und wirkt schon intellektueller als Lila, Paula Hans, die dafür frischer und inspirierter  herüberkommt.          

Friedeon Rosén

 

Foto: v. li. Paula Hans und Maria Munkert,  (c) Maximilian Borchardt

 

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