Mannheim / Nationaltheater im OPAL: „PARSIFAL“
Foto: Christian Kleiner
Karfreitags-Auff. am 18.04.2025
Nach drei Jahren Abstinenz am Nationaltheater erlebte nun das Bühnenweih-Festspiel „Parsifal“ von Richard Wagner seine glanzvolle WA. Die zeitlose, im Stile Neu-Bayreuth angesiedelte Produktion von Hans Schüler mit den inzwischen digitalisierten Bühnenbildern (Paul Walter) feierte ihren 68. Geburtstag und gilt als weltweit älteste noch gespielte Wagner-Inszenierung und erfreut nach wie vor die Besucher aus Europa, Asien und Amerika. Die Kostüme von Gerda Schulte wurden inzwischen mehrmals erneuert, ebenso der Bühnenhügel, für die rechte individuelle Beleuchtung war heute Alfred Pape zuständig.
Wie auch ich betagter (Oster)Hase fanden sich Wagnerianer der ersten Stunde ein und genossen diese wahrhaftig zeitlose und authentische Inszenierung mit allen Sinnen.
Als junger Spund besuchte ich das NTM erstmals anno 1956 und alle GMDs während dieser Jahrzehnte nahmen sich der Wagner-Dirigate an, nur gegenwärtig nicht denn der amtierende GMD hat´s nicht drauf? Positiv gesehen war das gut so, denn heute waltete ein hervorragender Gastdirigent am Pult des Nationaltheater Orchesters und zwar der renommierte und international gefeierte Alexander Joel. Mir war dieser großartige Musiker seit Jahren aus Strasbourg sowie vom Ring-Dirigat in Wiesbaden noch in allerbester Erinnerung. Poetisch formuliert war es regelrecht beglückend, auch dank der guten Akustik des Ausweichquartiers OPAL, den dynamischen Abstufungen der Partitur zu lauschen. Wagner-Wonnen pur verhieß die lebendige Interpretation des erfahrenen und sensiblen Dirigenten, seine präzisen Fingerzeige der linken Hand zu beobachten, die Gestaltung der tragenden Bögen des Klanggewölbes optisch wie akustisch mitzuerleben war Genuss. Joel wählte straffe Tempi mit Esprit erfüllt von innerer Spannung, rhythmisch prägnanten Effekten. Der bestens in allen Orchestergruppen disponierte Klangkörper schien auf jedes Zeichen des Maestro zu achten, schenkte somit im hochkonzentrierten Musizieren der Komposition eine gravitätische Ruhe und würdevolle Aura.
Foto: Christian Kleiner
Umhüllt von soviel transparenter Bordüre fühlten sich Sängerinnen und Sänger zu vokalen Höchstleistungen animiert. Zum Slogan Ladies first, sei Kundry genannt. In dunkle Mezzo-Couleurs hüllte Julia Faylenbogen ihre darstellerisch erotisch-expansive Höllenrose, verstand es klug dank ihrer ausgezeichneten Stimmtechnik die extremen Spitzentöne vorzüglich zu umschiffen, gestaltete den Herzeleide-Monolog bewegend, bestens differenziert im Schönklang des gesunden Vokal-Materials.
In der Riege der durchweg erstklassigen Herrenbesetzungen übernahm Jonathan Stoughton unangefochten die Führung. Sein inzwischen gestählter Siegfried-Tenor gewann an Volumen, intensiver Strahlkraft ohne jedoch das jugendliche zuweilen lyrische Timbre einzubüßen. Sein bruchlos und sicher geführter Heldentenor mit dem herrlichen Legato schien sich in der Partie sehr wohl zu fühlen, In frischen Farben, betörend weichen Kantilenen ind kraftvollen Höhen prägte Stoughton seinen exquisiten Vortrag. Sein Parsifal war kein tumber Tor sondern ein unbefangener junger Mann, bei dem Verständnis und Barmherzigkeit aus der momentanen Situation und Lebenserfahrung erwuchs. Diese Vorzüge darstellerisch wie musikalisch so glaubwürdig und expansiv zu formen gelangen dem britischen Sänger wunderbar komplex, erfüllt von starker Menschlichkeit.
Sehr konzentriert, klangschön und kultiviert gestaltete Nikola Diskic die Leiden des Amfortas. In bester Artikulation verstand es der Bariton sein prächtiges Material wohltönend und mühelos einzusetzen, gekrönt von den schmerzvollen Erbarmen-Rufen.
Eindrucksvoll mit kräftigem Bariton-Schönklang charakterisierte Thomas Berau erstmals den diabolischen Klingsor. Schier jugendlich frisch und vital sang aus dem Off mit virilem Bass Patrick Zielke den Gralskönig Titurel. Vorzüglich profilierte sich in strömendem Erzählton und ansprechendem Basstimbre Sung Ha als würdevoller Gurnemanz.
Leise vernahm man die Stimme aus der Höhe von Slavica Bozic welche auch bei den Blumenmädchen Neza Vasle, Yaara Attias, Shachar Lavi, Seunghee Kho, Ruth Häde mitwirkte. Die Gralsritter Rafael Helbig-Kostka, Jordan Harding sowie die Knappen Neza Vasle, Ruth Häde, Raphael Wittmer, Benedikt Nawrath ergänzten das vortreffliche Ensemble.
Zehn Minuten prasselnder Applaus und lautstarke Bravos vom begeisterten Publikum.
Nächste Aufführungen am Ostermontag sowie als konzertantes Gastspiel im Forum Ludwigsburg am 27.04.2025
Gerhard Hoffmann