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MANNHEIM/ Nationaltheater im OPAL: „CRÈATIONs“

13.10.2024 | Oper international

Mannheim / Nationaltheater im OPAL: „CRÈATIONs“ – 12.10.2024

opal
Das Ensemble. Foto: Christian Kleiner

Es ist vollbracht…

…lautet der Titel einer „Kantate“ von J.S. Bach und somit konnte die Oper am Luisenpark (OPAL) des in der Sanierung befindlichen Nationaltheaters heute eröffnet werden. Kurz zur  Vita der Bauphase: Im Jahre 2019 erhielt eine Vilshofener Fa. den Zuschlag zur Erstellung der Ersatzspielstätte – begann damit (incl. fehlerhafter Bauweise) meldete 2022 Insolvenz an – in Eigenregie nach mehrmonatiger Pause und Finanzspritze der Stadt Mannheim stemmte  das NTM die Fertigstellung in Eigenregie (insges. 23,7 Mio. €) mit einem vortrefflichen Ergebnis welches Land auf, Land ab beispiellos (im Vergleich mit anderen Städten) erscheinen dürfte. Chapeau ! Fazit: Ein aufsteigender Besucherraum mit 760 relativ bequemen Polstersesseln, einer guten Akustik, dazu ein großzügiges Foyer mit kleiner Gastronomie, genügend Platz für Kammerkonzerte, Liederabende etc. Nach Sanierung und Umzug ins Haus am Goetheplatz im Jahre 2029 (???) kann dieses Provisorium abgebaut und evtl. sofern sich Interessenten finden weiter verkauft werden, schaun wir mal… ob ich alter Hase dies noch erleben darf?

Nun erwarteten Mannheim Opernfreunde zur Eröffnung des Hauses eine ansprechende festliche Gala bzw. eine glanzvolle Premiere, doch weit gefehlt, die Intendanz erdachte sich für diesen Anlass etwas ganz „Besonderes“! Man verpflichtete den Regisseur der vielgeschmähten Boris Godunow-Produktion der letzten Saison Lorenzo Fioroni welcher mit seiner Crew ein skurriles Schöpfungs-Theater kreierte, umfassend die Anfänge der Oper bis zur Gegenwart, mit dem Ergebnis einer abstrusen Show fast aller technischen, optischen Möglichkeiten was die Oper auch hinter der Bühne zu leisten vermag. Bewundernswert die Leistungen der Bereiche Bühne (Paul Zoller), Kostüme (Sabine Blinkenstorfer), insbesondere allen Mitarbeiter:innen der Werkstätten etc. Doch wie meinte dereinst unser Altkanzler Helmut Kohl: Wichtig ist, was hinten raus kommt! Ja und nun bei diesem unpassenden Spektakel, eher als Faschingsschwank akzeptabel, schien es eindeutig! In Pausengesprächen sowie während der Premierenfeier fand sich kein einziges positives Echo zur Sache, doch waren zum Bau alle Besucher des Lobes voll und begeistert. Somit erwähne ich lediglich eine Abhandlung im zweiten Teil des dreistündigen viel zu langen Desasters: Zur Finalszene aus „Carmen“ (Bizet) mühte sich Don José im Kostüm der Madama Butterfly mit drei Opernfiguren und zwar Otello, Don Carlo und letztlich Carmen ab, der Wagner-Recke (1,95m Augenhöhe) Jonathan Stoughton gab ihm mit tenoral-dramatischem Aplomb vokale Intensität. Ebenso zuvor erklang wunderschön schmelzreich die erste Strophe von Glück was mir verblieb aus „Die tote Stadt“ (Korngold). Weitere Szenen zu beschreiben verkneife ich mir, wäre schade ums Papier. Als weiterer solistischer Lichtblick sang Patrick Zielke sich selbst am Klavier begleitend den Doppelgänger aus „Die Winterreise“ (Schubert). Pardon meine Damen und Herren die restlichen Ensemble-Mitglieder wirkten vokal matt und weit unter dem sonstigen vortrefflichen Niveau des Hauses. Prächtig, agil, bestens bei Stimme sowie unglaublich spielfreudig präsentierten sich der Chor und Extra-Chor des NTM (Alistair Lilley).

Nach 23-minütigem Aufmarsch geschmackloser Absurditäten durfte sich endlich das NTM-Orchester einstimmen, musizierte wunderbar unter Leitung von Clemens Heil ein vortreffliches Medley quer durch die Opernliteratur von Händel bis Strauss, ein Labsal für die Ohren, die musikalische Wonne pur, glänzte noch zudem herrlich rhythmisch während einer Sullivan-Operetten-Szene , der mitreißenden Rumba und letztlich beim grandiosen „Guglielmo Tell“ Finale. Ansonsten durften die Instrumentalisten Däumchen drehen, denn weitere Arien wurden von der Orgel begleitet. Ich weiß nicht, was soll dies bedeuten?

Zu spritzigen orchestralen Offenbach-Klängen bedankte sich das Publikum rhythmisch klatschend, Euphorie kam keine auf, wofür auch? Betretene, unzufriedene Mienen dankten es Ihnen, schlag nach bei Shakespeare: Viel Lärm um nichts!

Mit einem Plädoyer des Dankes unter ehrfurchtsvoller Würdigung aller NTM-Mitarbeiter beschloss der OB der Stadt Christian Specht den Abend und warb unmissverständlich für das Haus, Intendant Albrecht Puhlmann schloss sich dem an und entließ das strapazierte Auditorium endlich zur Premierenfeier.

Gerhard Hoffmann 

 

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